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BARNARD 5
Der Gasfluss auf gerade entstehende Sterne
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
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16. Oktober 2023

Die Beobachtung eines Protosterns in der Region Barnard 5 könnte die herkömmlichen Vorstellungen der Sternentstehung infrage stellen. So ergaben sich Hinweise, dass junge Sterne auch nach der sogenannten Hauptakkretionsphase zusätzliches Material ansammeln und damit weiter wachsen können. Der Sternentstehungsprozess würde somit auf vielen Skalen ablaufen.

Barnard 5

Der Barnard-5-Komplex (rot und grün; Radiobilder aufgenommen mit VLA und GBT) eingebettet in Staub (blau, aufgenommen mit dem Herschel Space Observatory der ESA im Infrarot). Bild: B. Saxton (NRAO / AUI / NSF); ESA  [Großansicht]

Im klassischen Bild geht die Forschung bisher davon aus, dass sich bei der Sternentstehung allmählich Material anhäuft und einen sogenannten "dichten Kern" bildet, eine besonders kühle und dichte Region in einer größeren Molekülwolke. Sobald die Dichte des Kerns eine bestimmte Grenze erreicht, kollabiert dieser und bildet einen Protostern. Aus dem übriggebliebenen Material bildet sich eine sogenannte zirkumstellare Scheibe, aus der der neugebildete Protostern weiterhin Material akkretiert, also aufsammelt.

Im klassischen Bild betrachtet man diese Kernregion als isolierte Einheit. In den letzten Jahren wurden jedoch vermehrt sogenannte Streamer entdeckt – Zuflüsse, die über den dichten Kern hinausgehen und Längen von bis zu 10.000 astronomischen Einheiten (etwa 0,15 Lichtjahre) erreichen können. Diese Ströme versorgen die zirkumstellare Scheibe mit chemisch jungem Gas, allerdings ist immer noch unklar, woher sie stammen. Forschende am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) haben nun erstmals Hinweise auf eine Verbindung zwischen diesen Streamern und Filamenten in Sternentstehungsgebieten gefunden und damit eine neue Perspektive auf die Geburt von Sternen eröffnet.

Das Team konzentrierte sich auf die Region Barnard 5, eine dichte Molekülwolke im Sternbild Perseus. In Barnard 5 beherbergen zwei Filamente einen einzelnen Protostern – allerdings nicht mehr lange: Es gibt drei weitere Verdichtungen aus Gas, die in Zukunft ein gebundenes Mehrfachsternsystem bilden werden. Mit der Kombination von drei leistungsstarken Observatorien – ALMA in der chilenischen Wüste, NOEMA in den französischen Alpen und dem 30-Meter-Teleskop IRAM in Pico Veleta, Spanien – verfolgte das Team am MPE den Gasfluss auf verschiedenen Längenskalen. "Unser Ziel war es, den Weg des Gases von außerhalb des Filaments, das den Protostern enthält, bis hin zu der protostellaren Scheibe zu verfolgen, und so verschiedene Skalen der Sternentstehung zu überbrücken", erklärt Teresa Valdivia-Mena, Doktorandin im Zentrum für Astrochemische Studien am MPE und Hauptautorin der Untersuchung.

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Auf größeren Skalen fanden die Forscher heraus, dass chemisch junges, vom Sternentstehungsprozess unbeeinflusstes Gas aus der größeren Barnard-5-Region in die Filamente gelangt. Die Geschwindigkeit des Gases, die von NOEMA und dem 30-Meter-Teleskop IRAM gemessen wurde, stimmt mit einem Einfall von außerhalb der beiden Filamente überein. Wenn das Gas die zentrale Achse der Filamente erreicht, strömt es in die Richtung der drei Verdichtungen und des Protosterns. Beim Heranzoomen mit ALMA fand das Team einen Streamer, der die protostellare Scheibe speist.

Auffallend bei diesen Beobachtungen ist, dass – trotz der unterschiedlichen Auflösungen – die Geschwindigkeit des chemisch jungen Gases von außerhalb der Filamente mit der Geschwindigkeit des Streamers übereinstimmt. Sowohl die Position als auch die Geschwindigkeit entlang des Streamers wurden mit einem theoretischen Modell für frei fallendes Material reproduziert und scheinen mit der Gasströmung auf größeren Skalen verbunden zu sein. Das bedeutet, dass das chemisch unverarbeitete Gas jenseits der Filamente den Protostern erreichen kann. Der Protostern hat somit Zugang zu einem größeren Gasreservoir und kann auch nach der Hauptakkretionsphase weiter wachsen.

"Diese Ergebnisse sind sehr spannend, denn sie zeigen, dass der Sternentstehungsprozess auf vielen Skalen abläuft", betont Jaime Pineda. "Akkretionsströme und Streamer verbinden die jungen stellaren Objekte mit der elterlichen Wolke. Dieser dynamische Prozess, wie der junge Stern gefüttert wird, könnte sich sogar auf den gesamten Prozess der Scheiben- und Planetenbildung auswirken. Allerdings werden wir weitere Beobachtungen benötigen, um dies zu bestätigen."

Darüber hinaus deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass das unverarbeitete Gas aus der interstellaren Wolke ein wichtiger Bestandteil für das zukünftige Planetensystem sein kann. Die Zusammensetzung der neugeborenen Planeten und ihrer Atmosphären könnte daher von einer viel größeren Region beeinflusst werden als bisher angenommen. Im Wesentlichen zeichnet diese Studie bereits ein anschauliches Bild des komplexen Tanzes der Gasströme von Filamenten zu Streamern und schließlich zu protostellaren Größenordnungen. "Unsere Forschung unterstreicht, wie eng die verschiedenen Skalen im Sternentstehungsprozess miteinander verbunden sind, und verdeutlicht den Einfluss dieser Strömungen auf die Entwicklung der entstehenden Sterne", fasst Valdivia-Mena zusammen.

Über ihre Studie berichtet das Team in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.

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siehe auch
ALMA: Sterne und Planeten wachsen gemeinsam - 9. Oktober 2020
ALMA: Neue Einblicke in die Planetenentstehung - 13. Dezember 2018
ALMA: Planetenentstehung um Doppelstern - 15. Februar 2016
Links im WWW
Valdivia-Mena, M. T. et al. (2023): Flow of gas detected from beyond the filaments to protostellar scales in Barnard 5, A&A, 677, A92
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
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