Präzises Modell für aufeinandertreffende Schwarze Löcher
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Humboldt Universität Berlin astronews.com
28. Juni 2024
Ein internationales Forschungsteam hat jetzt die Dynamik
aufeinandertreffender Schwarzer Löcher mit bisher unerreichter mathematischer
Präzision beschrieben. Die jetzt veröffentlichte Studie liefert neue Einblicke
in die gravitativen Wechselwirkungen zwischen diesen Objekten und erlaubt eine
präzisere Vorhersage der dabei ausgesandten Gravitationswellen.
Visualisierung der
Gravitationswellenform bei der Streuung zweier
Schwarzer Löcher.
Bild: Jan Plefka [Großansicht] |
Schwarze Löcher sind die Objekte mit der höchsten Massendichte in unserem
Universum. Ihre gravitative Kraft ist so groß, dass selbst Licht nicht
entweichen kann. Wenn sich die Schwarzen Löcher aufeinander zubewegen, werden
Gravitationswellen emittiert - ein Phänomen, das Albert Einstein bereits 1915 in
seiner Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben hat und das an
Gravitationswellendetektoren wie dem Laser Interferometer Gravitational-Wave
Observatory, kurz LIGO, in den USA auch schon beobachtet wurde.
Das Team von Physikern von der Humboldt-Universität in Berlin, dem
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam und dem CERN in der Nähe
von Genf hat nun die Streuung zweier Schwarzer Löcher und die durch die
Anziehungskraft zwischen beiden Massen entstehenden Wechselwirkungen hochpräzise
berechnet. Dafür haben sie Methoden aus der Quantenfeldtheorie und der
Teilchenphysik auf das klassische Zwei-Körper-Problem der Physik übertragen. Mit
dieser Vorgehensweise, die modernste mathematische Integrationstechniken und
Hochleistungsrechner erforderte, konnten sie eine ganz neue Ebene der Präzision
erreichen.
"Die Lösung dieses Problems markiert eine neue Grenze für
Mehrschleifen-Berechnungen und effektive Feldtheorie-Techniken", sagt Jan Plefka,
Leiter der Arbeitsgruppe Quantenfeld- und Stringtheorie am Institut für Physik
der Humboldt Universität. "Wir mussten jeden Aspekt optimieren, von der
Erzeugung des Integranden bis hin zur Entwicklung neuer Integrationsmethoden",
ergänzt Benjamin Sauer, Doktorand in Plefkas Arbeitsgruppe. Insgesamt mussten
etwa fünfhunderttausend 16-dimensionale Integrale, die den Streuwinkel
beschreiben, auf 470 Masterintegrale reduziert werden, die dann berechnet
wurden.
Mit ihren Berechnungen haben die Physiker eine näherungsweise Lösung des
fundamentalen Zwei-Körper-Problems geliefert und zugleich die Grundlage für
fortgeschrittene Gravitationswellenmodelle gelegt, die für Detektoren der
nächsten Generation benötigt werden – so wie für die Laser Interferometer
Space Antenna, LISA, einen Gravitationswellendetektor, den die europäische
Weltraumorganisation ESA im All aufbauen will. Die höhere Präzision wird extrem
genaue Tests der Einsteinschen Theorie und neue Einblicke in die Kern- und
Gravitationsphysik von Doppelsystemen rotierender Schwarzer Löcher ermöglichen.
"Unsere Ergebnisse bringen die Vorhersage von Gravitationswellen, die von
Begegnungen zweier Schwarzen Löchern ausgehen, auf eine noch nie dagewesene
Genauigkeit", unterstreicht auch Dr. Gustav Uhre Jakobsen, wissenschaftlicher
Mitarbeiter in Plefkas Arbeitsgruppe. "Dies eröffnet brillante neue
Möglichkeiten, um Aussagen zu fundamentalen Fragen der Physik aus künftigen
Gravitationswellenbeobachtungen zu extrahieren."
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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