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AKTIVE GALAXIEN
Ein supermassereiches Schwarzes Loch erwacht
von Stefan Deiters
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25. Juni 2024

Lange Zeit war SDSS1335+0728 eine unscheinbare Galaxie im Sternbild Jungfrau, bis sie vor mehr als vier Jahren plötzlich heller zu leuchten begann als jemals zuvor. Neue Beobachtungen und die Auswertung von Archivmaterial deuten darauf hin, dass das zentrale Schwarze Loch in dem System gerade aufgewacht ist und Material aus seiner Umgebung verschlingt.

SDSS1335+0728

Künstlerische Darstellung der Galaxie SDSS1335+0728, die im Kernbereich seit 2019 deutlich heller geworden ist. Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht]

"Stellen Sie sich vor, Sie haben jahrelang eine ferne Galaxie beobachtet, und sie war immer ruhig und inaktiv", erzählt ESO-Astronomin Paula Sánchez Sáez. "Plötzlich zeigen sich dann im Zentrum dramatische Helligkeitsänderungen, die anders aussehen als andere typische Ereignisse, die man bislang beobachtet hat." Genauso erging es den Astronominnen und Astronomen bei Beobachtungen der Galaxie SDSS1335+0728, die rund 300 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Jungfrau liegt. Bis 2019 erschien dieses System unspektakulär zu sein, doch dann nahm die Helligkeit dramatisch zu, so dass SDSS1335+0728 inzwischen als "aktiver galaktischer Kern" (AGN) klassifiziert wurde. Man geht also davon aus, dass das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum gerade in größerem Umfang Material verschlingt. Dieses Material heizt sich vor dem Verschwinden in dem Schwarzen Loch auf hohe Temperaturen auf und sorgt so für die beobachtete Helligkeit.

Natürlich können für das plötzliche Aufleuchten einer Galaxie auch andere Phänomene verantwortlich sein - etwa Supernova-Explosionen oder ein Stern, der dem Schwarzen Loch zu nahe kommt und auseinandergerissen wird. Aber diese Helligkeitsschwankungen dauern in der Regel nur einige Wochen oder maximal ein paar hundert Tage. Bei SDSS1335+0728 ist das anders: Die Galaxie wird auch heute noch heller - mehr als vier Jahre, nachdem zum ersten Mal auffiel, dass sich bei ihr etwas verändert. Darüber hinaus unterscheiden sich die Variationen, die man in SDSS1335+0728 beobachtet hat deutlich von bisher bekannten Helligkeitsschwankungen.

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 Um herauszufinden, was für diese Veränderungen verantwortlich ist, wertete das Team neue Beobachtungen und Archivmaterial der Galaxie aus und stellte dabei fest, dass SDSS1335+0728 aktuell viel mehr Licht bei ultravioletten, optischen und infraroten Wellenlängen abstrahlt als zuvor. Die Galaxie begann zudem im Februar 2024 auch Röntgenstrahlung zu emittieren. "Dieses Verhalten ist bislang ohne Beispiel", unterstreicht Sánchez Sáez. "Die naheliegendste Möglichkeit, dieses Phänomen zu erklären, ist, dass wir gerade verfolgen können, wie der Kern der Galaxie beginnt, Aktivität zu zeigen", meint Lorena Hernández García vom Millennium Institute of Astrophysics und der Universität Valparaíso in Chile. "Wenn das so ist, wäre es das erste Mal, dass wir die Aktivierung eines massereichen Schwarzen Lochs in Echtzeit sehen."

Massereiche Schwarze Löcher haben Massen von hunderttausend Sonnenmassen und mehr und finden sich in praktisch allen Galaxien, auch in unserer Milchstraße. Normalerweise bekommt man davon allerdings nichts mit, da diese Schwarzen Löcher nicht aktiv sind und damit nicht direkt sichtbar. "Im Fall von SDSS1335+0728 konnten wir das Erwachen des massereichen Schwarzen Lochs beobachten, das plötzlich anfing, sich an dem in seiner Umgebung verfügbaren Gas zu laben und sehr hell wurde," so Claudio Ricci von der Universität Diego Portales in Chile.

Dass einmal inaktive Galaxien plötzlich aktiv werden, hat man schon früher beobachten können, allerdings war es bislang nicht gelungen, die Phase des "Erwachens" des Schwarzen Lochs zu verfolgen. Es sind noch weitere Beobachtungen nötig, um sich ganz sicher zu sein und mögliche weitere Erklärungen auszuschließen. Helfen könnten hier zusätzliche Daten des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte oder auch Beobachtungen mit dem Extremly Large Telescope, das gerade in der Nähe des Very Large Telescope entsteht. 

Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.

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siehe auch
Quasare: Entferntester Quasar im jungen Universum - 8. März 2021
Aktive Galaxien: Ein Quasar wird geboren - 28. September 2012
 
Links im WWW
Sánchez-Sáez, P. et al. (2024): SDSS1335+0728: The awakening of a ~10^6 M_sun black hole, A&A, https://doi.org/10.1051/0004-6361/202347957
ESO
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