ALMA
Start frei
für weltgrößtes Radioteleskop
von
Hans Zekl
für
astronews.com
4. März 2003
In der
letzten Woche unterzeichneten Vertreter der europäischen Südsternwarte ESO und
der amerikanischen National Science Foundation (NSF) in Washington eine
historische Vereinbarung, gemeinsam in der chilenischen Atacama-Wüste das
weltgrößte und leistungsfähigste Radioteleskop zu bauen und zu betreiben. Es
soll im Millimeter- und Submillimeterbereich arbeiten und aus 64 Radioantennen
bestehen.
ALMA. Bild:
ESO |
Viele interessante astronomische Phänomene finden quasi hinter einem
geschlossenen Vorhang statt. Darunter fällt auch die Geburt neuer Sterne, weil
dichte und für Licht undurchdringliche Staubwolken den direkten Blick
verhindern. Dennoch bietet die Natur Möglichkeiten, in solche kosmischen
Kinderstuben zu schauen. Allerdings benötigt man dazu völlig andere Teleskope.
Bei langen Wellenlängen im Radiobereich um 1 mm werden die Staubwolken
durchsichtig und die Vorgänge werden sichtbar. Um allerdings hochauflösende
Bilder zu erzeugen, würde man ein Radioteleskop mit wahrhaft riesigen Maßen und
vielen technischen Schwierigkeiten benötigen. Einfacher ist es, viele kleinere
Teleskope zu einem großen Teleskop zusammenzuschalten.
Europäische und amerikanische astronomische Institutionen unterzeichneten nun
ein Abkommen, zusammen das Atacama Large Millimeter Array (ALMA) zu
bauen. Auf europäischer Seite arbeitet das European Southern Observatory (ESO) mit
dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique, der deutschen
Max-Planck Gesellschaft, der niederländischen Netherlands Foundation for
Research in Astronomy und Nederlandse Onderzoekschool Voor Astronomie
und dem
britischen United Kingdom Particle Physics and Astronomy Research Council
zusammen. Die amerikanische Seite wird durch die National Science Foundation
(NSF) vertreten. Japanische Astronomen arbeiten an einem ähnlichen Projekt und
haben kürzlich die Absicht bekundet, ALMA beizutreten. Auch das Gastland Chile
und noch weitere Länder möchten sich daran beteiligen. Somit könnte das
Radioteleskop letztlich ein wahrhaft globales astronomisches Projekt werden.
ALMA wird aus 64 Antennen mit einem Durchmesser von je zwölf Metern bestehen, die
zu einem großen Teleskop zusammengeschaltet werden können und über ein Gebiet
mit zehn Kilometern Durchmesser verteilt sind. Damit soll Strahlung aus dem All im
Millimeter- und Submillimeterbereich untersucht werden. Diese Strahlung liegt im
kritischen Bereich zwischen der Infrarot- und der Mikrowellenstrahlung und birgt
den Schlüssel zum Verständnis der Planeten- und Sternentstehung, der Bildung der
ersten Galaxien und Galaxienhaufen nach dem Urknall sowie zur Entstehung organischer
und anderer Moleküle im Weltall. ALMA wird eines der leistungsfähigsten
Teleskope sein. Seine Abbildungsfähigkeiten und Empfindlichkeit liegt um mehrere
Größenordnungen über denen heutiger Geräte.
Die Anlage wird in einem hoch
gelegenen Gebiet bei Chajnantor in der Atacama-Wüste von Nord-Chile errichtet
werden.
Die Gesamtkosten des Unternehmens belaufen sich auf etwa 650 Millionen Euro. Das
Projekt ist in zwei Phasen aufgeteilt. In dem ersten dreijährigen Planungs- und
Entwicklungsabschnitt werden zwei 12-Meter-Teleskope als Prototypen errichtet. Von
europäischer Seite stehen dazu 15 Millionen Euro und von amerikanischer Seite 26
Millionen US-Dollar zur Verfügung. In der zweiten Aufbau- und Betriebsphase
werden die Kosten dann jeweils zur Hälfte von beiden Seiten getragen. Die ersten
wissenschaftlichen Beobachtungen sollen 2007 beginnen. Zu diesem Zeitpunkt wird
die Anlage erst zum Teil aufgebaut sein. Erst 2011 wird sie ihre vorgesehene Größe
erreichen.
Die Generaldirektorin der ESO, Dr. Catherine Cesarsky, ist von dem Projekt
begeistert: "Diese Vereinbarung kennzeichnet den Beginn eines großartigen
Projekts in der gegenwärtigen Astronomie und Astrophysik. Wir als europäische
Vertreter erwarten, auch durch die Kooperationen mit vielen Labors und
Instituten auf dem Kontinent, wundervolle Forschungsprojekte. Mit ALMA können
wir lernen, wie die frühesten Galaxien im Universum aussahen, um nur eine der
wundervollen Möglichkeiten der Einrichtung zu nennen." Und die Direktorin der
National Science Foundation Dr. Rita Colwell ergänzt: "Mit dieser Vereinbarung betreten wir ein neues Zeitalter in der astronomischen
Forschung. Durch diese wahrlich globale Partnerschaft wird die internationale
astronomische Gemeinschaft die Forschungsmöglichkeiten sichern, die unsere
wissenschaftlichen Aufgaben langfristig benötigen. Wir werden damit in der Lage
sein, das Universum in einer Art und Weise zu untersuchen und zu verstehen, die
bislang jenseits unserer Träume lag."
|
|