Ausgediente Raketenstufen, nicht mehr funktionsfähige
Satelliten und sonstige Überreste des Weltraumzeitalters stellen eine große
Gefahr für die Raumfahrt dar. Im Rahmen eines europäischen Projekts wird nun
untersucht, ob man mit Schwärmen sogenannter CubeSats dieses Problem bekämpfen
und eventuell Satelliten sogar wieder funktionsfähig machen könnte.
In den letzten Jahrzehnten ist die Raumfahrtindustrie rasant gewachsen.
2023 wurden mehr Satelliten als jemals zuvor ins All gebracht. Das führt
auch dazu, dass sich immer mehr Weltraummüll in der erdnahen Umlaufbahn
befindet. Marie-Curie-Fellow Dr. Felix Biertümpfel von der Professur für
Flugmechanik und Flugregelung an der TU Dresden forscht, gemeinsam mit
internationalen Expertinnen und Experten, an neuen Konzepten zur Bekämpfung
von Weltraumschrott. Biertümpfels Forschungstätigkeit ist eingebettet in das
dreijährige Projekt "REDECORATE – REcommissioning and DEorbiting using
CubeSat swarms with electrO spRAy ThrustErs".
Nach Angaben der europäischen Weltraumorganisation ESA kreisen über eine
Million Objekte, die größer als ein Zentimeter sind, in einer Höhe von 200
bis 2000 Kilometern über der Erde – im sogenannten Low Earth Orbit (LEO).
35.000 dieser Objekte werden regelmäßig verfolgt und katalogisiert. Nur etwa
9000 dieser Objekte sind aktive Satelliten, Raumfahrzeuge oder andere
Geräte. Die restlichen 26.000 sind Trümmerteile mit einer Größe von über
zehn Zentimetern. Schon die Kollision mit kleinen Trümmerteilen kann
katastrophale Folgen haben und stellt eine reale Gefahr für laufende
Missionen und Astronautinnen und Astronauten dar. Weltraummüll ist daher
eine der größten aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für die
Raumfahrt.
Das von der Europäischen Kommission geförderte
REDECORATE-Forschungsprojekt untersucht den Einsatz innovativer Regelungs-
und Flugführungsansätze, in dem CubeSat-Schwärme mit
"Elektrospray-Triebwerken" (iESE, für ionic electro spray engine) kombiniert
werden. Es zielt darauf ab, CubeSat-Schwärme durch den Einsatz zuverlässiger
Regelungskonzepte und effektiver Antriebe für komplexe Missionen zur
Bekämpfung von Weltraumschrott zu nutzen. CubeSats sind kleine Satelliten,
welche aus standardisierten, würfelförmigen Elementen, sogenannten "U"s,
bestehen. Jedes dieser Elemente hat eine Seitenlänge von zehn Zentimetern
und wiegt etwa ein Kilogramm.
Werden mehrere CubeSats zu einem Schwarm zusammengeschlossen, können sie
wesentlich effektiver arbeiten als einzeln. So kann zum Beispiel ein CubeSat-Schwarm,
der günstig an einem Trümmerteil platziert ist, dessen Rotationsenergie
abbauen und es anschließend abbremsen. Dadurch verliert der Weltraumschrott
an Höhe und verglüht letztlich in der Atmosphäre. Die iESE-Triebwerke tragen
dazu bei, die CubeSat-Antriebe und Lageregelungssysteme zu verbessern. Durch
den sukzessiven Einsatz in mehreren Stufen ermöglichen iESE-Triebwerke
längere Missionen, höhere Zuverlässigkeit und länger verfügbaren Schub als
Standardantriebe.
"Durch diese moderne Triebwerkstechnologie könnten auch ausgemusterte
Satelliten wieder in Betrieb genommen und so deren Einsatzdauer verlängert
werden", beschreibt Biertümpfel die Zielsetzungen des Forschungsprojekts.
"Hierfür würde ein an den Satelliten gedockter iESE-CubeSat-Schwarm als
neues Positions- und Lageregelungssystem fungieren. Durch die Entwicklung
und den Einsatz verbesserter und sicherer Regelungssysteme werden zudem die
hohen Zuverlässigkeitsanforderungen in der Raumfahrt erfüllt und höchste
Leistungsfähigkeit ermöglicht."