Das unsichtbare Netz des Universums
von Stefan Deiters astronews.com
7. Dezember 2007
Ein beträchtlicher Anteil des Gases im Universum befindet
sich in Filamenten, die das Weltall netzartig durchziehen und die großen
Galaxienhaufen miteinander verbinden. Zu diesem Schluss kommt nun ein Team
amerikanischer Astronomen, das in einem aufwendigen Computermodell einen Teil
des Universums simuliert hat. Künftige Teleskope könnten diese Gasfilamente
entdecken.

Ausschnitt aus der neuen Computersimulation: Bei
dem hellen Punkt im Zentrum handelt es sich um
einen gewaltigen Galaxienhaufen.
Bild: University of Colorado at Boulder |
Ein Forscherteam um Professor Jack Burns von der University of Colorado
in Boulder hat mit Hilfe einer aufwendigen Computersimulation einen Teil des
sichtbaren Universums modelliert, um so mehr über die Entwicklung seiner
Bestandteile zu erfahren. Das zu Grunde liegende Programm wurde nach Angaben des
Wissenschaftlers fast ein Jahrzehnt lang entwickelt und umfasst alle
wesentlichen physikalischen Zustände des Universums bis kurz vor dem Urknall.
Mit Hilfe des Computercodes konnten die Forscher verfolgen, wie Materie durch
Gravitation immer dichter wird und sich schließlich Filamente und galaktische
Strukturen bilden. Das Team betrachtete in der Simulation nur einen Bruchteil des sichtbaren Universums,
aber immerhin eine Region mit einem
Durchmesser von mehr als 1,5 Milliarden Lichtjahren. Die Forscher
veröffentlichen ihre Ergebnisse in der kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal.
"Wir glauben, dass das ein wirklicher technologischer und wissenschaftlicher
Durchbruch ist", zeigt sich Burns überzeugt. "Unsere Arbeit bringt uns der
Entschlüsselung der fundamentalen Bestandteile des Universums ein wichtigen
Schritt näher." Nach dem Standardmodell der Kosmologen besteht das Universum
zu etwa 25 Prozent aus Dunkler Materie, zu 70 Prozent aus Dunkler Energie und
nur zu wenigen Prozent aus normaler Materie.
Unter normaler Materie verstehen Astronomen Stoffe wie Wasserstoff, Helium und
schwerere Elemente. Sie fassen dies mit dem Begriff baryonische Materie
zusammen. Allerdings, so erläutert Burns, würde man derzeit nur etwa 60
Prozent der baryonischen Materie kennen. Um was es sich bei dem Rest handelt,
ist unklar. Viele Astronomen glauben, dass der Rest im intergalaktischen Medium
zu finden ist, genauer im sogenannten Warm-hot Intergalactic Medium,
abgekürzt WHIM.
Die neuen Simulationen von Burns und seinem Team bestätigen diesen Verdacht. Ein
großer Teil des Gases im Universum befindet sich danach im WHIM, ist bislang
aber nicht beobachtbar. Das dürfte sich allerdings ändern: "In den kommenden
Jahren könnten diese Filamente im interstellaren Medium von neuen Teleskopen
entdeckt werden", so Burns. "Wenn wir diese Filamente beobachten und studieren
können, werden wir auch mehr über die fehlende baryonische Materie im Universum
lernen."
Der Computercode der Forscher lief in zwei Höchstleistungsrechenzentren in den
USA insgesamt 500.000 Prozessorstunden lang. Insgesamt wurden während der
Simulation rund 60 Terabyte an Daten produziert.
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