Planetenentstehung im Schnellverfahren
von
Hans Zekl
für
astronews.com
3. März 2005
Planetenentstehung ist ein Wettlauf mit der Zeit und eigentlich ist es
Astronomen bislang ein Rätsel, wie in den turbulenten Bedingungen um einen
jungen Stern Planeten von der mehrfachen Größe des Jupiter entstehen können.
Amerikanische Wissenschaftler könnten jetzt mit Hilfe von Computersimulationen
einen Ausweg gefunden haben: Sie entdeckten Regionen, in denen Planeten sich
relativ schnell bilden können.
Die Ringe im Zentrum dieser Simulation einer Akkretionsscheibe
könnten Bereiche sein, in denen sich Planeten ungestört bilden
können. Bild:
Indiana
University |
Planeten entstehen in so genannten Akkretionsscheiben um junge Sterne. Doch
sind die Verhältnisse dort sehr chaotisch und ihre Entstehung ist ein Wettlauf
mit der Zeit. Durch ständige Kollisionen laufen die noch kleinen Planetenkerne
Gefahr, wieder zerstört zu werden oder die Scheibe ist schon wieder
verschwunden, bevor ein richtiger Planet entstehen konnte. Amerikanische
Wissenschaftler von der Indiana University fanden jetzt mit
Computersimulationen heraus, dass es dennoch Bereiche gibt, in denen Planeten
sich relativ schnell bilden können.
Planeten bleibt nur wenig Zeit, um sich aus einer massereichen Gas- und
Staubscheibe um einen jungen Stern zu bilden. Aber offensichtlich reicht das für
Objekte aus, die bis zu zehnmal größer als Jupiter sind. Immerhin sind mehr als
130 Planeten um andere Sterne bekannt und die meisten von ihnen sind mindestens
so groß wie Jupiter.
Zur Zeit arbeiten die Astrophysiker mit zwei Theorien: die Akkretionstheorie und
die Theorie der Scheibeninstabilität. In der Akkretionstheorie ballen sich
kleinere Teilchen zu größeren Brocken zusammen. Wenn ihre Anziehungskraft groß
genug geworden ist, können sie weiteres Material aus ihrer Umgebung einsammeln
und schließlich zu Planeten heranwachsen. Nach diesem Modell könnten in unserem
Sonnensystem die Planeten bis Saturn entstanden sein. Allerdings funktioniert
sie für Uranus und Neptun nicht mehr. Sie würden 10 bis 100 Millionen Jahre
brauchen, bevor sie ihre Endgröße erreichen. Die Staubscheibe um den jungen
Stern allerdings ist schon nach wenigen Millionen Jahren verschwunden.
In der zweiten Theorie bilden sich durch Instabilitäten in der Scheibe
spiralförmige Strukturen mit dichten Klumpen aus, die in relativ kurzer Zeit zu
Planeten mit mehreren Jupitermassen werden können. Allerdings fanden nicht alle
Forscherteams mit dieser Theorie die Klumpen. Auch wurde darin nicht die
Überlebenswahrscheinlichkeit der Planetenkerne in dieser rauen Umgebung
untersucht. Die jungen Planeten sind nämlich auch von anderer Seite bedroht. In
ihrem Umfeld gibt es noch viele andere Brocken. Durch nahe Begegnungen können
die Planetenkerne in ihre Sonne geschleudert werden oder werden durch
Kollisionen wieder zerstört.
Einen Ausweg aus dem Dilemma entdeckten nun Richard Durisen und sein Team von
der Indiana University in Bloomington, USA, indem sie ein Szenario aus
beiden Theorien vorschlagen. Ihre Modellrechnungen zeigen, wie eine Gasscheibe
um den Zentralstern wirbelt. Gelegentlich bilden sich darin Spiralarme aus, in
denen das Scheibenmaterial stärker zusammengepresst wird. Darin entstehen nach
einiger Zeit noch dichtere Gebiete, die sich ausdehnen. "Solche Gas- und
Staubwolken finden die Astronomen um die meisten jungen Sterne. In ihnen
entstehen die Planeten," erläutert Durisen. "Wie ein gewaltiger Strudel wirbeln
sie um den Stern. Auch unser eigenes Sonnensystem entstand in einer solchen
Scheibe."
In der Simulation erscheinen zwischen instabilen und stabilen Gebieten Gasringe,
die sich immer weiter verdichten. Wenn sich feste Teilchen darin in der Mitte
der Ringe sammeln, kann der Kern eines Planeten viel schneller wachsen.
Innerhalb weniger Tausend Jahren wächst dann die Dichte der Materie stark an.
Schließlich wirkt der Akkretionsmechanismus. Durch mehrere Effekte sammelt sich
das Material in den Ringen immer schneller an und die Planeten wachsen in kurzer
Zeit heran.
Damit entschärft sich das Zeitproblem für die großen Planeten. Doch weisen
die Astronomen darauf hin, dass noch einige Fragen offen sind, insbesondere
bislang nicht berücksichtigte Störeinflüsse.
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