Genauere Bahnvorhersagen für Satelliten und Weltraumschrott
sowie ein besseres Verständnis für die auf der Erde vorhandenen Wassermassen:
Forschende der TU Graz haben mittels Satellite Laser Ranging beides
erreicht. Die Ergebnisse sind in die Software GROOPS eingeflossen, die für alle
Interessierten kostenlos zur Verfügung steht.
Was haben das Schwerefeld der Erde und die Flugbahnen von Satelliten und
Weltraumschrott gemeinsam? Das Erdschwerefeld beeinflusst die Umlaufbahnen
unserer Begleiter im Orbit, während die Veränderungen der Umlaufbahnen im
Gegenzug Rückschlüsse auf Änderungen des Schwerefelds und damit vorhandener
Wassermassen zulassen. Im Projekt COVER hat das Institut für Geodäsie der
Technischen Universität Graz nun Schwerefeldmessungen mittels Satelliten mit
der Messmethode des Satellite Laser Ranging (SLR) zusammengeführt
und dadurch sowohl die Schwerefeldberechnungen als auch die Beobachtung von
Objekten im Orbit und deren Bahnvorhersagen nachhaltig verbessert. Die
Ergebnisse sind in die Software Gravity Recovery Object Oriented
Programming System (GROOPS) eingeflossen, die das Institut für Geodäsie
kostenlos via GitHub zur Verfügung stellt.
"Die Satelliten-Missionen Grace, Grace Follow-on sowie
vorher bereits GOCE haben wirklich wertvolle Daten zur Berechnung des
Erdschwerefelds geliefert. Allerdings ließ sich damit der langwellige
Bereich des Schwerefelds, der Massen von kontinentaler Größe abdeckt, nicht
sehr gut auflösen", sagt Sandro Krauss vom Institut für Geodäsie der TU
Graz. Messungen mit SLR können diesen langwelligen Teil hingegen sehr
präzise auflösen. Hierfür richtet ein Netzwerk an SLR-Stationen einen Laser
auf einen Satelliten mit Reflektorflächen, die das Laserlicht zurückwerfen.
Durch die Messung der Laufzeit lässt sich die Position der Satelliten auf
Zentimeter genau bestimmen und durch mehrere Messungen auch Änderungen an
der Umlaufbahn erkennen, die sich durch Masseänderungen auf der
Erdoberfläche ergeben.
"Wenn man SLR mit den anderen Satelliten-Messmethoden kombiniert, lässt
sich das Schwerefeld wesentlich genauer berechnen, da man alle Wellenlängen
des Schwerefelds präzise auflösen kann. Dadurch können wir die auf der Erde
vorhandenen Wassermassen detaillierter bestimmen. Gleichzeitig können wir
durch die aus den Messungen gewonnenen Daten die Position von Satelliten und
Weltraumschrott viel besser berechnen, sie finden, mit SLR kartografieren
und ihre zukünftigen Bahnen sehr präzise vorhersagen, was zur Sicherheit im
Orbit beiträgt", so Krauss.
Derzeit umkreisen ca. 40.000 Weltraumschrott-Teile mit einer Größe von
mehr als zehn Zentimetern die Erde, Teile ab einem Zentimeter Größe gibt es
rund eine Million. Diese sind mit etwa 30.000 km/h unterwegs und fliegen
nicht alle in dieselbe Richtung. Eine Kollision hätte daher eine recht große
Wucht und würde Satelliten zerstören und bei Raumstationen oder anderen
bemannten Raumfahrzeugen Menschenleben gefährden. Umso wichtiger ist es,
alles in der Umlaufbahn zu verorten und die zukünftige Bahnentwicklung so
genau wie möglich zu berechnen.
Um sämtliche Weltraumschrott-Teile zu überwachen, kommen aktuell
Radarmessungen zum Einsatz, die jedoch eine limitierte Genauigkeit bieten.
Und auch die bisherigen Bahnvorhersagen litten darunter, dass sie nur im
Kilometerbereich genau waren. Das erschwerte in weiterer Folge das
Auffinden. Zusammen mit der Satellite Laser Ranging Station des Instituts
für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am
Observatorium Lustbühel gelang hier ein entscheidender Fortschritt. Das
Institut für Geodäsie nutzte seine eigenen Kräftemodelle, die die Position
eines Satelliten oder eines Schrott-Teilchens auf rund 100 Meter genau
bestimmen können. Das machte es möglich, sie leichter aufzuspüren und mit
dem Vermessungslaser präzise zu erfassen.
Mit weiteren Messungen bei nachfolgenden Überflügen ergab sich ein noch
genaueres Bild darüber, wie sich die Umlaufbahn verhält, wodurch die
Forschenden die Vorhersagen verbessern konnten. "Für die Bahnvorhersage
müssen wir sämtliche Kräfte auf den Satelliten modellieren", sagt Torsten
Mayer-Gürr vom Institut für Geodäsie. "Dazu zählt auch die Gravitationskraft
der Erde, die durch das Vorhandensein von Massen wie Wasser beeinflusst
wird. Die Kombination unserer Bahnmodellierung mit SLR-Messungen erlaubt nun
wesentlich genauere Berechnungen in unserer Software GROOPS, die für alle
frei zugänglich ist. Soweit wir wissen, sind wir die Einzigen, die ein
derart umfangreiches Paket für Schwerefeldbestimmung, Bahnbestimmung und
SLR-Prozessierung kostenlos anbieten. Dieser Open-Source-Zugang hat für uns
den Vorteil, dass wir sehr schnell Feedback bekommen, wenn etwas
nachgebessert werden muss."