Know-how aus Potsdam für Riesenfernglas
Redaktion /
Pressemitteilung des AIP astronews.com
22. November 2007
Damit die Spiegel des Large Binocular Telescope
(LBT), dem derzeit größten Einzelteleskop der Welt, der Bewegung der Sterne
immer exakt nachgeführt werden können, hat das Astrophysikalische Institut
Potsdam (AIP) ein wichtiges Element zur Teleskopsteuerung entwickelt. Dieses
wurde nun am Teleskop auf dem 3.190 Meter hohen Mount Graham in Arizona, USA,
installiert. Ein weiteres Instrument aus Brandenburg für das LBT ist derzeit
noch im Bau.
Das Large Binocular Telescope.
Foto: LBT Corporation |
Das Besondere am LBT (Large Binocular Telescope) sind seine zwei
riesigen Spiegel mit je 8,4 Metern Durchmesser. Auf einer gemeinsamen Montierung
angebracht machen sie das Teleskop zu einem gigantischen Fernglas. Durch die
Kombination der Strahlengänge beider Einzelspiegel wird das LBT in seiner
endgültigen Konfiguration so viel Licht sammeln, wie ein Teleskop mit einem
einzigen Hauptspiegel von 11,8 Metern Durchmesser. Damit wird sogar die
Lichtsammelleistung des 2,4 Meter-Spiegels des Hubble-Weltraumteleskops
um einen Faktor von 24 übertroffen.
Die Größe und die technischen Anforderungen des Teleskops stellen hohe
Ansprüche an seine Steuerung und Nachführung während der Beobachtungen. Dafür
hat das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) nun eine grundlegende
Komponente, die erste sogenannte AGW-Einheit, ans LBT geliefert und am Teleskop
eingebaut. AGW steht für "Acquisition Guiding and Wavefront sensing".
Die AGW-Einheiten, am Ende werden es vier sein, werden dafür sorgen, dass das
Teleskop der Bewegung der Sterne am Himmel genau nachgeführt werden kann. Wenn
die 16 Tonnen schweren Spiegel gekippt werden, stellen die sogenannten
"Wellenfront Sensoren" darüber hinaus sicher, dass die Spiegel nicht nur optimal
ausgerichtet sind, sondern auch die richtige Form behalten.
Bisher konnten die AGW-Einheiten nur im Labor getestet werden, nun werden sie
erstmals am Teleskop erprobt. Die AGW-Einheit wird nicht das einzige Stück
Potsdamer Wissenschaft und Technik am LBT bleiben. Am AIP wird außerdem der
sogenannte PEPSI-Spektrograph ("Potsdam Echelle Polarimetric & Spectroscopic
Instrument") entwickelt. PEPSI soll in Zukunft mit unerreichter Auflösung
eine genaue Spektralanalyse der beobachteten Objekte ermöglichen. Dafür wird das
einfallende Licht in seine Anteile verschiedener Wellenlängen zerlegt.
PEPSI wird der einzige Spektrograph an einem Großteleskop sein, der sogar
polarisiertes Licht untersuchen kann. Anschaulich unterscheidet sich
polarisiertes Licht von "normalem" Licht dadurch, dass die Lichtstrahlen oder
-wellen ausschließlich in einer Ebene schwingen. Die Polarisation von Licht kann
zum Nachweis kosmischer Magnetfelder benutzt werden, denen PEPSI ab 2009 am LBT
nachspüren soll. Durch das Studium von Magnetfeldern anderer Sternen erhoffen
sich die Wissenschaftler auch weitere Erkenntnisse über unsere eigene Sonne, wie
sie entstanden ist, wie sie sterben wird und welche Rolle dabei unser
Planetensystem spielte und noch spielen wird.
Das LBT, über das astronews.com wiederholt berichtet hat, ist ein
internationales Großprojekt. Die Partner in der LBT Corporation (LBTC)
sind die University of Arizona in den USA, das Istituto
Nazionale di Astrofisica, Italien, die LBT Beteiligungsgesellschaft (LBTB),
Deutschland (Max Planck Gesellschaft, Astrophysikalisches Institut Potsdam,
Universität Heidelberg), die Ohio State University, USA, The
Research Corporation, USA (University of Notre Dame,
University of Minnesota und University of Virginia).
Ab Februar 2008 kann das LBT bereits zu 50 Prozent der Zeit für
wissenschaftliche Beobachtungen genutzt werden, während die restliche Zeit für
die weitere Installation und Erprobung von wissenschaftlichen Instrumenten
verwendet wird. Die deutschen Partner unter der Koordination des
Max-Planck-Instituts für Astronomie, Heidelberg, sind mit 25 Prozent
Beobachtungszeit am LBT-Projekt beteiligt. Das Astrophysikalische Institut
Potsdam (AIP) wird gut 3 Prozent der Beobachtungszeit am Teleskop nutzen können.
Dies entspricht voraussichtlich 10 Beobachtungsnächten pro Jahr.
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