Auf den ersten Blick sieht HD 82943 aus wie einer von über 60
Sternen, um die Astronomen ein Planetensystem aufgespürt haben. Doch
Forscher aus Spanien und der Schweiz ließen sich nicht täuschen: Sie
sahen genauer hin und entdeckten Spuren eines Lithium-Isotops in der
fernen Sonne. Einzige Erklärung für die Existenz dieses Elementes: HD
82943 muss einen seiner Planeten verschlungen haben.
So stellt
sich ein Künstler das Schicksal eines Planeten um HD 82943 vor. Bild:
Gabi Perez/IAC |
Die Astronomen vom
Genfer Observatorium gehören zu den profiliertesten Planetenjägern und haben
mit Hilfe des Schweizer 1,2 Meter Leonard Euler Teleskops in Chile eine
beträchtliche Zahl der mittlerweile über 60 extrasolaren Planetensysteme
entdeckt. Eines der von den Schweizer Astronomen aufgespürten Planetensysteme
ist das um den Stern HD 82943, dessen Entdeckung sie vor rund einem Monat
bekannt gaben (astronews.com berichtete). Wie so oft handelte es sich auch bei
diesem System um ein - im Vergleich zum Sonnensystem - recht ungewöhnliches
Planetenduo: Die zwei Gasriesen, die um HD 82943 kreisen, bewegen sich auf nicht
gerade kreisförmigen Bahnen um ihre Sonne und kommen - im Vergleich zu
Jupiter - HD 82943 recht nah.
Nun gehen aber
Astronomen davon aus, dass Gasplaneten in einer relativ kühlen Umgebung
entstehen müssen und daher nicht in unmittelbarer Nähe ihrer Sonne geboren
werden können. Ein Ausweg bietet hier die Theorie, dass die gefundenen
Gasriesen um ferne Sonnen in großem Abstand vom Zentralstern geboren werden und
dann langsam in die Nähe ihrer Sonne wandern. Die Forscher nennen dies
Orbit-Migration. Eine Konsequenz dieser Theorie wäre es aber auch, dass dabei
einige Planeten in ihren Zentralstern fallen und somit von ihm verschluckt
werden.
Doch wie kann man
solch einen Kannibalismus unter Sonnen, der eher an einen schlechten
Hollywood-Film erinnert, auf die Spur kommen? Der Schlüssel liegt in dem
unscheinbaren Element Lithium, insbesondere im Isotop Lithium-6. Dieses wird
nämlich relativ leicht zerstört und Astronomen sind sich sicher, dass
Lithium-6 die ersten Millionen Jahre in Inneren eines sonnenähnlichen Sternes
nicht überstehen wird: Jede Spur von diesem Isotop dürfte also nach relativ
kurzer Zeit verschwunden sein. Als die Wissenschaftler allerdings mit dem
leistungsfähigen Spektrographen UVES am Teleskop Kueyen des Very Large
Telescope der ESO ein Spektrum von HD 82943 aufnahmen, erlebten sie eine
Überraschung: In dem "Fingerabdruck" der fernen Sonne fanden sich
Spuren von Lithium-6.
"Die einfachste
Möglichkeit dies zu erklären ist, dass ein oder mehrere Planeten oder
zumindest planetares Material in den Stern gestürzt ist, nachdem dieser den
ersten Teil seiner Entwicklung abgeschlossen hatte", erläutert Nuno Santos
vom Observatorium in Genf. In einem Planeten könnten sich nämlich größere
Mengen des anfangs auch in der Sonne vorhandenen und dann zerstörten Lithium-6
erhalten haben. "Man kann sogar versuchen zu berechnen, wie viel Material
man bräuchte, um unsere Beobachtungen zu erklären", so Garik Israelian vom
Institutio Astrofísica de Canarias in La Laguna auf Teneriffa.
"Wenn man vom Lithium-6-Gehalt von Meteoriten ausgeht, sollte HD 82943
einen Planeten mit der doppelten Jupitermasse geschluckt haben."
Nach diesem Erfolg
wollen die Wissenschaftler, die diese Ergebnisse in der heutigen Ausgabe des
Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichten, nun andere Planetensysteme unter die Lupe nehmen und
herausfinden, ob diese Vorgänge etwas ganz Normales bei der Entwicklung von
Planetensystemen sind oder ob es sich hier um einen "tragischen" Einzelfall
handelt. Diese Information dürfte dann erheblich zum Wissen über die
Entstehung ferner Planetensysteme und über ihre Anzahl und Beschaffenheit
beitragen.