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Detaillierter Blick auf 19 nahe Spiralgalaxien
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
31. Januar 2024
Die Forschungskollaboration PHANGS hat jetzt neue Bilder von
19 nahen Galaxien veröffentlicht, die mit dem James Webb Space Telescope
aufgenommen wurden. Sie geben einen detaillierten Einblick in die Verteilung der
Sterne und des Materials, aus dem sie entstehen. Die Daten sind für die
astronomische Forschung ab sofort frei zugänglich.
Blick auf die 19 nahegelegenen
Spiralgalaxien, die mit dem Weltraumteleskop James Webb
beobachtet wurden.
Bild:
NASA, ESA, CSA, STScI, Janice Lee (STScI), Thomas Williams
(Oxford), PHANGS Team [Großansicht] |
Spiralgalaxien sind faszinierende Objekte: Sie verfügen nicht nur über oft
bis in die Zentren reichende Spiralarme, sondern auch über
Sternentstehungsgebiete, alte Sternhaufen, Staubbänder und manchmal aktive
supermassereiche Schwarze Löcher. Ihre genauen Strukturen zu erkennen, ist im
sichtbaren Bereich des Lichts nicht immer einfach. Da hat es das
Weltraumteleskop James Webb (JWST) leichter, das detailreiche Bilder
dieser Objekte im nahen und mittleren Infrarot macht. James Webb
beteiligt sich auch am Projekt PHANGS (Physics at High Angular Resolution in
Nearby GalaxieS) und 19 Bilder nahegelegener Galaxie von James Webb,
die im Rahmen von PHANGS gewonnen wurden, sind nun veröffentlicht worden. An
PHANGS sind mehr als 150 Astronominnen und Astronomen weltweit beteiligt.
Bereits vor den Aufnahmen mit James Webb sammelte PHANGS viele Daten
mit dem Weltraumteleskop Hubble (HST), dem Multi-Unit Spectroscopic
Explorer (MUSE) Instrument des Very Large Telescope (VLT) und dem
Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einschließlich
Beobachtungen im ultravioletten, sichtbaren und Radiobereich. Die Beiträge von
James Webb im nahen und mittleren Infrarot haben nun einige neue
wichtige Informationen geliefert: "Die neuen Webb-Bilder sind außergewöhnlich",
freut sich Janice Lee, Projektwissenschaftlerin für strategische Initiativen am
Space Telescope Science Institute in Baltimore in den USA. "Sie sind
selbst für diejenigen Forscher überwältigend, die sich seit Jahrzehnten mit
Galaxien beschäftigen. Sie zeigen Details von Blasen und Filamenten bis in die
kleinsten jemals beobachteten Größenordnungen und erzählen eine Geschichte über
den Zyklus der Sternentstehung."
Als die Bilder eintrafen, gab es im Team schnell Begeisterung: "Ich habe den
Eindruck, dass unser Team ständig von der Detailfülle dieser Bilder überwältigt
ist – im positiven Sinne", fügt Thomas Williams, Postdoktorand an der
Universität Oxford im Großbritannien und ehemaliger Postdoktorand am
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA), hinzu. Die Near-Infrared Camera
(NIRCam) von James Webb hat auf diesen Bildern Millionen von in
verschiedenen Blautönen schimmernde Sternen eingefangen. Einige davon sind in
den Spiralarmen verteilt, andere wiederum liegen in Sternhaufen dicht
beieinander. Die Daten des Mid-Infrared Instrument (MIRI) des Teleskops
heben leuchtenden Staub hervor und zeigen, wo er sich hinter, um und zwischen
den Sternen befindet.
Außerdem werden Sterne sichtbar, die sich bisher nicht vollständig entwickelt
haben – sie sind noch von Gas und Staub umhüllt - Material, das sie für ihr
weiteres Wachstum nutzen. Sie erscheinen wie helle, rote Perlen an den Spitzen
der staubigen Kuppen. "Hier finden wir die jüngsten, massereichsten Sterne in
den Galaxien", sagt Erik Rosolowsky, Physikprofessor an der University of
Alberta im kanadischen Edmonton. "Wir sind stolz darauf, zu dem
überwältigenden Erfolg von MIRI beigetragen zu haben. Diese wunderbaren Bilder
sind der Lohn für jahrzehntelange harte Arbeit", sagt Oliver Krause vom MPIA. Er
leitet die Forschungsgruppe für Infrarot-Weltraumastronomie am MPIA und ist
verantwortlich für die technischen Beiträge des Instituts zum JWST.
Die Bilder des JWST zeigen außerdem große, kugelrunde Löcher in Gas und
Staub. "Diese Hohlräume könnten von einem oder mehreren explodierten Sternen
stammen, die riesige Löcher in das Material zwischen den Sternen gerissen
haben", erklärt Adam Leroy, Professor für Astronomie an der Ohio State
University in den USA. "Wir sehen diese Spuren nur auf den Bildern des
JWST." Auf den Bildern sind außerdem rot und orange erscheinende Gasregionen zu
sehen. "Diese Strukturen neigen dazu, in bestimmten Teilen der Galaxien dem
gleichen Muster zu folgen", so Rosolowsky. "Wir können sie uns wie Wellen
vorstellen. Ihre Abstände sagen uns viel darüber, wie eine Galaxie ihr Gas und
ihren Staub verteilt." Die Erforschung dieser Strukturen wird entscheidende
Erkenntnisse darüber liefern, wie Galaxien Sternentstehung einleiten,
aufrechterhalten und unterbinden.
Die Astronomie geht davon aus, dass Galaxien von innen nach außen wachsen:
Die Sternentstehung beginnt im Zentrum der Galaxie und breitet sich entlang
ihrer Arme spiralförmig von dort aus. Je weiter ein Stern vom galaktischen
Zentrum entfernt ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er auch jünger ist. Im
Gegensatz dazu bestehen die Bereiche in der Nähe der Kernregionen, die eher
bläulich erscheinen, aus älteren Sternen. Es finden sich allerdings auch
Galaxienkernen, die mit rosa-roten Beugungsstrahlen durchsetzt sind. Sie
entstehen, wenn Licht von hellen und kompakten Objekten in das Teleskop eintritt
und auf Strukturen wie die Sekundärspiegelhalterung trifft. "Das ist ein klares
Zeichen für ein aktives supermassereiches Schwarzes Loch", sagt Eva Schinnerer,
Forschungsgruppenleiterin am MPIA und Leiterin der PHANGS-Kollaboration. "Oder
die Sternhaufen im Zentrum sind so hell, dass sie diesen Bereich des Detektors
gesättigt haben."
Die PHANGS-Daten sind ein wahrer Schatz für die Astronomie. Das zeigt sich
allein schon an der beispiellosen Anzahl von Sternen, die mit dem JWST aufgelöst
wurden. "Sterne können Milliarden von Jahren alt werden", erklärt Leroy. "Durch
genaues Katalogisieren aller Arten von Sternen können wir einen zuverlässigeren,
ganzheitlichen Überblick über ihre Lebenszyklen gewinnen." Das PHANGS-Team hat
nicht nur die neuen Bilder, sondern auch den bisher größten Katalog von rund
100.000 Sternhaufen herausgegeben. "Die schiere Zahl an Auswertungen, die mit
diesen Bildern möglich sind, übersteigt bei Weitem die Fähigkeiten unseres
Teams", betont Rosolowsky und hofft, dass auch andere Wissenschaftler sich an
der Analyse der Daten beteiligen, die für die astronomische Forschung nun frei
zugänglich sind.
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