MARSIS liefert erste Daten
Redaktion / ESA
astronews.com
10. August 2005
MARSIS, die Radarantenne an Bord
der ESA-Sonde Mars Express, hat jetzt erste Daten von der
Oberfläche und der Ionosphäre unseres Nachbarplaneten geliefert. Das
Instrument war erst im Juni, rund 18 Monate nach Ankunft im Marsorbit,
in Betrieb genommen worden. Hauptaufgaben von MARSIS ist die Erkundung
der Sedimentschichten unter der Mars-Oberfläche sowie möglicher
darunter liegender Wasser- oder Eisvorkommen.
Das MARSIS-Radarexperiment an Bord von
Mars Express ermöglicht die Untersuchung der
Oberflächenschichten des Mars bis in fünf Kilometer Tiefe. Bild: ESA |
Das Radar hatte mit Abschluss der ersten Phase der Einsatzerprobung am
4. Juli seinen wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Infolge der
verspäteten Entfaltung der Antenne war zuvor beschlossen worden, die
Einsatzerprobung, für die ursprünglich vier Wochen vorgesehen waren,
in zwei Phasen aufzuteilen. Die zweite Phase soll im Dezember dieses
Jahres beginnen.
Die wissenschaftlichen Beobachtungen mit dem
Instrument konnten somit früher als geplant, nämlich noch während der
Mars-Nacht, eingeleitet werden - optimale
Umgebungsbedingungen für Bodensondierungen, denn während des Mars-Tags
ist die Ionosphäre energiereicher und wirkt sich deshalb störend auf
die zur Sondierung ausgesendeten Radiosignale aus.
Gleich bei ihrer Einsatzerprobung haben die beiden 20 Meter langen
Antennenausleger Radiosignale zur Marsoberfläche gefunkt und deren
Echos registriert. "Die Einsatzerprobung hat gezeigt,
dass das Radar einwandfrei funktioniert und nun ohne Interferenzen mit
den anderen Sondeninstrumenten in vollem Umfang betrieben werden
kann", erklärte Roberto Seu, Instrumentleiter für MARSIS von der
La-Sapienza-Universität in Rom.
Bei der MARSIS-Radarantenne handelt es sich um ein sehr komplexes
Instrument, das in verschiedenen Frequenzbändern betrieben werden
kann. Für Bodensondierungen eignen sich am besten Signale im niedrigen
Frequenzbereich, für die obersten Bodenschichten werden hingegen sehr
hohe Frequenzen verwendet. Zur Untersuchung der Mars-Oberfläche sowie
der oberen Bereiche der Atmosphäre schließlich kann MARSIS alle
Frequenzbereiche einsetzen.
"Während der
Einsatzerprobung haben wir alle Übertragungsmöglichkeiten getestet und
die Leistung des Radars in der Mars-Umlaufbahn optimiert", so
Prof. Giovanni Picardi, Hauptexperimentator für MARSIS von der
La-Sapienza-Universität in Rom. "Dies ermöglichte uns
seit der Aufnahme der wissenschaftlichen Beobachtungen Anfang Juli
einen sehr sauberen Empfang von Oberflächenechos sowie die Erfassung
erster Daten zur Ionosphäre."
Das MARSIS-Radar ist so programmiert, dass es seinen Betrieb nur
dann aufnimmt, wenn die Sonde auf ihrer Umlaufbahn der Oberfläche des
Planeten möglichst nahe kommt. Sobald die Sonde sich bei ihrer
Umrundung dem marsnächsten Punkt nähert, wird das Radar 36 Minuten
lang eingeschaltet, wobei die 26 mittleren Einsatzminuten für
Bodensondierungen und die jeweils fünf Minuten davor und danach für
das Sammeln von Daten aus der Ionosphäre genutzt werden.
MARSIS hat in erster Linie die nördlichen Ebenen auf sämtlichen
Längengraden zwischen 30 Grad und 70 Grad nördlicher Breite im niedrigen
Frequenzbereich ins Visier genommen. "Mit der Arbeit
des Radars sind wir sehr zufrieden. Die bis jetzt vorgenommen
Oberflächensondierungen entsprechen den bestehenden Modellen der
Mars-Topografie fast bis ins Detail", teilte Prof. Picardi erfreut
mit. Diese Messungen waren also ein ausgezeichneter Test.
Der auf den
Ebenen des Mars liegende Schwerpunkt der ersten Datenanalysen erklärt
sich wissenschaftlich dadurch, dass sich die darunter liegenden
Bodenschichten theoretisch leichter erfassen lassen, obwohl die
Aufgabe auch in diesem Fall keineswegs einfach
ist. "Da das Radar bei Oberflächensondierungen
offenbar einwandfrei funktioniert, können wir auch von einer
reibungslosen Aussendung von Radiowellen unter die Mars-Oberfläche
ausgehen", erläuterte Prof. Picardi."Das ist erst der Anfang unserer eigentlichen Arbeit, denn
jetzt müssen wir die von den Bodenschichten reflektierten Echos genau
erfassen und zuordnen. Dafür müssen alle Daten sorgfältig ausgewertet
werden. Außerdem ist sicherzustellen, dass Signale, die eventuell aus
verschiedenen Tiefen stammen könnten, nicht in Wahrheit auf
Bodenunregelmäßigkeiten zurückzuführen sind. Damit werden wir
sicherlich noch einige Wochen beschäftigt sein."
Auch die ersten von MARSIS vorgenommenen Messungen der Mars-Ionosphäre
haben den Wissenschaftlern einige interessante Ergebnisse beschert:
Das Radar reagiert sofort auf die in der Ionosphäre vorhandene Anzahl
geladener Teilchen (Plasma), die teilweise höher als erwartet
war. "Wir analysieren jetzt die Daten, um
herauszufinden, ob diese Messungen eventuell auf ein plötzliches
Ansteigen der Sonnenaktivität zurückzuführen sind, wie es etwa am
14. Juli zu beobachten war, oder ob wir neue Erklärungsmodelle
brauchen. Eine Antwort werden uns erst eingehendere Datenanalysen
geben können", so Jeffrey Plaut, Co-Hauptexperimentator vom Jet
Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena.
Die Radarantenne wird ihre Signale, die auf der Marsoberfläche
auftreffen und in die darunter liegenden Bodenschichten eindringen,
bis Mitte August aussenden. Zu diesem Zeitpunkt werden die
Nachtbeobachtungen dann überwiegend abgeschlossen sein. Danach
erhalten andere, besser für Tagesbeobachtungen ausgelegte
Mars Express-Instrumente Vorrang, wie z. B. die hochauflösende
Stereo-Kamera HRSC und das zur Kartierung eingesetzte Spektrometer
OMEGA. MARSIS wird jedoch auch tagsüber seine Beobachtungen der
Oberfläche und der Ionosphäre des Planeten fortsetzen. Für die
Ionosphärenmessungen, die unter allen verschiedenen
Sonneneinstrahlungsbedingungen vorgenommen werden sollen, sind mehr
als 20 Prozent der Umlaufzeit von Mars Express veranschlagt.
Im Dezember wird sich der dem Planeten nächste Punkt der Umlaufbahn
von Mars Express dann wieder auf der Nachtseite, jedoch in der Nähe
des Südpols, befinden, so dass sich für MARSIS erneut optimale
Beobachtungsbedingungen für Bodensondierungen -
diesmal auf der Südhalbkugel des Mars - ergeben.
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