Die Atmosphäre des Gasriesen WASP-189b
Redaktion
/ Pressemitteilung des Institute of Science and Technology Austria astronews.com
19. Dezember 2023
Mithilfe des Minisatelliten CUTE versuchen Forschende seit zwei Jahren mehr über
die Atmosphären von heißen Gasriesen um andere Sterne herauszufinden. Nun konnte
ein internationales Team erste Ergebnisse vorstellen. Danach sind die fernen
Welten teils noch extremer als man vermutet hatte und scheinen zudem sehr
unterschiedlich zu sein.
Künstlerische Darstellung des Satelliten
CUTE im Erdorbit.
Bild: LASP/UCB [Großansicht] |
Das Colorado Ultraviolet Transit Experiment (CUTE) wurde im
September 2021 gestartet, um die oberen Atmosphären von extrasolaren Planeten zu
untersuchen. Zwei Jahre später wurden nun die ersten Messergebnisse über
WASP-189b, einen der heißesten, bisher bekannten Exoplaneten, präsentiert. Das
Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften ist der wichtigste nicht-amerikanische Partner der Mission und
leitete die jetzt veröffentlichte Studie.
Der Satellit CUTE ist ungefähr so groß wie ein Schuhkarton (30 mal 20 mal 10
Zentimeter), aber nur von den Abmessungen her "niedlich", im Inneren des
Satelliten steckt Hightech vom Feinsten. CUTE ist die erste von der NASA
finanzierte CubeSat-Mission, die einen Blick auf ferne Welten außerhalb unseres
Sonnensystems wirft, um die Leistungsfähigkeit dieser kleinen Raumfahrzeuge zu
testen. "Obwohl es Anfangsschwierigkeiten gab, können sich die Resultate sehen
lassen", zeigt sich IWF-Gruppenleiter Luca Fossati begeistert.
Nach einer perfekten ersten Woche im All, begann CUTE plötzlich Problem zu
machen. Beim erstmaligen Einschalten des Instruments funktionierte dieses
einwandfrei. Nach 40 Minuten ging der Satellit jedoch in den Safe-Mode über.
Auslöser dafür war die Verschlussblende der Kamera, die einen Kurzschluss
verursacht hatte. Die einzige Lösung war, die Blende ständig offen zu halten.
"Diese Pannen sind bei Kleinsatelliten keine Seltenheit, da mit ihnen vielfach
Technologie getestet wird, die noch nie zuvor ins All geflogen ist", erläutert
Fossati. "Seither funktioniert CUTE einwandfrei und hat die nominelle
Missionsdauer bereits um ein Jahr überschritten."
CUTE befasst sich mit einem besonders heißen Thema der Astrophysik. Der
Minisatellit hat sein Ultraviolett-Teleskop auf eine Reihe von "heißen Jupitern"
gerichtet, die teilweise Hunderte von Lichtjahren von der Erde entfernt sind.
Diese Exoplanetengattung gehört zu den heißesten und unwirtlichsten Gesellen in
der Galaxie. Wie ihr Name schon sagt, sind sie Gasriesen wie der Jupiter in
unserem Sonnensystem. Allerdings sind sie viel näher an ihrem Mutterstern und
vollziehen etwa alle paar Erdtage einen kompletten Umlauf. Dabei erhitzt der
Stern die heißen Jupiter auf Tausende von Grad Celsius und ihre Atmosphären
schwellen zu enormer Größe an. CUTEs Missionsziel ist es herauszufinden, wie die
Atmosphären dieser und zahlreicher anderer exotischer, ferner Welten in den
Weltraum entweichen.
Forschende vermuten schon seit langem, dass dieser ständige Druck der
stellaren Strahlung die Atmosphären einiger Exoplaneten über Millionen bis
Milliarden von Jahren abtragen könnte. Die Daten von CUTE deuten darauf hin,
dass der Prozess möglicherweise nicht so einfach ist. Das CUTE-Team hat bisher
sieben heiße Jupiter beobachtet und dabei festgestellt, dass einige von ihnen
ihre Atmosphären zu verlieren scheinen, andere jedoch nicht.
Einer der aufregendsten Planeten, die CUTE in den ersten zwei Jahren
untersucht hat, war WASP-189b. Dieser Planet umkreist einen Stern im Sternbild
Waage, der mehr als 300 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Er hat eine Masse,
die fast doppelt so groß ist wie die des Jupiters. Aber WASP-189b kreist auch
viel näher an seinem Mutterstern - so nah, dass die Temperaturen seiner oberen
Atmosphäre 15.000 Grad Celsius erreichen, wie aus den Messdaten von CUTE
hervorgeht. Damit ist die Temperatur deutlich höher, als Modellrechnungen
vorhergesagt haben. Durch die Nähe zu seinem Stern, der mehr als 2000 Grad
Celsius heißer als unsere Sonne ist, erhält WASP-189b eine enorme
Strahlungsmenge, die mit der Zeit ihren Tribut vom Planeten fordert. Bei diesen
Temperaturen beginnen sich die Atmosphären heißer Jupiter auszudehnen.
Die Beobachtungen von CUTE deuten darauf hin, dass WASP-189b etwa 400
Millionen Kilogramm Masse pro Sekunde verliert. Die Ausdehnung ist so stark,
dass auch schwere Elemente in die obere Atmosphäre gelangen können, die mit CUTE
sichtbar gemacht wurden. "Wir konnten im Spektrum eindeutig Eisen und Magnesium
nachweisen", so Fossati. CUTE ist neben Hubble das einzige Teleskop,
das diese Art von Spektraldaten derzeit liefern kann. Die Daten sollen der
Astronomie nicht nur viel über heiße Jupiter, sondern allgemein über die
Entwicklung der gesamten Bandbreite der in der Galaxie existierenden Planeten
verraten. Dazu gehören auch kleine und felsige Welten wie die Erde und ihre
nahen Nachbarn. Der Mars beispielsweise hat im Laufe von fast drei Milliarden
Jahren ebenfalls einen Großteil seiner Atmosphäre verloren.
"CUTE soll uns helfen herauszufinden, warum manche Planeten große Teile ihrer
Atmosphäre verlieren, während andere weitgehend unverändert bleiben, und die
Frage klären, welchen besonderen Platz die Erde in der Galaxie einnimmt", betont
Fossati. CUTE wurde am Laboratory for Atmospheric and Space Physics
(LASP) der University of Colorado im US-amerikanischen Boulder
entwickelt und gebaut. Das IWF lieferte den Datensimulator und die
Datenreduktions-Pipeline und entwickelte die Software für die Datenanalyse.
Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
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