Wie Staubkörner durch Kollisionen wachsen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen astronews.com
23. Januar 2025
Planeten entstehen, indem Staub und Gestein in einer Scheibe
um einen jungen Stern kollidieren und sich zu immer größeren Körpern verbinden.
Diese sogenannte Akkretion ist bislang nicht vollständig verstanden. Durch
Experimente in Schwerelosigkeit konnten nun wesentliche Beobachtungen zu
Kollisionsgeschwindigkeit und elektrischer Ladung der Partikel gemacht werden.
Geladene Partikel haben sich zu einem
Agglomerat verbunden.
Foto:
Universität Duisburg-Essen / AG Wurm [Großansicht] |
Bis aus einem mikrometerfeinen Staubkorn ein Planet mit einem Ausmaß von
10.000 Kilometern wird, vergehen Millionen von Jahren. Alles beginnt in einer
scheibenförmigen Wolke aus Gas (99 Prozent) und Staub (ein Prozent), der
protoplanetaren Scheibe: Hier stoßen die Staubpartikel zusammen und bilden
Agglomerate. Wolken dieser Agglomerate kollabieren schließlich zu größeren
Körpern, die Planetesimale genannt werden und bereits einen Durchmesser von ein
bis hundert Kilometer haben können. Durch Gravitation ziehen die Planetesimale
weitere Materie an, wachsen zu Protoplaneten und später zu vollwertigen Planeten
heran.
Bei den Vorgängen in der Scheibe setzen die Partikel eine Kollisionsbarriere
außer Kraft. "Eigentlich ist es nämlich so, dass Staubkörner ab etwa einem
Millimeter Größe gar nicht wachsen können, weil sie voneinander abprallen oder
sie beim Zusammenstoß zerbrechen", erklären die Astrophysiker Prof. Dr. Gerhard
Wurm und Dr. Jens Teiser. "Dadurch aber, dass sie immer wieder kollidieren,
laden sie sich unterschiedlich auf und ziehen sich dann gegenseitig an."
Die Haftung durch elektrostatische Aufladung hatte ihr Team schon in
vorherigen Fallturmexperimenten beobachtet. Weil dabei nur knappe neun Sekunden
Messzeit in Schwerelosigkeit möglich sind, konnten sie die finale Größe und die
Stabilität der wachsenden Körper nicht untersuchen. Ganz anders in den
Experimenten der aktuellen Studie: Sie fanden auf einer Forschungsrakete der
Europäischen Weltraumorganisation ESA statt. "Während die Rakete auf 270
Kilometer Höhe aufstieg, bot sie uns sechs Minuten Schwerelosigkeit, unsere
Experimente vom Boden aus zu steuern und zu verfolgen", so Teiser.
Das UDE-Team konnte dadurch das Wachstum von kompakten Agglomeraten von etwa
drei Zentimetern Größe direkt beobachten und genau messen, mit welcher
Geschwindigkeit einzelne Partikel höchstens aufprallen dürfen, um nichts zu
zerstören. "Die Agglomerate sind so stabil, dass sie den Beschuss von einzelnen
Partikeln mit bis zu 0,5 Meter pro Sekunde aushalten. Alles darüber hinaus
erodiert", betont Wurm. "Zusätzlich haben wir numerische Simulationen
durchgeführt, die zeigen, dass es durch die Kollisionen tatsächlich zu einer
starken elektrostatischen Aufladung und Anziehung kommt."
"Derart konkrete Geschwindigkeiten für Erosion zu finden, hat uns
überrascht", ergänzt Teiser. "vor allem da sie nahe an jenen Werten liegen, die
in früheren Simulationen für die Fragmentation verwendet wurden, also für das
Zerbrechen von Partikeln oder Objekten." Das heißt, dass die physikalischen
Bedingungen ähnlich sind, unter denen Material in der scheibenförmigen Wolke um
einen jungen Stern abgetragen oder zerbrochen wird. Die Ergebnisse des UDE-Teams
fließen in physikalische Modelle zu protoplanetaren Scheiben und zum
Partikelwachstum ein und helfen somit, die Details der Planetenbildung zu
verstehen.
Die Forschungen wurden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima gefördert. Über ihre
Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, de in Nature Astronomy
erschienen ist.
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