First Light mit beiden Augen
Redaktion /
Pressemitteilung des MPIA astronews.com
10. März 2008
Nach mehr als zehnjähriger Bauzeit hat das leistungsstärkste
Einzelteleskop der Welt, das Large Binocular Telescope (LBT), erstmals
mit seinen beiden riesigen "Augen" den Himmel beobachtet. Dieses "First Light"
im sogenannten binokularen Modus stellt ein weiteren Meilenstein für das Projekt
dar, an dem Astronomen aus den USA, aus Italien und aus Deutschland beteiligt
sind. Und schon die ersten Bilder überzeugten.

Die Galaxie NGC 2770 in drei verschiedenen
LBT-Aufnahmen. Bild:
LBT / Max-Planck-Institut für Astronomie
[Großansicht] |
Das auf dem Mount Graham im Südosten von Arizona erbaute LBT kostet 120
Millionen Dollar und ist das Erste einer neuen Generation von außergewöhnlich
großen optischen Teleskopen. Es überschreitet bisherige Grenzen in der
Astronomie wie auch in der Technologie, denn es verwendet zwei massive
Einzelspiegel mit jeweils 8,4 Metern Durchmesser, die nebeneinander auf einer
gemeinsamen Montierung installiert sind. Damit erreicht das LBT das
Lichtsammlungsvermögen eines Teleskops mit einem 11,8 Meter-Spiegel.
Die beiden Spiegel sind Dank ihrer Honigwabenstruktur viel leichter als
konventionelle Reflektoren und arbeiten nun parallel wie ein klassisches
Teleskop mit einem einzigen großen Spiegel. In der letzten Ausbaustufe wird das
LBT durch die interferometrische Überlagerung der Strahlengänge der beiden
Einzelspiegel die Auflösung eines 22,8-Meter-Teleskops erreichen. Damit ist das
LBT nun das größte Einzelteleskop der Welt.
"Dass wir nach den vielen Jahren des Baus nun ein voll funktionsfähiges
binokulares Teleskop zur Verfügung haben ist ein Grund zum Feiern nicht nur hier
am LBT sondern auch für die gesamte astronomische Gemeinschaft. Das Teleskop
wird Bilder liefern, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat. Die
Leistungsfähigkeit des Teleskops ist eine Klasse für sich. Wir haben nun die
Möglichkeit in die Geschichte des Universums zu schauen und den ersten Sternen
und Galaxien bei ihrer Geburt zuzusehen", sagt Peter A. Strittmatter, Präsident
der LBT Corporation.
Allein das einzigartige Gebäude für das 600 Tonnen schwere LBT ist bereits
ein architektonisches und technologisches Wunder. Sein Bau begann 1996. Die
Teleskopstruktur wurde in Italien gebaut, während bei der Universität von
Arizona die beiden Hauptspiegel gegossen und poliert wurden. Das Teleskop wurde
2002 zum Mount Graham transportiert, der erste Spiegel erreichte den Berg im
Jahr 2003 und wurde im Laufe des Jahres 2004 montiert und justiert, 2005 folgte
dann der zweite Spiegel.
Erstes Licht mit dem ersten der beiden Hauptspiegel erfolgte im Oktober 2005.
Dabei wurde die aus 36 Megapixeln bestehende Panorama-CCD-Kamera eingesetzt, die
von einem Team unter der Leitung des Observatoriums Rom gebaut worden war. Die
Lieferung der zweiten Panorama-CCD-Kamera im November 2007 erlaubte erstmals den
Einsatz des zweiten Hauptspiegels und den Abschluss der technischen Arbeiten für
das "First Light" im binokularen Betrieb.
"Bemerkenswert ist der Umfang der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene.
Am Anfang war das LBT nur eine Idee. Nun ist es, dank der internationalen
Kooperation von mehr als 15 Institutionen, das fortschrittlichste Teleskop der
Welt. Die Fertigstellung dieses einzigartigen Instruments zeigt, was möglich
ist, wenn Menschen zusammenkommen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten«,
sagt John P. Schaefer, Vorsitzender des Direktorengremiums der LBT
Corporation und Mitglied des Direktorengremiums der Research
Corporation. Und Hans-Walter Rix, Direktor am Max-Planck-Institut für
Astronomie, Heidelberg, und Mitglied des LBT-Boards ergänzt: "Nach dieser großen
Anstrengung durch alle beteiligten Partner bedeutet das 'Erste Binokulare Licht'
die eigentliche Geburt des LBT. Es ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur
vollen Leistungsfähigkeit des Teleskops, weil alle momentan im Bau oder in der
Testphase befindlichen Instrumente ihre herausragende Leistungsfähigkeit im
binokularen Betrieb zeigen werden."
Die "First-Light"-Bilder im binokularen Betrieb liefern einen ersten kleinen
Eindruck vom großen Leistungspotenzial des LBT. Sie zeigen drei
Falschfarbenaufnahmen der Spiralgalaxie NGC 2770 in 102 Millionen Lichtjahren
Entfernung von unserem eigenen Milchstraßensystem. Das ferne Sternsystem besteht
aus einer flachen Scheibe aus Sternen und leuchtendem Gas, die leicht zu unserer
Sichtlinie geneigt ist.
Im ersten Bild sind ultraviolettes und grünes Licht kombiniert. Dies betont
die mehr klumpigen Regionen von neu entstandenen heißen Sternen in den
Spiralarmen. Im zweiten Bild sind zwei tiefe Aufnahmen im roten Spektralbereich
kombiniert, welche die eher gleichmäßige Verteilung der älteren und kühleren
Sterne zeigt. Im dritten Bild sind schließlich alle Einzelaufnahmen
zusammengefasst, um alle Strukturen der Galaxie zu zeigen. Sowohl die Kameras
als auch die damit gewonnenen Aufnahmen entstanden unter der Verantwortung von
Emanuele Giallongo und seinem Team der Large Binocular Camera am
Astrophysikalischen Observatorium Rom.
Das LBT ist ein Gemeinschaftsprojekt vieler verschiedener wissenschaftlicher
und astronomischer Institutionen in den USA, Italien, und der Bundesrepublik
Deutschland.
|