Europäischer Astrometriesatellit deaktiviert
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
28. März 2025
Eine Ära geht zu Ende: Der Astrometriesatellit Gaia der
ESA wurde am 27. März 2025 mit einem letzten
Befehl in den endgültigen Ruhezustand versetzt. Nach mehr als zehn Jahren
präziser Himmelsvermessung ist sein Treibstoff aufgebraucht. Daher wurde er in
einen stabilen Orbit um die Sonne überführt, sodass er das Erde-Mond-System in
den nächsten 100 Jahren nicht wieder erreicht.

Künstlerische Darstellung des
Astrometriesatelliten Gaia.
Bild: ESA–D.
Ducros [Großansicht] |
Die Erfassung von Himmelsobjekten hat eine lange Tradition: Der erste
Sternenkatalog wurde im zweiten Jahrhundert v. Chr. von dem griechischen
Astronomen Hipparchos von Nicäa erstellt. Gaia konnte die Milchstraße
jedoch in einem bislang unbekannten Ausmaß vermessen: In über drei Billionen
Beobachtungen wurden fast zwei Milliarden Objekte und ihre Bewegungen erfasst.
Am 15. Januar 2025 wurde der wissenschaftliche Betrieb von Gaia
beendet. Dies bedeutet aber nicht das Ende der Mission: In den kommenden Jahren
wird die enorme Menge an Daten von Gaia vollständig analysiert. Bis
2030 werden sie der Forschung zur Verfügung gestellt werden. Das offizielle
Missionsende wird mit Veröffentlichung der letzten Daten erreicht sein. Sie
werden noch für Jahrzehnte ausgewertet werden können. Insgesamt wird aus den
Daten von Gaia der bislang größte existierende Sternkatalog entstehen.
Er soll fast zwei Milliarden Himmelskörper – also rund ein Prozent unserer
Galaxie – erfassen. Die gesammelten Daten helfen der Forschung dabei, sie zu
kartieren.
Gaia wurde am 19. Dezember 2013 vom Europäischen Raumfahrtzentrum in
Kourou mit einer Sojus-/Fregat-Rakete ins All gebracht. 2016 konnte der erste
Datenkatalog veröffentlicht werden. Dieser umfasst hochgenaue Sternpositionen
und Helligkeiten von über einer Milliarde Himmelskörper. Zudem konnten die
Bewegungen und Entfernungen von zwei Millionen Himmelskörpern erfasst werden.
Die Daten haben eine bisher unerreichte Genauigkeit. Mit der Veröffentlichung
des ersten Katalogs standen damit bereits mehr Daten über Positionen und
Helligkeiten von Sternen zur Verfügung, als ursprünglich für die gesamte Mission
erwartet worden war. 2018, 2020 und 2022 wurden weitere Kataloge veröffentlicht.
Sie enthalten nicht nur Positionen von Himmelskörpern, sondern auch zusätzliche
Eigenschaften wie die Oberflächentemperaturen von Sternen.
"Die außergewöhnliche Präzision der Gaia-Messungen markiert einen echten
Meilenstein in der Weltraumforschung", sagt Stefan Jordan, Leiter der
Öffentlichkeitsarbeit im Gaia-Auswerte-Konsortium. "Zwar konnte man viele Dinge
bereits zuvor erfassen, doch nicht mit dieser beeindruckenden Genauigkeit.
Dadurch ließen sich Annahmen erstmals konkret überprüfen, die zuvor nur
näherungsweise abgeschätzt werden konnten." Ein besonders spektakuläres Beispiel
ist die Entdeckung eines ungewöhnlich massereichen, sogenannten "ruhenden"
Schwarzen Lochs in der Milchstraße im Juni 2024. "Anders als viele Schwarze
Löcher, die durch die in sie hineinfallende Materie in ihrer Umgebung
Röntgenstrahlung aussenden und so sichtbar werden, sammeln ruhende Schwarze
Löcher nur geringe Mengen Materie auf und geben kaum Strahlung ab", erklärt
Jordan. "Gaia konnte dieses Schwarze Loch dennoch nachweisen – allein
durch die genaue Vermessung der Umlaufbahn eines Begleitsterns um das Schwarze
Loch. Hier spielte die außergewöhnliche Präzision der Instrumente ihre ganze
Stärke aus." Ruhende Schwarze Löcher entstehen, wenn massereiche Sterne am Ende
ihres Lebenszyklus kollabieren und ihre Anziehungskraft nicht einmal mehr Licht
entkommen lässt. Die Entdeckung dieses Schwarzen Loches wird dazu beitragen, die
Häufigkeit solcher Objekte in der Milchstraße genauer zu bestimmen und ihre
Bedeutung für die Entwicklung unserer Galaxie besser zu verstehen.
Gaia ist eine Mission der europäischen Weltraumorganisation ESA. Die
deutschen Beiträge werden durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR im Auftrag
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) finanziert und
durch das Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH), die
Technische Universität Dresden, das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP)
und das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg realisiert. Die
Institute erbringen ihre Beiträge im Rahmen des DPAC, das europaweit mehr als
380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasst. Als Hauptauftragnehmer für die
Gaia-Mission wurde Airbus Defence and Space (ehemals EADS Astrium) ausgewählt.
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