Neuer Katalog erlaubt Messung des kosmischen Radiodipols
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
3. September 2024
Mit MeerKAT-Daten hat ein internationales Team den bisher
größten Katalog von Radioquellen aus einer Himmelsdurchmusterung
zusammengestellt. Dadurch konnten sie den kosmischen Radiodipol messen, einen
kosmologischen Effekt, der durch die Bewegung der Erde durch das Universum
entsteht und einen wichtigen Test für Theorien der Kosmologie auf den größten
Skalen darstellt.
Himmelskarte, überlagert mit MeerKAT-Messpositionen,
die jeweils einige tausend Radioquellen
enthalten, 391 Belichtungen mit insgesamt 971.980
Quellen. Der Pfeil zeigt die Richtung des
kosmischen Dipols. Bild:
MALS-Team [Großansicht] |
Betrachtet man den Himmel bei Radiowellenlängen, sieht man statt der
gewohnten Sterne vor allem Galaxien in extrem großer Entfernung. Der Anblick des
Radiohimmels bietet einen ungehinderten Einblick in die Entwicklung von
Galaxien, Schwarzen Löchern und Gas im Universum und zeigt auch, wie das
Universum auf den größten Skalen aussieht. Der MeerKAT Absorption Line
Survey (MALS), der auf der herausragenden Empfindlichkeit und
Abbildungsgenauigkeit des MeerKAT-Radioteleskopnetzwerks in Südafrika beruht,
hat extrem empfindliche Bilder erzeugt, die fast eine Million Radioquellen aus
391 Belichtungen mit dem Teleskop erfassen. Es ist der größte Katalog, der
bisher von einer MeerKAT-Durchmusterung erstellt wurde, und einer der wenigen
Radiokataloge mit einer Million oder mehr Quellen. Da der Schwerpunkt eher auf
der Tiefe der Belichtung als auf der Himmelsabdeckung liegt, konnten viele
Quellen zum ersten Mal entdeckt werden.
MeerKAT ist eine Anlage von 64 Antennen in der südafrikanischen Halbwüste Karoo.
"Die Empfindlichkeit und der Umfang dieses Kontinuumskatalogs sind
einzigartig unter den modernen Radiokontinuumsdurchmusterungen. Die
Veröffentlichung wird es der Forschergemeinschaft ermöglichen, eine Vielzahl von
Fragen zur Entwicklung von Galaxien und des Universums zu beantworten", sagt
Neeraj Gupta, Astronom am Inter-University Centre for Astronomy and
Astrophysics (IUCAA) in Indien, der Leiter des MALS-Projekts. Um aus den
großen Mengen an Rohdaten, die von MeerKAT erzeugt werden, diese empfindlichen
Bilder zu erhalten, wird beim IUCAA in Indien eine hochentwickelte
Verarbeitungspipeline und Datenspeichereinrichtung unterhalten. Die Bilder und
Kataloge wurden am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in
Deutschland von Jonah Wagenveld weiter analysiert und für die Veröffentlichung
vorbereitet.
Der umfangreiche Katalog hat es dem MALS-Team ermöglicht, eine Messung des
kosmischen Dipols durchzuführen - ein subtiler Effekt, der durch die Bewegung
des Sonnensystems durch das Universum verursacht wird. Dieser Effekt führt dazu,
dass die Quellen in Richtung dieser Bewegung zahlreicher und in der
entgegengesetzten Richtung weniger zahlreich erscheinen. Die Richtung und das
Ausmaß der Bewegung der Erde durch das Universum wurden bis jetzt durch
Messungen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds ermittelt.
Die Größe des kosmischen Dipoleffekts, der in direktem Zusammenhang mit der
Geschwindigkeit dieser Bewegung stehen sollte, erschien jedoch bei vielen
Messungen viel größer als im Vergleich zur Vorhersage. Dies deutet darauf hin,
dass der kosmische Dipol nicht nur durch die Geschwindigkeit der Bewegung
verursacht wird, sondern durch einen echten Unterschied in der Dichte der
Quellen in verschiedenen Richtungen am Himmel, was nach den kosmologischen
Modellen nicht der Fall sein sollte. #
Überraschenderweise stimmt die neue MALS-Messung nun mit den Vorhersagen
überein. Es ist zwar noch nicht bekannt, warum dies der Fall ist, aber es könnte
mit dem Aufbau der Durchmusterung zusammenhängen, die kleine Himmelsbereiche bis
zur sehr großen Empfindlichkeiten abdeckt, im Gegensatz zu den größeren, aber
weniger empfindlichen Himmelsabdeckungen anderer Radiodurchmusterungen. Aus
diesem Grund sind viele schwache "normale Galaxien" in dem empfindlichen Katalog
enthalten, was zweifellos die Messung des kosmischen Dipols beeinflusst.
"Die Messung des Dipols ist ein äußerst wichtiger Test für die Kosmologie und
kann uns sagen, ob unsere grundlegenden Annahmen über die Struktur des
Universums korrekt sind", erklärt Wagenveld. Das Rätsel ist jedoch noch lange
nicht gelöst, und künftige größere Kataloge, entweder von MALS unter Ausnutzung
des niederfrequenteres UHF-Bands von MeerKAT, oder von künftigen Observatorien,
werden diese Ergebnisse analysieren und das Problem ggf. auflösen können.
"Die konsistente und automatisierte Verarbeitung war unerlässlich, um subtile
Effekte in den Daten in den Griff zu bekommen, die die Genauigkeit unserer
Messungen beeinträchtigen würden. Diese neue Durchmusterung ist ein Sprungbrett
für zukünftige groß angelegte Radiodurchmusterungen mit dem Square Kilometre
Array und dem Deep Synoptic Array", sagt Hans-Rainer Klöckner,
Forscher am MPIfR, der die Verwendung von MALS für die Dipolmessung initiiert
hat.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics
erschienen ist.
|