Erstes Leben durch natürliches Recycling von Molekülen?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München astronews.com
27. März 2024
Die chemischen Eigenschaften von RNA-Molekülen könnten entscheidend für die
Entstehung von Leben auf der jungen Erde gewesen sein. Laborexperimente haben
jetzt gezeigt, dass insbesondere ihre natürliche Recycling-Fähigkeit
ausschlaggebend gewesen sein könnte, um Leben aus einer einfachen und kalten
präbiotischen Ursuppe aus RNA-Bausteinen entstehen zu lassen.
Wie entstand das Leben auf der jungen Erde?
Am Anfang standen wohl RNA-Moleküle.
Bild: Simone Marchi / NASA [Großansicht] |
Wie konnte sich komplexes Leben auf der unwirtlichen frühen Erde entwickeln?
Am Anfang stand wohl die Ribonukleinsäure (RNA) als Träger erster
Erbinformationen. Um Komplexität in ihren Sequenzen aufzubauen, müssen diese
Biomoleküle Wasser abscheiden. Auf einer frühen Erde, die größtenteils mit
Meerwasser bedeckt war, war das allerdings gar nicht so einfach. In einer
kürzlich veröffentlichten Studie haben Forschende aus dem Team von Dieter Braun,
Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gezeigt, dass beim Ringen der RNA gegen das
Umgebungswasser ihre natürliche Recycling-Fähigkeit und die richtigen
Umgebungsbedingungen ausschlaggebend gewesen sein könnten.
"Die Bausteine der
RNA stoßen mit jeder Verknüpfung ein Wassermolekül ab, wenn die RNA-Kette sich
verlängert", erklärt Braun, der auch Sprecher des Sonderforschungsbereichs "Molecular Evolution in Prebiotic Environments" und Koordinator im
Exzellenzcluster ORIGINS ist. "Wenn dem RNA-Molekül umgekehrt Wasser hinzugefügt
wird, werden die RNA-Bausteine wieder in den präbiotischen Pool eingespeist."
Diese Umschichtung von Wasser funktioniert besonders gut unter salzarmen
Bedingungen bei hohem pH-Wert.
"Unsere Experimente deuten darauf hin, dass das
Leben aus einem sehr kleinen Set von Molekülen entstehen konnte, unter
Bedingungen, wie sie auf vulkanischen Inseln der frühen Erde vorkamen", sagt
Adriana Serrão, Leiterin der Studie. Unter diesen Bedingungen hat die RNA
nämlich die Fähigkeit, sich zu spalten, ohne ein Wassermolekül hinzuzufügen. Das
Ende des RNA-Strangs bleibt wasserfrei und kann spontan neue RNA-Bindungen
eingehen. Im Labor der Arbeitsgruppe von Braun konnte man zeigen, dass das Wiederverbinden dieser
abgespaltenen RNA effizient und bemerkenswert präzise beim Kopieren der
Sequenzinformation funktioniert.
Dieser Prozess findet nur statt, wenn die
RNA-Bausteine an ein Vorlagen-RNA-Molekül mit genau aufeinander abgestimmten
Basenpaaren in einer doppelsträngigen Konfiguration gebunden sind. Das erzeugt
eine Kopie des bereits existierenden RNA-Strangs, bevor dieser durch die Zugabe
von Wasser wieder zerfällt. Bisher war angenommen worden, dass RNA sich nur
selbst kopieren kann, indem sie 'zufällig' eine etwa 200 Nukleotide lange
Sequenzen aufbaut - sogenannte Ribozyme - welche aber nur in salzreichen und
somit RNA-unfreundlichen Umgebungen operieren können. Die Ergebnisse der
Forschenden machen diese komplexen Ribozym-Sequenzen in den frühen Stadien der
RNA-Evolution jedoch überflüssig.
"Die Präzision ist vergleichbar mit dem
Kopieren von RNA durch Ribozyme", sagt Sreekar Wunnava, der auch maßgeblich
an der
Studie beteiligt war. "Das bedeutet, dass eine RNA-Welt entstehen kann, ohne dass zuvor lange
komplexe Sequenzen erzeugt werden müssen". Das frühe Leben war demnach ein sehr
einfacher Stoffwechsel, bei dem RNA-Sequenzen durch kontinuierliches Ersetzen
mit recycelten Molekülen kopiert wurden. Alles, was es dazu braucht, ist eine
alkalische Süßwasserumgebung, wie sie man sie auch heute noch auf vulkanischen
Inseln wie Hawaii oder Island findet.
"Das Leben könnte also aus einer einfachen
und kalten präbiotischen Ursuppe aus RNA-Bausteinen entstanden sein", erklärt
Braun. Unter diesen Umständen finden die Reaktionen zwar noch sehr langsam statt
und benötigen einige Tage, um abgeschlossen zu werden. Zeit war jedoch am Anfang
der Evolution reichlich vorhanden und die kalten Süßwasser-Refugien auf
urzeitlichen Vulkaninseln ermöglichten es der RNA auf der ansonsten unwirtlichen
frühen Erde zu überleben.
Die Studie des Teams wurde jetzt in der Fachzeitschrift Journal of the
American Chemical Society veröffentlicht.
|