Freude am Karlsruher Institut für Technologie: Der dort
koordinierte Vorschlag für die ESA-Mission Earth Explorer 11 hat es in
die nächste Auswahlrunde geschafft und ist damit ein Stück wahrscheinlicher
geworden. Die vorgeschlagene Mission CAIRT soll eine Tomografie der
Erdatmosphäre durchführen und könnte im nächsten Jahrzehnt wichtige Daten
liefern.
Die Entscheidung der europäischen Weltraumorganisation ESA, die
Satellitenmission CAIRT (die Abkürzung steht für: "changing-atmosphere
infrared tomography") als eines von zwei Projektvorschlägen für die Mission
Earth Explorer 11 weiterzuverfolgen, wurde gestern durch das ESA
Programme Board for Earth Observation bestätigt. "Für uns bedeutet das, dass
die Mission nun in die sogenannte Phase A eintritt. Unsere Planungen werden
damit viel konkreter", erläutert Professor Björn-Martin Sinnhuber vom
Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des Karlsruher Instituts
für Technologie (KIT), der die wissenschaftlichen Arbeiten koordiniert.
"Wird unser Vorschlag dann von der ESA ausgewählt, könnten wir in den frühen
2030er-Jahren die ersten Daten erhalten." Bis dahin könnte CAIRT im Rahmen
der Mission Earth Explorer 11 in die Erdumlaufbahn starten.
Zweck von CAIRT wäre es, dringend benötigte Daten über Veränderungen in
der Erdatmosphäre zu erheben. Sie sollen das Wissen über die Kopplung von
atmosphärischer Zirkulation, die genaue Zusammensetzung der Atmosphäre und
regionale Klimaänderungen verbessern. Kernstück von CAIRT ist ein
abbildendes Infrarotspektrometer, mit dem in bisher unerreichter räumlicher
Auflösung eine Vielzahl von Spurengasen, Aerosolen und atmosphärischen
Wellen vermessen werden kann.
"Die Tomografie ist uns als ein Instrument der medizinischen Diagnostik
vertraut", sagt Sinnhuber. "Bei uns passiert im Grunde dasselbe, nur ein
bisschen größer. Es ist eine Art Weltraumtomograf für die gesamte
Erdatmosphäre." Dazu wird CAIRT die Atmosphäre regelmäßig in einer Höhe von
fünf bis 115 Kilometern im Infrarotbereich mit einer horizontalen Auflösung
von etwa 50 mal 50 Kilometern und einer vertikalen Auflösung von einem
Kilometer vermessen.
Die jetzt geplante Mission baut dabei auf langjähriger Erfahrung in der
Atmosphärenfernerkundung am KIT auf. Durch die Fernerkundung mithilfe von
Ballons und Flugzeugen haben Forschende des KIT in den vergangenen Jahren
bereits Pionierarbeit geleistet. "Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich
haben wir das wissenschaftliche Instrument GLORIA entwickelt, das als eine
Art Prototyp für CAIRT betrachtet werden kann", erläutert Dr. Michael
Höpfner vom IMK, der die Forschung mit GLORIA am KIT leitet und auch an
CAIRT beteiligt ist. Mit GLORIA seien bereits großartige wissenschaftliche
Beobachtungen gelungen, zuletzt etwa neue Erkenntnisse zum Transport von
Aerosolen nach ausgedehnten Waldbränden in Kanada bei der Messkampagne
PHILEAS mit dem Forschungsflugzeug HALO, aber auch bei Ballonkampagnen. "Mit
der Satellitenmission CAIRT können wir das noch einmal auf ein neues Niveau
heben, weil wir dann täglich globale Messungen bekommen", so Höpfner.
Das KIT hat den Vorschlag für das Satellitenkonzept für die Mission CAIRT
koordiniert und baut dabei auf einer langjährigen gemeinsamen Initiative mit
dem Forschungszentrum Jülich auf. Die wissenschaftliche Zielsetzung wird in
enger Kooperation von einem internationalen Expertinnen- und Expertengremium
definiert und ausgearbeitet.
Konkurrent für CAIRT ist die Mission Wivern, was für "wind
velocity radar nephoscope" steht. Wivern würde die ersten Messungen
des Windes innerhalb von Wolken und Niederschlagsgebieten liefern, sowie
Profile von Regen-, Schnee- und Eiswasser. Ausgeschieden im Wettbewerb um
die Earth-Explorer-11-Mission sind die Missionsvorschläge Seastar
und Nitrosat. Die finale Entscheidung fällt 2025.