Der Schlüssel zur schnellen Planetenentstehung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Exzellenzclusters Origins astronews.com
12. August 2024
Bisherige Modelle zur Entstehung von Planeten können manche
Aspekte unseres Sonnensystems nicht schlüssig erklären. Nun haben Forschende ein
neues Modell zur Entstehung von Riesenplaneten wie Jupiter, Saturn, Uranus und
Neptun entwickelt. Das Modell liefert tiefere Einblicke in die Prozesse der
Planetenentstehung und könnte unser Verständnis von Planetensystemen erweitern.
Künstlerische
Darstellung eines jungen Sterns, der von einer
protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub umgeben
ist. Ringförmige turbulente Störungen
(Substrukturen) in der Scheibe führen zur
schnellen Bildung mehrerer Gas- und Eisriesen.
Bild: LMU / Thomas
Zankl, crushed eyes media [Großansicht] |
Unser Sonnensystem ist unsere unmittelbare kosmische Nachbarschaft. Wir
kennen es gut: die Sonne im Zentrum, dann die Gesteinsplaneten Merkur, Venus,
Erde und Mars, dann der Asteroidengürtel gefolgt von den Gasriesen Jupiter und
Saturn, den Eisriesen Uranus und Neptun, und schließlich der Kuipergürtel mit
seinen Kometen. Doch wie gut kennen wir unsere Heimat wirklich? Bisherige
Theorien gehen davon aus, dass Riesenplaneten durch Kollisionen und Ansammlungen
asteroidenartiger Himmelskörper, sogenannter Planetesimale, und anschließender
Aufnahme von Gas im Laufe von Jahrmillionen entstehen. Diese Modelle erklären
jedoch weder die Existenz von Gasriesen, die weit von ihren Sternen entfernt
sind, noch die Entstehung von Uranus und Neptun.
Astrophysikerinnen und Astrophysiker des ORIGINS Clusters, der
Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) haben ein Modell entwickelt, das erstmals alle
notwendigen physikalischen Prozesse, die bei der Planetenentstehung eine Rolle
spielen, vereint. Sie können damit zeigen, dass ringförmige Störungen in
protoplanetaren Scheiben, sogenannte Substrukturen, die schnelle Bildung
mehrerer Gasriesen auslösen können. Die Ergebnisse der Studie stimmen mit
jüngsten Beobachtungen überein und deuten darauf hin, dass die Bildung von
Riesenplaneten effizienter und schneller ablaufen könnte als bisher angenommen.
Mit ihrem Modell zeigen die Forschenden, wie sich millimetergroße Staubteilchen
aerodynamisch in der turbulenten Gasscheibe anhäufen, und wie diese anfängliche
Störung in der Scheibe Staub einfängt und daran hindert, in Richtung des Sterns
zu verschwinden. Diese Anhäufung macht das Wachstum von Planeten sehr effizient,
da plötzlich viel "Baumaterial" auf kleinem Raum zur Verfügung steht und die
richtigen Bedingungen für Planetenentstehungen gegeben sind.
"Wenn ein Planet groß genug ist, um selbst die Gasscheibe zu beeinflussen,
führt dies zu einer erneuten Staubanreicherung weiter außen in der Scheibe.
Dabei treibt der Planet den Staub, ähnlich wie ein Hirtenhund seine Herde, in
den Bereich außerhalb seiner eigenen Umlaufbahn", erklärt
ORIGINS-Wissenschaftler Professor Til Birnstiel von der LMU. Der Prozess beginnt
von neuem, von innen nach außen und ein weiterer Riesenplanet kann entstehen.
"Dies ist das erste Mal, dass eine Simulation das Wachstum von Feinstaub bis hin
zu Riesenplaneten verfolgt", sagt Tommy Chi Ho Lau, Doktorand an der LMU.
In unserem Sonnensystem sind die Gasriesen in einer Entfernung von etwa 5
Astronomische Einheiten (Jupiter) bis zu einer Entfernung von etwa 30
Astronomische Einheiten (Neptun) von der Sonne angeordnet. Zum Vergleich: Unsere
Erde ist 1 Astronomische Einheit von der Sonne entfernt. Die Forschungsarbeit
zeigt, dass in anderen Sternsystemen eine Störung den Prozess noch in viel
größerer Entfernung in Gang bringen könnte und immer noch sehr schnell abläuft.
Solche Systeme wurden in den letzten Jahren häufig mit dem Radioobservatorium
ALMA beobachtet, das Gasriesen in jungen Scheiben jenseits von 200 Astronomische
Einheiten gefunden hat. Das Modell erklärt aber auch, warum unser Sonnensystem
mit Neptun scheinbar aufgehört hat, weitere Planeten zu bilden. Das Baumaterial
war nach der Bildung des Neptuns einfach aufgebraucht. Die Ergebnisse der Studie
stimmen mit aktuellen Beobachtungen von jungen Sternsystemen überein, die
ausgeprägte Substrukturen in ihren Scheiben aufweisen. Diese Substrukturen
spielen eine entscheidende Rolle bei der Planetenbildung. Die Studie deutet
darauf hin, dass die Bildung von Riesenplaneten und Gasriesen effizienter und
schneller abläuft als bisher angenommen.
Diese neuen Erkenntnisse könnten unser Verständnis der Entstehung und
Entwicklung der Riesenplaneten unseres Sonnensystems verfeinern und die Vielfalt
der beobachteten Planetensysteme erklären. Die Ergebnisse wurden in einem Fachartikel veröffentlicht, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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