Kohlenstoff im Überfluss
von Rainer Kayser
8. Juni 2006
Dass der junge Stern Beta Pictoris von einer Staubscheibe
umgeben ist, wissen Astronomen schon länger. Und auch Hinweise auf Planeten
um die 60 Lichtjahre entfernte Sonne wurden schon entdeckt. Doch nun stießen
Forscher auf eine Merkwürdigkeit: Die Staubscheibe enthält doppelt so viel
Kohlenstoff wie vermutet. Ist das Beta Pictoris-System damit eine Ausnahme oder
durchlief auch unser Sonnensystem eine kohlenstoffreiche Periode?
So stellt sich eine Künstlerin das Beta
Pictoris-System vor. Bild: NASA / FUSE /
Lynette Cook
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Beta Pictoris ist ein junger Stern, der von einer Scheibe aus Gas und Staub
umgeben ist. Vermutlich sind dort bereits große Planeten entstanden - und
kleinere, erdähnliche Planeten könnten sich gerade bilden. Nun sind
amerikanische Astronomen bei ihren Beobachtungen auf etwas Seltsames gestoßen:
Die Scheibe enthält doppelt so viel Kohlenstoff wie erwartet.
Kohlenstoff ist
der wichtigste Grundbaustein des Lebens. Nun rätseln die Forscher, ob die
Scheibe um Beta Pictoris eine Ausnahmeerscheinung ist - oder ob alle jungen
Planetensysteme durch eine kohlenstoffreiche Phase laufen.Die Wissenschaftler
berichten in der aktuellen Ausgabe von Nature über ihre Entdeckung.
"Könnte es sein, dass unser Sonnensystem auch einmal so aussah, als es jung war?
Oder entstehen in der Scheibe von Beta Pictoris andere, exotische Planeten?",
fragt Aki Roberge vom Goddard Space Flight Center der NASA, eine der an
den Beobachtungen beteiligten Astronomen, "beide Möglichkeiten sind
faszinierend." Beta Pictoris ist 60 Lichtjahre von uns entfernt und besitzt die
1,8-fache Masse der Sonne. Der Stern ist mit 20 Millionen Jahren extrem jung -
unsere Sonne ist bereits 4,5 Milliarden Jahre alt. Roberge und ihr Team haben
die Staubscheibe mit den UV-Teleskopen des NASA-Satelliten FUSE beobachtet.
Eine mögliche Erklärung für die Beobachtungen wären Asteroiden und Kometen
mit einem hohen Anteil an kohlenstoffhaltigen Substanzen wie Graphit und Methan.
Planeten, die in einer solchen Umgebung entstünden, würden sich stark von den
terrestrischen Planeten in unserem Sonnensystem unterscheiden. Unter einer
dichten Methanatmosphäre könnten sie Meere aus zähflüssigem Teer und Berge aus
Diamant beherbergen.
Eine alternative Erklärung wäre, dass es sich lediglich um ein
vorübergehendes Phänomen in der Frühzeit eines jeden Planetensystems handelt. So
gibt es Anzeichen dafür, dass eine bestimmte Klasse von Meteoriten im
Sonnensystem in einer kohlenstoffreichen Umgebung entstanden ist. Der Zerfall
von radioaktiven Elementen in Asteroiden und Kometen könnte zu einer Verdampfung
des Kohlenstoffs führen, wenn eine bestimmte Grenztemperatur überschritten wird,
und so eine kurzzeitige Erhöhung des Kohlenstoff-Anteils in der Scheibe
auslösen.
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