Eine gut funktionierende Lageregelung ist für den Betrieb
von Satelliten entscheidend. An der Universität Würzburg wird gerade ein
Lageregler entwickelt, der mithilfe von Künstlicher Intelligenz funktioniert und
Satelliten selbstständig manövrieren soll. Getestet werden soll die neue
Technologie direkt im All - an Bord des Kleinsatelliten InnoCube.
Herzstück des neuen Lagereglers ist eine Künstliche Intelligenz, die am
Boden trainiert wird und später in der Erdumlaufbahn eigenständig
Lageänderungen des Satelliten vornehmen kann. Entwickelt wird sie an zwei
Informatik-Lehrstühlen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU)
mithilfe eines Verfahrens namens "Deep Reinforcement Learning".
"Dabei lassen wir unsere Künstliche Intelligenz mit einem Simulator
interagieren, der einen Satelliten im Orbit imitiert", erklärt Kirill Djebko,
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Wissenssysteme und
einer der beiden Teamleiter. "Die KI gibt diesem virtuellen Satelliten immer
wieder neue Steuersignale und lernt nach der Trial-and-Error-Methode aus dem
Ergebnis. Das geschieht so lange, bis sie verschiedene Einsatzszenarien
eigenständig fehlerfrei umsetzen kann", ergänzt Sergio Montenegro, Leiter
des Lehrstuhls für Luft- und Raumfahrtinformationstechnik, ebenfalls
Teamleiter.
Eine KI-basierte Lageregelung nach Würzburger Vorbild könnte die
Entwicklungszeit solcher Systeme künftig deutlich verkürzen und die Luft-
und Raumfahrttechnik dadurch bedeutend voranbringen. "Um einen Lageregler zu
produzieren, braucht es momentan noch umfangreiche Tests und
Anpassungsschleifen, die viel Zeit und personelle Ressourcen in Anspruch
nehmen", weiß Djebko. "Mithilfe eines selbstlernenden Algorithmus ließe sich
dieser Aufwand minimieren." Und noch einen weiteren Vorteil hat die
Würzburger Technologie: "Manchmal müssen Lageregler für Satelliten im Orbit
nachträglich kalibriert werden, weil sich die erwarteten Rahmenbedingungen
von den tatsächlichen unterscheiden oder sich physikalische Parameter
ändern", sagt Montenegro. "Bei herkömmlichen Reglern ist das insbesondere
durch den erwähnten Kalibrierungsprozess sehr umständlich – unsere KI könnte
auch dies beschleunigen."
Dass KI-basierte Lageregler dazu fähig sind, selbstständig mit derartigen
Anpassungen umzugehen, das haben die Forschenden bereits gezeigt: Im Rahmen
des Projekts "VeriKI" der Universität Würzburg, des Forschungszentrums
Informatik aus Karlsruhe und der Gerlich System and Software Engineering
entwickelten die Würzburger Informatiklehrstühle 2023 bereits einen simplen
KI-basierten Lageregler, der mit Variationen der Trägheitsmomente eines
Satelliten umgehen konnte und evaluierten diesen simulativ. Jetzt soll ein
KI-basierter Lageregler im Orbit an Bord eines echten Satelliten erprobt
werden.
Getestet wird der am Boden trainierte KI-Agent erstmals 2025 – und zwar
direkt in der Erdumlaufbahn an einem Kleinsatelliten namens InnoCube, der
von der Universität Würzburg in Kooperation mit der TU Berlin entwickelt
wurde und im Oktober 2024 starten soll. Er dient als Plattform für
wissenschaftliche Experimente sowie für technologische Demonstrationen im
All und wird den KI-Agenten beherbergen, sobald er seine Primärziele
abgeschlossen hat.
Startschuss für das Projekt LeLaR (kurz für: In-Orbit Demonstrator
Lernende Lageregelung) war der 1. Juli 2024. Gefördert wird es mit rund
430.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Projektträger ist die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt e. V..