Beobachtungsende nach Kartierung von über zwei Milliarden Objekten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
16. Januar 2025
Die ESA-Astrometriemission Gaia hat die letzten
Beobachtungen gemacht. In den letzten zehn Jahren wurden mehr als drei Billionen
Beobachtungen von etwa zwei Milliarden Sternen und anderen Objekten
durchgeführt. Dies hat unseren Blick auf unsere Heimatgalaxie erheblich
beeinflusst. Zum Abschied wird Gaia auch für Amateurastronomen noch
einmal als Punkt am Himmel sichtbar sein.
Neue grafische Darstellung unserer Galaxie,
der Milchstraße, basierend auf Daten des
ESA-Weltraumteleskops Gaia. Bild:
ESA / Gaia / DPAC, Stefan Payne-Wardenaar [Großansicht] |
Mehr als zehn Jahre nach dem Start der Mission am 19. Dezember 2013 sind
Gaias Treibstofftanks nun fast leer. Die Raumsonde verbraucht täglich etwa
ein Dutzend Gramm Stickstoff, um ihre präzise Rotation zu stabilisieren. Die
Mission endet jedoch danach nicht. Technologietests sowie weitere
Datenveröffentlichungen sind für 2026 und das Ende des Jahrzehnts geplant. "Der
von Gaia gesammelte Datenschatz hat uns einzigartige Einblicke in den
Ursprung und die Entwicklung der Milchstraße gewährt und auch unser Verständnis
des Sonnensystems und die Astrophysik in grundlegenden Weisen verändert.
Gaia hat sich auf einzigartige europäische Exzellenz in der Astrometrie
gestützt und wird ein wichtiges Vermächtnis für zukünftige Generationen
hinterlassen." sagt Carole Mundell, die Wissenschaftsdirektorin der europäischen
Weltraumorganisation ESA.
"Ich bin begeistert von den Leistungen dieser unglaublichen Mission und bin
gespannt auf all die Entdeckungen, die uns noch erwarten", ergänzt der Gaia-Projektwissenschaftler
Johannes Sahlmann. "Auch wenn die Treibstofftanks der Gaia-Mission nun zur Neige
gehen, werden wir uns in den nächsten Jahren noch über große Meilensteine wie z.
B. den anstehenden Gaia Data Release 4 freuen können. Da nun die
Datenaufnahme abgeschlossen ist, beginnt jetzt die finale Auswertung!", erklärt
Katja Weingrill vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).
Gaia hat die Positionen, Entfernungen, Bewegungen und
Zusammensetzungen von Sternen sowie viele weitere Merkmale kartiert. Die daraus
entstandene präziseste Karte der Milchstraße liefert auch ein Modell, wie unsere
Galaxie von außen aussehen könnte. Diese Karten haben unser Bild der Milchstraße
erheblich verändert, insbesondere die Rotation des galaktischen Balkens, die
Struktur der Spiralarme und den interstellaren Staub in Sonnennähe. Trotz
Verbesserungen beruhen die Darstellungen entfernter Regionen noch auf
unvollständigen Daten, die mit den zukünftigen Veröffentlichungen präzisiert
werden.
Gaia ist eine Entdeckungsmaschine. Ihre Daten haben "Geister" von
Galaxien, Sternströme, Beweise für Kollisionen mit der Zwerggalaxie Sagittarius
und viele weitere Phänomene enthüllt. Auch Objekte wie Asteroiden, Galaxien und
Quasare wurden kartiert. Die Umlaufbahnen von über 150.000 Asteroiden wurden
ermittelt, und die hochpräzisen Messungen offenbarten mögliche Monde. Gaia
hat auch eine neue Art von Schwarzen Löchern entdeckt, darunter eines mit einer
fast 33-fachen Sonnenmasse, welches sich weniger als 2000 Lichtjahre von der
Erde entfernt im Sternbild Adler versteckte. Dies war das erste Mal, dass man
innerhalb der Milchstraße ein Schwarzes Loch stellaren Ursprungs dieser Größe
entdeckte.
Die Vorbereitung der nächsten großen Datenveröffentlichung, Gaia Data
Release 4 (DR4),läuft derweil auf Hochtouren. Dieser wird für das Jahr 2026
erwartet. Die Datenmenge, Datenprodukte und -qualität werden sich mit der
Veröffentlichung von Gaia DR4 noch einmal erheblich verbessern. Diese
Datenveröffentlichung wird mit 550 TB die Beobachtungsdaten der ersten 5,5 Jahre
der Mission umfassen, was ihrer ursprünglich vorgesehenen Gesamtdauer
entspricht. DR4 wird unter anderem den größten Katalog von Doppelsternsystemen
erweitern und viele neue Entdeckungen ermöglichen.
Die letzte gezielte Beobachtung von Gaia am 10. Januar galt dem
berühmten Doppelsternpaar 61 Cygni. Diese Sterne weckten schon die
Aufmerksamkeit der Astronomen des 19. Jahrhunderts. Mit dem finalen Gaia
Data Release 5 am Ende des Jahrzehnts, das die gesamten Missionsdaten von
10,5 Jahren umfassen wird, werden auch neue Exoplaneten entdeckt werden, da es
aufgrund des längeren Beobachtungszeitraums deutlich einfacher ist, "taumelnde"
Sterne zu identifizieren, die von umkreisenden Planeten leicht in Bewegung
gebracht werden.
Nach der letzten Datenerfassung beginnt nun eine kurze Phase von
Technologietests, um künftige Weltraummissionen zu verbessern. Im März 2025 wird
Gaia in eine heliozentrische Umlaufbahn gebracht und endgültig
abgeschaltet, um Störungen zu vermeiden. Während dieser Phase wird die Sonde
heller erscheinen und somit auch von Amateurastronomen gut beobachtet werden
können. "Gaia wird uns zum Abschied dieses letzte Geschenk machen und
vor ihrem wohlverdienten Ruhestand zwischen den Sternen leuchten", sagt Uwe
Lammers, Gaias Missionsmanager.
Informationen zur Beobachtung von Gaia hat die ESA auf einer eigenen Website
bereitgestellt.
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