Woraus unser Sonnensystem entstand
Redaktion / idw / MPI für Chemie
astronews.com
9. Mai 2006
Meteoriten haben sich ein weiteres Mal als ein wissenschaftliches
Schatzkästchen entpuppt. Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam konnte jetzt nachweisen, dass primitive Meteoriten auch Spuren ursprünglicher oder
nur wenig veränderter organischer Substanzen enthalten, die
sich vermutlich in der interstellaren Gas- und
Staubwolke bildeten, aus der unser Sonnensystem entstanden
ist.
Lokale Anreicherungen (gelb) des Isotops
Stickstoff-15 in unlöslichem organischen Material aus dem EET
92042-Meteoriten. Diese "Hotspots" zeugen von chemischen
Prozessen in der interstellaren Wolke, aus der unser
Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren entstanden ist. Bild: Max-Planck-Institut für Chemie |
Als unser Sonnensystem vor ca. 4,6 Milliarden Jahren aus dem Kollaps einer
interstellaren Gas- und Staubwolke entstand, wurde ein großer Teil der
ursprünglich vorhandenen präsolaren Materie - also Sternenstaub und
interstellarer organischer Staub - durch die dabei freigesetzte Wärme zerstört
oder verändert. Relikte dieser präsolaren Materie finden sich heute nur noch in
kleinen, thermisch wenig veränderten planetaren Körpern, wie Kometen und
Asteroiden. Über Meteoriten und interplanetare Staubteilchen gelangt dieses
Material auch zu uns auf die Erde, wobei man annimmt, dass Kometen das
ursprünglichste Material in unserem Sonnensystem darstellen.
Ein Teil der interplanetaren Staubteilchen stammt vermutlich aus Kometen, findet
man in diesen doch vergleichsweise große Mengen an Sternenstaub und organischer
Materie interstellaren Ursprungs. Letztere könnte eine wichtige Quelle von
präbiotischen Molekülen, den Bausteinen für die Entstehung von Leben auf der
Erde, gewesen sein. Präsolare Materie findet man auch in primitiven Meteoriten,
deren Herkunft im Asteroidengürtel liegt. Anders als bei den interplanetaren
Staubteilchen ist man bisher aber bei den Meteoriten davon ausgegangen, dass
interstellares organisches Material infolge thermischer Prozesse im Mutterkörper
oder im solaren Nebel stark verändert wurde und dass damit wichtige
Informationen über die ursprünglichen Trägerphasen verloren gegangen sind.
Dem internationalen Forscherteam vom Carnegie-Institut in Washington, der
Harvard-Universität und vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie ist es nun
erstmals gelungen, organische Materie, die vermutlich interstellaren Ursprungs
ist und weitestgehend unverändert geblieben ist, auch in Meteoriten
nachzuweisen. Die Identifizierung erfolgte anhand spezifischer Wasserstoff- und
Stickstoff-Isotopensignaturen in kohligen Chondriten, einer Gruppe der
primitiven Meteoriten.
Wie das Wissenschaftsmagazin Science in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, fanden die Forscher in den
Proben unlöslicher organischer Materie aus kohligen Chondriten lokal starke
Anreicherungen der seltenen Isotope Deuterium sowie Stickstoff-15, wie man sie
in dieser Größenordnung bisher nur in interplanetaren Staubteilchen gefunden
hat. "Diese Signaturen können durch Ionen-Molekül-Reaktionen bei tiefen
Temperaturen in interstellaren Wolken erklärt werden", erläutert Peter Hoppe vom
Max-Planck-Institut für Chemie.
Für ihre Untersuchungen standen den Forschern
zwei besondere Ionenmikrosonden in Washington und Mainz zur Verfügung. Die
Mainzer NanoSIMS-Ionenmikrosonde, ein so genanntes
Sekundärionen-Massenspektrometer, ermöglicht Isotopenuntersuchungen mit einer
räumlichen Auflösung von weniger als 100 Millionstel Millimeter, wie
beispielsweise in der Abbildung zu sehen. Wie
die Messungen ergaben, sind die Anreicherungen von Deuterium und Stickstoff-15
räumlich nicht korreliert, was auf unterschiedliche Entstehungsprozesse und
unterschiedliche organische Trägerphasen hindeutet.
Die Beobachtungen des amerikanisch-deutschen Forscherteams lassen vermuten, dass
die interstellare organische Materie zu einem Zeitpunkt in den Asteroidengürtel
gelangt ist, als die Temperatur dort bereits hinreichend niedrig war. Da
unverändertes interstellares organisches Material nicht nur in interplanetaren
Staubteilchen sondern auch in Meteoriten zu finden ist, stehen nun wesentlich
größere Mengen dieser wertvollen kosmischen Materie für detaillierte
Laboruntersuchungen zur Verfügung. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, die
Bildung organischer Substanzen und andere chemische Prozesse im interstellaren
Medium zu erforschen.
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