LA SILLA
Das feurige
Ende einer fernen Welt
von Stefan
Deiters
astronews.com
23. Januar 2003
Mit Hilfe
eines kleinen ESO-Teleskops des La Silla Observatoriums in Chile haben
Astronomen eine ungewöhnliche ferne Welt aufgespürt: Um den Riesenstern HD
47536 kreist ein jupiterähnlicher Planet, der in einigen zehn Millionen Jahren
von seinem Zentralstern verschluckt werden könnte. Mit einer Entfernung von rund
400 Lichtjahren gehört der Gasriese außerdem zu den am weitesten entfernten
bislang entdeckten Planeten.
Der Riesenstern HD 47536. Foto:
ESO / STScI Digitized Sky Survey, (C) 1993, 1994, AURA, Inc |
Sollte es in einer fernen Zukunft noch Lebewesen auf der Erde geben, stünden
diese vor einer besonderen Herausforderung: Unsere Sonne dürfte nämlich in rund
einer Milliarde Jahre aufhören so ruhig und konstant wie heute zu leuchten und
sich schließlich zu einem roten Riesenstern
aufblähen. Die inneren Planeten wie die Erde könnte sie dabei einfach
verschlucken.
Ein europäisch-brasilianisches Team von Astronomen untersucht nun seit 1999
solche Riesensterne und versucht mehr über ihre physikalischen Eigenschaften
herauszubekommen. Die Forscher nutzen dazu das 1,52 Meter Teleskop der
Europäischen Südsterne ESO in La Silla und einen modernen Spektrographen. Rund
80 Sterne haben die Wissenschaftler auf diese Weise untersucht, darunter auch
den Stern HD 47536 im südlichen Sternbild Großer Hund. Hier stellte sich heraus,
dass die beobachteten Geschwindigkeitsschwankungen sich nicht etwa durch
Veränderungen auf dem Stern selbst erklären ließen, sondern durch die
Anwesenheit eines Planeten. "Die Entdeckung war für uns sehr überraschend, da
auch viele andere von uns beobachtete Riesensterne ähnliche
Geschwindigkeitsschwankungen zeigen, für die wir stellare Aktivität
verantwortlich machen," so Johny Setiawan vom Kiepenheuer-Institut für
Sonnenphysik in Freiburg.
Mit einer Entfernung von 396 Lichtjahren ist HD 47536 der am zweitweitesten
entfernte Stern mit einem entdeckten Planeten. Diese ferne Welt umrundet den Riesenstern
auf einer nicht ganz kreisförmigen Bahn alle 712 Tage und dürfte zwischen 240
und 337 Millionen Kilometer von HD 47536 entfernt sein. Die Masse des neu
entdeckten Planeten schätzen die Forscher auf die 4,9 bis 9,7fache Masse des
Jupiter, womit er eindeutig ein Planet und nicht etwa ein Brauner Zwerg ist.
"Wir sind begeistert über diese Entdeckung", freute sich Luca Pasquini von
der ESO, "weil sich dadurch unsere Suche nach Exoplaneten auf massereichere
Sterne ausdehnt. Das große Problem ist, dass die massereichsten Sterne in der
ersten Lebensphase sehr schnell rotieren, was die Messung des typischen - durch einen Planeten verursachten
- Wackelns des Sterns unmöglich macht. Wenn diese
Sterne aber zu Riesensternen werden, verlangsamt sich ihre Drehung und die Chancen
Planeten zu finden werden deutlich besser."
Würde es auf dem Planeten um HD 47536 Leben geben, hätten die Bewohner zur
Zeit mit den gleichen Sorgen zu kämpfen, die uns erst in einigen Milliarden
Jahren bevorstehen: Ihre Sonne hat sich in der Vergangenheit langsam aber
beständig aufgebläht und nimmt einen immer größeren Platz am Himmel ein. Das
Klima des Planeten verändert sich und in vielleicht einigen zehn Millionen
Jahren könnte die äußere Hülle von HD 47536 den jetzt entdeckten Planeten
erreichen und ihn quasi verschlingen.
Für die Astronomen ist dieser Fund noch aus einem weiteren Grunde
interessant: Es gibt eine Reihe von Riesensternen, die deutlich mehr
Lithium enthalten, als sie eigentlich haben dürften. Als eine mögliche Erklärung
dafür wurde vorgeschlagen, dass sie eventuell gerade einen Riesenplaneten verschlungen haben
könnten. Da es aber bislang keinerlei Kandidaten gab, den dieses Schicksal
bevorzustehen schien, hielten viele diese These für reichlich exotisch. Die
jetzt gemachte Entdeckung dürfte dies geändert haben.
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