Viele Planeten könnten wasserreicher sein als gedacht
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der ETH Zürich astronews.com
21. August 2024
Das meiste Wasser eines Planeten befindet sich oft nicht auf der
Oberfläche, sondern ist tief im Inneren verborgen. Dies zeigten jetzt
vorgestellte Modellrechnungen. Die Ergebnisse sind auch mit Blick auf eine
mögliche Bewohnbarkeit von fernen Welten interessant: So könnten auch gewaltige
Wasserwelten lebensfreundlicher sein als bislang gedacht.
Künstlerische Darstellung des extrasolaren
Planeten K2-18b. Bild:
NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI) [Großansicht] |
Von der Erde weiß man, dass sie einen Kern aus Eisen, darüber einen Mantel
aus Silikatgestein und an der Oberfläche zusammenhängende Wassermassen in Form
von Ozeanen hat. Dieses einfache Planetenmodell wurde in der Wissenschaft bisher
auch verwendet, wenn es um die Erforschung von sogenannten Exoplaneten ging, die
außerhalb unseres Sonnensystems um einen anderen Stern kreisen. "Erst in den
letzten Jahren hat man angefangen zu berücksichtigen, dass Planeten komplexer
sind", sagt Caroline Dorn, Professorin für Exoplaneten an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich). Die
meisten der Exoplaneten, die man heute kennt, befinden sich nahe bei ihrem
Stern. Es sind deshalb vor allem heiße Welten, die noch keinen ausgekühlten
Mantel aus Silikatgestein haben wie die Erde, sondern Ozeane aus geschmolzenem
Magma.
Wasser löst sich sehr gut in diesen Magma-Ozeanen – im Gegensatz
beispielsweise zu Kohlendioxid, das schnell ausgast und in die Atmosphäre
aufsteigt. Unter dem geschmolzenen Silikatmantel befindet sich der Eisenkern.
Wie steht es nun mit der Verteilung des Wassers zwischen den Silikaten und dem
Eisen? Genau dies untersuchte Dorn zusammen mit Haiyang Luo und Jie Deng von der
amerikanischen Princeton University mithilfe von Modellrechnungen auf
der Basis der grundlegenden physikalischen Gesetze.
Um die Resultate zu erklären, muss Studienautorin Dorn etwas ausholen: "Der
Eisenkern bildet sich erst mit der Zeit. Anfänglich ist noch ein großer Anteil
Eisen in Form von Tröpfchen in der heißen Magmasuppe vorhanden." Das in der
Magmasuppe gelöste Wasser verbindet sich gerne mit diesen Eisen-Tröpfchen und
sinkt mit ihnen zum Kern. "Die Eisen-Tröpfchen verhalten sich wie ein Fahrstuhl,
der das Wasser nach unten bringt", erklärt Dorn. Bisher kannte man dieses
Verhalten nur für gemäßigte Drücke, wie sie auch in der Erde herrschen. Für
größere Planeten mit höheren Drücken im Innern wusste man nicht, was geschieht.
"Dies ist eines der wichtigsten Resultate unserer Studie", sagt Dorn: "Je
grösser der Planet und je mehr Masse damit vorhanden ist, umso mehr ist das
Wasser geneigt, mit den Eisen-Tröpfchen zum Kern zu sinken." Eisen kann unter
bestimmten Bedingungen bis zu 70-mal mehr Wasser aufnehmen als die Silikate. Das
Wasser kommt unter dem enormen Druck im Kern dann aber nicht mehr in Form von
Wassermolekülen vor, sondern als Wasserstoff und Sauerstoff.
Auslöser für diese Studie waren Untersuchungen zum
Wassergehalt der Erde, die vor vier Jahren zu einem überraschenden Resultat
kamen: Die Ozeane an der Erdoberfläche enthalten nur einen kleinen Teil der
gesamten Wassermenge unseres Planeten. Der Inhalt von mehr als 80 Erdozeanen
könnte im Erdinnern versteckt sein. Dies zeigen Simulationen, die berechneten,
wie sich das Wasser bei Bedingungen verhält, die auf der jungen Erde geherrscht
hatten. Experimente und seismologische Messungen sind damit vereinbar.
Die neuen
Erkenntnisse über die Wasserverteilung in Planeten haben drastische Auswirkung
auf die Interpretation astronomischer Beobachtungsdaten. Mit ihren Teleskopen im
All und auf der Erde können die Astronominnen und Astronomen unter bestimmten
Umständen messen, wie schwer und wie groß ein Exoplanet ist. Daraus erstellen
sie sogenannte Masse-Radien-Diagramme, aus denen sich Rückschlüsse auf die
Zusammensetzung des Planeten ziehen lassen. Ignoriert man dabei wie bisher die
Löslichkeit und Verteilung des Wassers, so unterschätzt man die Wassermenge
drastisch, bis zum Zehnfachen. "Planeten sind viel wasserreicher als bisher
gedacht", betont Dorn.
Die Wasserverteilung ist
auch wichtig, wenn man verstehen will, wie Planeten entstehen und sich
entwickeln. Das Wasser, das in den Kern gesunken ist, bleibt für immer dort
eingeschlossen. Das im Magma-Ozean des Mantels gelöste Wasser hingegen kann
während der Abkühlung des Erdmantels ausgasen und an die Oberfläche gelangen.
"Wenn man also Wasser in der Atmosphäre eines Planeten findet, dann gibt es
wahrscheinlich sehr viel mehr davon im Innern", erklärt Dorn.
Danach sucht das
James-Webb-Weltraumteleskop, das seit zwei Jahren Daten aus dem All zur Erde
sendet. Es kann Moleküle in der Atmosphäre von Exoplaneten aufspüren. "Nur die
Zusammensetzung der oberen Atmosphäre von Exoplaneten kann man direkt messen",
erklärt die Forscherin: "Wir wollen in unserer Gruppe die Verbindung von der
Atmosphäre zum tiefen Inneren der Himmelskörper machen." Besonders interessant
sind neue Daten des Exoplaneten namens TOI-270d. "Dort hat man Hinweise
gesammelt, dass es solche Interaktionen zwischen dem Magma-Ozean im Innern und
der Atmosphäre tatsächlich gibt", sagt Dorn, die an einer entsprechenden
Studie zu TOI-270d beteiligt war. Auf ihrer Liste von spannenden Objekten, die
sie näher untersuchen will, befindet sich auch der Planet K2-18b, der
Schlagzeilen machte, weil es darauf vielleicht Leben geben könnte.
Wasser gilt als eine der Voraussetzungen, dass sich Leben
entwickeln kann. Lange wurde über eine mögliche Bewohnbarkeit von wasserreichen
Supererden spekuliert, also von Planeten von der Größe einiger Erdmassen, deren
Oberfläche von einem tiefen, globalen Ozean bedeckt ist. Dann legten
Berechnungen nahe, dass zu viel Wasser lebensfeindlich sein könnte. Denn auf
diesen Wasserwelten würde am Übergang zwischen Ozean und Planetenmantel eine
Schicht von exotischem Hochdruckeis den Austausch lebenswichtiger Stoffe
verhindern, so die Argumentation.
Die neue Studie kommt nun zu einem anderen
Schluss: Welten mit tiefen Wasserschichten kommen wahrscheinlich nicht häufig
vor, da sich der Großteil des Wassers auf Supererden nicht wie bisher
angenommen auf der Oberfläche befindet, sondern im Kern eingeschlossen ist.
Daher könnten sogar Planeten mit einem relativ hohen Wasseranteil das Potenzial
haben, erdähnliche, lebensfreundliche Bedingungen zu entwickeln, vermuten die
Forschenden. Ihre Studie werfe damit ein neues Licht auf die mögliche Existenz
von wasserreichen Welten, die Leben beherbergen könnten, so das Fazit von Dorn
und ihren Kollegen.
Über die Ergebnisse berichtete das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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Ferne
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