Galaxie aus
Dunkelmaterie im Virgo-Haufen
von
Rainer Kayser
22. Juni 2007
Vor zwei Jahren entdeckten Astronomen im Virgo-Galaxienhaufen
eine große Gaswolke, die schon damals als bester Kandidat für eine
Dunkelmaterie-Galaxie gehandelt wurde, also für eine Galaxie ohne Sterne, die
überwiegend aus Dunkler Materie besteht. Jetzt haben Forscher die mysteriöse
Gaswolke erneut untersucht und auch ihre Masse bestimmt. Der Anfangsverdacht hat sich
dabei bestätigt.
Himmelsbereich, in dem die
Dunkelmaterie-Galaxie VIRGOHI 21 liegt: Die
Konturen der im Radiobereich beobachteten
Wasserstoff-Wolke sind eingezeichnet. Foto:
Arecibo Observatory / Robert Minchin
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Gibt es dunkle Galaxien, in denen keine Sterne entstanden sind? Vor zwei Jahren stießen Astronomen im Virgo-Galaxienhaufen auf eine große Gaswolke, bei der es sich um eine solche sternenlose Massenballung handeln könnte
(astronews.com berichtete). Beobachtungen eines internationalen Forscherteams im Radiobereich und mit dem Weltraumteleskop
Hubble bestätigen jetzt, dass die Wolke praktisch keine Sterne enthält -und
dass sie zehnmal mehr Dunkle Materie besitzt als normale Galaxien. Die
Wissenschaftler berichten demnächst im Fachblatt Astrophysical Journal über ihre Beobachtungen.
"Viele Beobachtungen zeigen, dass Dunkle Materie das extragalaktische Universum dominiert", schreiben die Astronomen um Robert Michin vom
Arecibo Observatory in Puerto Rico. So müssen Galaxien etwa zehnmal mehr Dunkle Materie als gewöhnliche Materie enthalten, sonst würden sie durch ihre Rotation auseinanderfliegen.
"Bislang aber konnte noch keine vollständig dunkle Struktur überzeugend identifiziert werden."
Theoretische Untersuchungen sagen jedoch die Existenz solcher dunkler Galaxien voraus - Massenansammlungen, in denen es aus unbekannten Gründen nicht zur Entstehung von Sternen gekommen ist.
Der bislang beste Kandidat für eine dunkle Galaxie ist VIRGOHI 21, eine gigantische Gaswolke im Galaxienhaufen Virgo. Denkbar wäre jedoch auch, dass es sich bei dem Objekt um Materie handelt, die aus der nahe gelegenen Galaxie NGC 4254 bei einer Begegnung mit einer weiteren Galaxie herausgerissen wurde.
"Dann jedoch hätten auch Sterne mit aus der Galaxie herausgerissen werden müssen", so Michin. Die Beobachtungen von Michin und seinen Kollegen zeigen zwar 281 Sterne im Bereich der Wolke, doch dies deckt sich mit der zu erwartenden Anzahl der Sterne im intergalaktischen Raum des Virgo-Haufens.
"Es spricht also alles dagegen, dass unsere Entdeckungen irgendetwas mit VIRGOHI 21 zu tun haben", so die Forscher. Die Wolke scheint also tatsächlich keine eigenen Sterne zu enthalten.
Radiobeobachtungen zeigen zudem, dass es sich bei VIRGOHI 21 tatsächlich um eine einzige Gaswolke handelt und nicht um zwei Wolken, die zufällig aneinander vorbeifliegen. Aus der Rotation der Wolke konnten die Astronomen deshalb ihre Gesamtmasse abschätzen. Der überraschende
Befund: Sie enthält nicht, wie für Galaxien üblich, zehnmal mehr Dunkle als normale Materie, sondert das Hundertfache. Die Forscher sehen in dem Mangel an gewöhnlicher Materie denn auch den Grund dafür, dass in VIRGOHI 21 keine Sterne entstanden sind.
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VIRGOHI 21,
Seite von Robert Minchin über VIRGOHI 21 |
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