Theorie und Experiment nehmen starke Wechselwirkung gemeinsam ins Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
3. Juni 2024
Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen experimenteller und
theoretischer Forschung soll im Rahmen eines neuen Sonderforschungsbereichs an
der Universität Mainz versucht werden, eine der vier Grundkräfte der Physik, die
starke Wechselwirkung, genauer zu erforschen. Insbesondere will man nach
Phänomenen jenseits des Standardmodells fahnden.
Die starke
Wechselwirkung ist eine der Fundamentalkräfte der Physik.
Bild: NASA, ESA, G. Illingworth, D. Magee und
P. Oesch (University of California, Santa Cruz),
R. Bouwens (Leiden University) und das
HUDF09-Team [Großansicht] |
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat in der vergangenen Woche die
Einrichtung eines neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) an der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU) bewilligt. Der SFB 1660 "Hadrons and Nuclei as
Discovery Tools" ("Hadronen und Kerne als Entdeckungsinstrumente") zielt darauf ab, die starke Wechselwirkung
besser zu verstehen. Die starke Wechselwirkung ist eine der vier Grundkräfte der
Physik. Mit ihr wird die Bindung zwischen den Quarks in den Hadronen, also etwa
in Neutronen und Protonen, erklärt. Die Forschenden wollen dabei einige grundlegende Fragen beantworten: Welche physikalischen Phänomene
treten jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik auf und wie lassen sie
sich messen und beschreiben? Sprecherin und Sprecher des neuen
Sonderforschungsbereichs sind Prof. Dr. Concettina Sfienti (Experiment) und
Prof. Dr. Marc Vanderhaeghen (Theorie) vom Institut für Kernphysik der JGU.
Der
SFB 1660 gliedert sich in drei Forschungssäulen: In der ersten Säule wird mit
Experimenten bei niedrigen Energien und hohen Intensitäten nach neuen Teilchen
(z. B. Teilchen der Dunklen Materie) und Wechselwirkungen jenseits des
Standardmodell gesucht und die Ergebnisse mittels Gitter-QCD interpretiert. Die zweite Säule
untersucht die Schnittstelle zwischen Hadronen- und Kernphysik durch
Spektrometrie-Experimente, Elektronen- und Photonen-Streuexperimente und
hochpräzise Berechnungen, die die Interpretation von Neutrino-Experimenten und
die Beschreibung von muonischen Atomen verbessern werden.
Die dritte Säule
konzentriert sich auf die Erforschung der nuklearen Astrophysik und der
Multi-Messenger-Astronomie mit einer neuen Generation von
Hochpräzisionsexperimenten in der Niederenergie-Kernphysik, die mit modernsten
theoretischen Berechnungen unter Verwendung effektiver Feldtheorien kombiniert
werden.
Stärken des SFB 1660 sind, neben der Nutzung erstklassiger
Infrastruktur, die enge Zusammenarbeit zwischen experimenteller und
theoretischer Forschung und die intensive Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses. Die Forschung wird an hochmodernen Einrichtungen wie den MAMI- und
MESA-Beschleunigern auf dem Campus der JGU sowie mithilfe externer
Infrastrukturen von internationalen Partnerinstitutionen wie dem
Paul-Scherrer-Institut oder dem Beijing Spectrometer III durchgeführt.
Der Teilchenbeschleuniger MESA ("Mainz Energy-Recovering Superconducting Accelerator")
ist eine einzigartige Anlage, die eine Vielzahl neuer Möglichkeiten für die
physikalische Grundlagenforschung bietet. Sie arbeitet nach dem innovativen
Konzept der Energierückgewinnung: Nach der Wechselwirkung mit einem gasförmigen
Target durchläuft der Elektronenstrahl erneut die supraleitenden Hohlräume und
gibt dabei seine kinetische Energie an das Magnetfeld zurück.
Die MESA-Anlage mit dem Beschleuniger und den integrierten Experimenten
erstreckt sich über mehrere unterirdische Gebäude, darunter die neue
Experimentierhalle des Centrums für Fundamentale Physik (CFP). Ihre Errichtung
wurde im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA+ ermöglicht.
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