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METEORITEN
Herkunft der Chondrulen geklärt?
von Hans Zekl
für astronews.com
10. März 2005

Die Herkunft von sogenannten Chondrulen, kleinen glasartiger Kugeln in Meteoriten, gab den Astronomen viele Jahrzehnte Rätsel auf. Neue Simulationen über die Entstehung des Sonnensystems liefern nun eine Lösung des Problems: Die Chondrulen könnten ein Nebenprodukt bei der Entstehung des Gasriesen Jupiter gewesen und durch gewaltige Stoßwellen entstanden sein.

Protoplanetare Scheibe

Simulation einer protoplanetaren Scheibe um einen gerade geborenen Stern (Zentrum). Eine Stoßfront hat sich gerade bei etwas 12 Uhr und in rund 2 astronomischen Einheiten Entfernung vom Zentralstern ausgebildet (scharfer Rand des schwarzen Bereichs). Die gesamte Scheibe hat einen Durchmesser von ungefähr 40 astronomischen Einheiten. Bild: Alan Boss (Carnegie Institution)

Seit mehr als hundert Jahren rätseln Astronomen über die Herkunft kleiner glasartiger Kügelchen in Meteoriten, die sogenannten Chondrulen. Sie mussten einst starker Hitze ausgesetzt gewesen sein, doch gelang es bislang nicht, die dafür notwendigen Bedingungen dingfest zu machen. Jetzt zeigen Simulationsrechnungen der beiden Astrophysiker Alan. P. Boss von der Carnegie Institution in Washington und Richard H. Durisen von der Indiana University in Bloomington, USA, dass die Glaskügelchen ein Nebenprodukt der Entstehung des Planeten Jupiter sind.

Chondrulen finden sich nur in Steinmeteoriten, die aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter stammen, aber nicht in irdischen Gesteinen. Mit Durchmessern von bis zu wenigen Zentimetern sind sie recht unscheinbar, aber ihre Struktur deutet darauf hin, dass sie einst mehrfach blitzartig geschmolzen sind, um dann wieder rasch abgekühlt zu sein. Wie die Meteoriten gehören sie zu den ältesten Überresten aus der Anfangszeit des Sonnensystems, als die Ursonne noch von einer turbulenten Gas- und Staubscheibe umgeben war, aus der sich die Planeten formen sollten. "Das Verständnis dafür, wie Chondrulen entstanden sind, war für mehr als ein Jahrhundert eines der größten Probleme", erklärte Boss. "Aber vor einigen Jahren erkannten Wissenschaftler, dass wohl wahrscheinlich eine Stoßwelle für die Hitze verantwortlich war."

Doch fand niemand einen plausiblen Mechanismus dafür, diese Meteoritenbestandteile vor etwa 4,6 Milliarden Jahren mit Hilfe einer solchen Stoßwelle entstehen zu lassen - bis jetzt: Die neuesten Modellrechnungen zur Entstehung des Planetensystems zeigen geeignete Stoßwellen. Sie stehen mit Spiralarmen in der protoplanetaren Scheibe in Zusammenhang, die sich im Bereich der Jupiterbahn bilden. Die Stoßwellen reichen dabei weit in die inneren Bereiche der Scheibe hinein und sind besonders im Bereich des heutigen Asteroidengürtels ausgeprägt. Dort trifft das Scheibenmaterial mit rund zehn Kilometern pro Sekunde auf das verdichtete Material und wird dabei erhitzt. Der Staub wird aufgeschmolzen und daraus, so die Theorie, entstehen die Chondrulen.

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Die Rechnungen zeigen noch ein weiteres überraschendes Ergebnis. Die Stoßfront treibt beträchtliche Mengen an Gas und Staub über die eigentliche Scheibe hinaus. "Wir sehen gigantische sich windende und brechende Wellen, die sich über die Oberfläche der Scheibe erheben. Es sieht aus wie Wellen, die sich am Strand brechen," beschreibt Durison die Ergebnisse.

Die jetzt gefundene Lösung überzeugt auch andere Astrophysiker: So hatte schon Steven J. Desch von der Arizona State University vor einigen Jahren gezeigt, dass Stoßwellen für das Schmelzen der Chondrulen verantwortlich sein könnten. "Meteoritenexperten waren immer davon überzeugt, dass Stoßwellen zu so gut wie allem passen, was wir über Chondrulen wissen. Nur fehlte bislang eine detaillierte Rechnung, die zeigt, warum es überhaupt zu solchen Stoßwellen kommt. Die Simulationen von Boss und Durisen liefern die richtigen Stoßwellen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Damit dürfte für alle Meteoritenexperten die Sache erledigt sein."

siehe auch
Akkretionsscheiben: Planetenentstehung im Schnellverfahren - 3. März 2005
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