Gewaltiges Jetsystem von einem aktiven Schwarzen Loch
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
19. September 2024
Mithilfe des Radioteleskoparrays LOFAR wurde das größte
bislang beobachtete System kosmischer Jets entdeckt. Das Jetpaar geht von einem
Schwarzen Loch in 7,5 Milliarden Lichtjahre Entfernung aus und erstreckt sich
über eine Länge von 23 Millionen Lichtjahren. Die auf den Namen Porphyrion
getauften Jets könnten ihre Umgebung entscheidend beeinflusst haben.
Künstlerische Illustration von Porphyrion,
dem längsten jemals beobachteten Jetsystem eines
Schwarzen Lochs. Bild:
E. Wernquist / D. Nelson (IllustrisTNG
Collaboration) / M. Oei [Großansicht] |
Astrophysiker haben die größten Plasmastrahlen eines Schwarzen Lochs
entdeckt, die jemals im Weltraum gesehen wurden. Schwarze Löcher sind dafür
bekannt, dass sie Materie in ihrer unmittelbaren Umgebung verschlucken. Sie
können aber auch große Mengen an Energie ausspucken, in Form von Strahlung oder
Plasmastrahlen, den sogenannten "Jets". Das internationale Forschungsteam mit
Beteiligung von Dr. Gabriela Calistro Rivera vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) hat nun ein Jetpaar mit einer Gesamtlänge von 23 Millionen
Lichtjahren entdeckt. Das entspricht der Größe von 140 Milchstraßen-Galaxien in
einer Reihe. Die Plasmastrahlen schießen oberhalb und unterhalb eines
supermassereichen Schwarzen Lochs heraus, mit einer Leistung von mehreren
Billionen Sonnen.
Die Jets mit dem Spitznamen "Porphyrion" – benannt nach einem Riesen aus der
griechischen Mythologie – entspringen einem Schwarzen Loch, das sich im Herzen
einer weit entfernten Galaxie befindet. Zwar war es bekannt, dass Jets über die
Grenzen ihrer Galaxie herausragen können. Überraschend war für die Fachwelt nun
jedoch, dass Porphyrion bis in die Leerräume des Universums reicht. Zur
Einordnung: Sterne sind in Galaxien zusammengefasst, Galaxien wiederum in
Galaxiengruppen und Galaxienhaufen, zwischen denen sich große Leerräume
befinden. Die Galaxien sind dabei wie durch ein kosmisches Spinnennetz
verbunden.
"Energiereiche Strahlung und Jets von Schwarzen Löchern können das Wachstum
und die Entwicklung ihrer Galaxien drastisch beeinflussen. Porphyrion zeigt,
dass diese Auswirkungen ungeahnte Ausmaße annehmen und die Struktur unseres
Universums beeinflussen können", sagt Rivera. Die neueste Entdeckung deutet
darauf hin, dass die riesigen Jets im jungen Universum einen größeren Einfluss
auf die Entstehung von Galaxien gehabt haben könnten als bisher angenommen. Die
beiden Jets sind 7,5 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und stammen
damit aus einer Zeit als das Universum halb so alt war wie heute. Porphyrion
existierte damit bereits in einer frühen Epoche, als das Universum noch weniger
ausgedehnt war und die dünnen Fäden des kosmischen Netzes enger zusammen lagen.
Die Megaströme erstreckten sich damit über entsprechend größere Teile des
Universums mit ihrem Einfluss.
Entdeckt wurde das Jetpaar mithilfe des Radioteleskops LOw Frequency
ARray (LOFAR) in Europa. Das Team nutzte auch das Giant Metrewave Radio
Telescope (GMRT) in Indien, zusammen mit zusätzlichen Daten aus dem Projekt
DESI (Dark Energy Spectroscopic Instrument) sowie das W. M. Keck Observatory
in Hawai'i. Dies half den Forschenden, die richtige Wirtsgalaxie des
supermassiven Schwarzen Lochs zu bestimmen, das die Jets erzeugte. Außerdem
kombinierte DLR-Wissenschaftlerin Rivera diese Beobachtungsdaten und erstellte
ein Modell, das die physikalischen Eigenschaften von Galaxien und Schwarzen
Löchern bestimmen kann. Dank des physikalischen Modells erfuhren sie auch wie
alt, wie hell und wie massereich die Galaxie ist, also wie viele Sterne sie
vereint. Für das Schwarze Loch zeigte sich, dass es supermassereich und sehr
aktiv ist.
Wenn supermassereiche Schwarze Löcher aktiv werden, zerrt und heizt ihre
immense Schwerkraft an der umgebenden Materie. Dabei werden große Mengen an
Energie freigesetzt, entweder in Form von Jets (Radiomodus) oder Strahlung im
sichtbaren oder ultravioletten Bereich (Strahlungsmodus). Schwarze Löcher im
Strahlungsmodus waren im jungen oder fernen Universum häufiger anzutreffen,
während Schwarze Löcher mit Jets im heutigen Universum häufiger vorkommen.
"Indem wir die Beobachtungsdaten aus den verschiedenen Bereichen des
elektromagnetischen Spektrum mit theoretischen Modellen verglichen haben,
konnten wir mehr über die Physik in dem Schwarzen Loch und seiner Galaxie
erfahren. Hier konnten wir lernen, dass die riesigen Jets in Porphyrion aus
einem aktiven Schwarzen Loch im Strahlungsmodus stammen", erklärt Rivera.
Die Tatsache, dass Porphyrion von einem Schwarzen Loch im Strahlungsmodus
stammt, ist eine Überraschung. Denn bisher war nicht bekannt, dass dieser Modus
so große und starke Jets erzeugen kann. Da Porphyrion in einem fernen Universum
liegt, in dem Schwarze Löcher im Strahlungsmodus zahlreich vorhanden sind,
deutet die Entdeckung außerdem darauf hin, dass es noch viele weitere
gigantische Jets geben könnte. "Wir sehen vielleicht nur die Spitze des
Eisbergs", sagt Dr. Martijn Oei vom California Institute of Technology.
. "Unsere LOFAR-Untersuchung deckte nur 15 Prozent des Himmels ab. Und die
meisten dieser gigantischen Jets sind wahrscheinlich schwer zu entdecken, daher
glauben wir, dass es noch viel mehr dieser Giganten da draußen gibt."
In einem nächsten Schritt möchte das Team besser verstehen, wie diese
Megastrukturen ihre Umgebung beeinflussen, wenn sie kosmische Strahlung, Hitze,
schwere Atome und Magnetfelder im Raum zwischen den Galaxien verbreiten. Die
Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
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