Neues Leben
aus der Zerstörung
von Stefan
Deiters
astronews.com
10. September 2004
Die
gewaltige Kollision zweier Galaxien muss nicht unbedingt nur Vernichtung
bedeuten: Eine Aufnahme des NASA-Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer zeigte
jetzt, dass gerade dort, wo die beiden Galaxien zusammenstoßen eine neue
Generation von Sternen entsteht. Spitzer hatte die berühmten Antennen-Galaxien
in 68 Millionen Lichtjahren Entfernung unter die Lupe genommen.
Kombinierte optische/Infrarot-Aufnahme der Antennen-Galaxien. Foto:
NASA / JPL-Caltech / Z. Wang (Harvard-Smithsonian CfA) [Großansicht] |
Die beiden Spiralgalaxien, die unter dem Namen Antennen-Galaxien bekannt
sind, verschmelzen gerade miteinander und schleudern dabei dunkle Wolken
aus Staub und ganze Sterne in weiten Schwaden ins All. Spitzers
Infrarotaugen konnten nun aber durch diese Schwaden hindurchsehen und entdeckten
so eine verborgene Generation neuer Sterne - gerade dort, wo die beiden Galaxien
zusammenstoßen.
"Wir haben schon immer vermutet, dass dort Sterne entstehen
müssen, aber waren uns nie sicher, in welchem Ausmaß", erläutert Dr. Zhong Wang
vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, der die Beobachtungen
leitete. "Nun sehen wir, dass die hauptsächliche Sternentstehungsaktivität in
beiden Galaxien dort stattfindet, wo sich beide überlappen."
Die Antennen-Galaxien sind ein klassisches Beispiel für die Verschmelzung von
zwei Galaxien. Die Kollision der beiden rund 68 Millionen Lichtjahre von der
Erde entfernten Galaxien dürfte vor rund 800 Millionen Jahren begonnen haben.
Bei diesen Vorgängen werden Gaswolken komprimiert, wodurch die Entstehung neuer
Sterne angeregt wird.
Astronomen vermuten, dass die beiden Antennen-Galaxien am
Ende zu einer elliptischen Galaxien verschmelzen werden, so dass kaum noch etwas
an die Vergangenheit der beiden Spiralgalaxien erinnert. Kollisionen und
Verschmelzungen von Galaxien sind nichts Ungewöhnliches im Weltall und ein
fester Bestandteil der Entwicklungsgeschichte von Galaxien. Auch unsere
Milchstraße wird in einigen Milliarden Jahren vermutlich mit der
Andromeda-Galaxie verschmelzen.
Frühere Aufnahmen der Antennen-Galaxien im sichtbaren Bereich des Lichtes
hatten zahlreiche Regionen gezeigt, in denen neue Sterne entstehen, im Zentrum
jedoch, dort wo sich die beiden Galaxien überlappen, war der Blick durch eine dunkle
Wolke aus Staub verborgen. Auf dem jetzt veröffentlichten Bild, das eine
Kombination aus einer Aufnahme im sichtbaren Bereich und einer
Falschfarben-Infrarot-Aufnahme ist, sind die neu entdeckten Sterne deutlich an
ihrer roten Farbe zu erkennen.
Die älteren Sterne auf der optischen Aufnahme
erscheinen bläulich. Die beiden Zentren der Galaxien sind weiß. "Dieses
vollständigere Bild der Sternentstehung in den Antennen-Galaxien wird uns
helfen, die Entwicklung in kollidierenden Galaxien besser zu verstehen und damit
vermutlich auch das Schicksal unserer eigenen", so Dr. Giovanni Fazio vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.
Die neuen Beobachtungen der Antennen-Galaxien werden in einem von 86 Artikeln
beschrieben, die alle in einer Spitzer-Sonderausgabe des Fachjournals The
Astrophysical Journal Supplement erschienen sind. Damit, so die Astronomen,
würde eindrucksvoll deutlich, welche Bedeutung das Infrarotteleskop bereits ein Jahr nach seinem Start für die Wissenschaft gewonnen hat.
Das Spitzer-Weltraumteleskop wurde am 25. August 2003 gestartet und
gehört neben dem Hubble-Weltraumteleskop, dem Röntgenteleskop Chandra und
dem Compton-Gammastrahlenobservatorium zu den vier "Great
Observatories" der NASA. Es war, bevor es den Namen Spitzer erhielt,
unter der Bezeichnung Space Infrared Telescope Facility (SIRTF) bekannt.
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