In dieser Woche wird es ernst für Studierende der
Universität Stuttgart: Zwei ihrer Experimente sollen in dieser Woche auf einer
REXUS-Höhenforschungsrakete in die Schwerelosigkeit starten. Innerhalb weniger
Minuten möchten sie dann nachweisen, dass Pumpsysteme, die auf Ferrofluiden
basieren, leistungsstärker und wartungsärmer sind als herkömmliche
Raumfahrttechnologien.
Eine Expertenjury hatte entschieden: Das Team der studentischen
Kleinsatellitengruppe der Universität Stuttgart (KSat e.V.) ist eines von
acht europäischen Teams, das im Rahmen des REXUS/BEXUS-Programms (Rocket and
Balloon Experiments for University Students) zwei Experimente auf einer
REXUS-Höhenforschungsrakete durchführen darf. Der Flug der Rakete wird in
dieser Woche stattfinden, eine anschließende Bergung ist vorgesehen. Das
Projekt "Ferrofluid Application Study", kurz FerrAS, ist nach FARGO im
vergangenen Jahr und PAPELL 2018 das dritte auf Ferrofluiden basierende
Studierendenprojekt der Universität Stuttgart, das unter Weltraumbedingungen
getestet wird. Anders als bei den Vorgängern auf der Internationalen
Raumstation ISS gilt es dieses Mal, innerhalb weniger Minuten
Schwerelosigkeit die Experimente durchzuführen und Erkenntnisse zu gewinnen,
wie Flüssigkeit in der Schwerelosigkeit am besten transportiert werden kann.
"Nach über zwei Jahren Arbeit ist es einfach toll, das Experiment jetzt
am Weltraumbahnhof Esrange in Schweden auf die Reise zu schicken!", sagt
Christopher Vogt, Systemingenieur von FerrAS. "Im Rahmen des
REXUS/BEXUS-Programms können wir unsere Vision zur Entwicklung nachhaltiger
Pumpsysteme in Mikrogravitation testen und validieren." Der Transport von
Flüssigkeiten in Schwerelosigkeit beispielsweise für Kühlmittel, Treibstoffe
oder Gase ist eine technische Herausforderung. Konventionelle Pumpsysteme
können diese Aufgabe meistern, sind aber mechanisch komplex und anfällig für
Fehlfunktionen.
Das Projekt FerrAS könnte dafür mit seinen innovativen
Ferrofluid-Pumpsystemen für Mikrogravitationsumgebungen eine Lösung liefern:
Das interdisziplinäre Team von Studierenden aus sechs Studiengängen der
Universität Stuttgart wird im Höhenflug zwei neuartige Pumpkonzepte testen,
um die Effizienz und Langlebigkeit von Flüssigkeitsmanagementsystemen im
Weltraum zu verbessern. Ferrofluide, eine magnetische Flüssigkeit, haben
ideale Eigenschaften, um mechanischen Verschleiß zu minimieren.
Für die Verdrängerpumpe nutzt das Team Ferrofluid-beschichtete Magnete,
die als multifunktionale Komponenten agieren: Sie dienen als Triebkolben,
Dichtung, Schmiermittel und Ventil zugleich. Die Steuerung dieser Magnete
erfolgt durch externe Elektromagnete, die durch wellenförmige Ansteuerung
eine effektive Pumpbewegung erzeugen. Die neuartige Technik soll die
Zuverlässigkeit von Weltraumpumpsystemen enorm steigern. Die Linearpumpe,
das zweite Konzept des FerrAS-Projekts, könnte die Feinjustierung der
Lageregelung von Kleinsatelliten revolutionieren. Sie nutzt ein Reservoir
von Ferrofluid, das durch Permanentmagnete fixiert ist. Quer verbaute
Elektromagnete erzeugen eine magnetische Welle und damit eine Welle im
Ferrofluid selbst, welches das nicht-magnetische Arbeitsmedium – hier
Wasser-Ethanol – antreibt. So entsteht ein Flüssigkeitskreislauf, der ganz
ohne mechanisch oszillierende Elemente zielgerichtet und vibrationsarm
Drehmomente erzeugt.
Seit 2017 erforscht das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der
Universität Stuttgart Ferrofluide. Das PAPELL-Experiment demonstrierte
erstmals die Steuerung von Ferrofluidbewegungen in Mikrogravitation mittels
Magnetfeldern. Diese Erkenntnisse führten zur Entwicklung von Technologien,
die mechanische Komponenten durch langlebigere ferrofluidische Lösungen
ersetzen. Das nachfolgende FARGO-Experiment testete erfolgreich
ferrofluidische Systeme auf der ISS, darunter Kreisel- und Schaltersysteme.
Wie beim FARGO-Experiment spielt auch im FerrAS-Projekt Stuttgarter Gin
eine besondere Rolle. Die Arbeitsflüssigkeit, eine Mischung aus Ethanol und
Wasser, erweist sich für das verwendete Ferrofluid als ideale Kombination.
Zusätzlich wird ein kleiner, versiegelter Container mit Gin als
Referenzflüssigkeit an Bord sein. Diese einzigartige Beigabe unterstreicht
nicht nur die kreative Verbindung von Wissenschaft und regionalen
Besonderheiten, sondern dient auch wissenschaftlichen Vergleichszwecken im
Rahmen des Experiments. "Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse der
Pumpen und freuen uns als Team auf die gemeinsame Zeit und natürlich den
Raketenstart in Schweden", sagt Bahar Karahan, Chefin des Wissenschaftsteams
von FerrAS.