Neue Plasmainstabilität entdeckt
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
14. Dezember 2023
Mithilfe numerischer Simulationen haben Forschende aus Potsdam eine neue
Plasmainstabilität entdeckt, die das Verständnis des Ursprungs der kosmischen
Strahlung und ihrer dynamischen Auswirkungen auf Galaxien revolutionieren
könnte. Die Entdeckung erklärt zudem, warum Supernovaüberreste in bestimmten
Wellenlängenbereichen leuchten.
Simulation der kosmischen Strahlung, die
durch ein Hintergrundplasma strömt und eine Plasmainstabilität
anregt.
Bild: Shalaby / AIP [Großansicht] |
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts entdeckte Victor Hess ein neues Phänomen,
die kosmische Strahlung, für das er Jahre später den Nobelpreis erhielt. Er
führte Ballonflüge in großer Höhe durch und stellte fest, dass nicht die
Radioaktivität vom Erdboden die Atmosphäre ionisiert, sondern der Ursprung der
Ionisation außerhalb der Erde liegt. In den folgenden Jahren wurde festgestellt,
dass kosmische "Strahlen" aus geladenen Teilchen aus dem Weltall bestehen, die
fast so schnell wie das Licht sind, und keine Strahlung darstellen. Der Name
"kosmische Strahlung" überdauerte diese Erkenntnisse jedoch.
In einer jetzt vorgestellten Studie haben Dr. Mohamad Shalaby,
Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und seine
Kolleginnen und Kollegen numerische Simulationen durchgeführt, um die Flugbahnen
vieler Teilchen der kosmischen Strahlung zu verfolgen und zu untersuchen, wie
diese mit dem sie umgebenden Plasma aus Elektronen und Protonen wechselwirken.
Als die Forschenden kosmische Strahlen analysierten, die von einer Seite der
Simulation zur anderen flogen, entdeckten sie ein neues Phänomen, das
elektromagnetische Wellen im Hintergrundplasma anregt. Diese Wellen üben eine
Kraft auf die kosmischen Strahlen aus, die ihre Flugbahnen verändert.
Dieses neue Phänomen lässt sich am einfachsten verstehen, wenn man die
kosmischen Strahlen nicht als einzelne Teilchen betrachtet, sondern als
elektromagnetische Welle, in welcher diese kosmischen Teilchen gemeinsam
schwingen. Indem diese Welle mit den Eigenschwingungen im Hintergrund
wechselwirkt, werden sie verstärkt und es findet ein Energieübertrag statt.
"Diese Erkenntnis erlaubt es uns, die kosmische Strahlung in diesem Zusammenhang
als Strahlung und nicht als einzelne Teilchen zu betrachten, so wie es
ursprünglich von Victor Hess angenommen wurde", bemerkt Professor Christoph
Pfrommer, Leiter der Abteilung Kosmologie und Hochenergie-Astrophysik am AIP.
Eine gute Analogie für das Verhalten sind einzelne Wassermoleküle, die
gemeinsam eine Welle bilden, die sich am Ufer bricht. "Dieser Fortschritt kam
nur durch die Berücksichtigung kleinerer Skalen zustande, die bisher übersehen
wurden, und stellt die Verwendung effektiver hydrodynamischer Theorien bei der
Untersuchung von Plasmaprozessen in Frage", erklärt Shalaby. Für die neu
entdeckte Plasmainstabilität gibt es viele Anwendungen, unter anderem eine erste
Erklärung für die Beschleunigung von Elektronen aus dem thermischen
interstellaren Plasma zu sehr hohen Energien an Supernovaüberresten.
"Diese neu gefundene Plasmainstabilität stellt einen Quantensprung in unserem
Verständnis des Beschleunigungsprozesses dar und erklärt endlich, warum
Supernovaüberreste im Radio- und Gammastrahlenbereich leuchten", unterstreicht
Shalaby. Darüber hinaus öffnet diese Entdeckung die Tür zu einem besseren
Verständnis der grundlegenden Prozesse des Transports der kosmischen Strahlung
in Galaxien, der bisher das größte Mysterium beim Verständnis der Entwicklung
von Galaxien darstellt.
Die Ergebnisse des Teams wurden jetzt in der Fachzeitschrift Journal of
Plasma Physics veröffentlicht.
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