Sterne und Planeten wachsen gemeinsam
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
9. Oktober 2020
Astronominnen und Astronomen haben überzeugende Beweise
dafür gefunden, dass Planeten anfangen sich zu bilden, während Babysterne noch
wachsen. Das zeigen die jetzt vorgestellten Beobachtungen des Protosterns IRS 63
mit dem Radioteleskopverbund Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array:
Die junge protostellare Scheibe hat mehrere Lücken und Staubringe.
ALMA-Bild der jungen Staubringe, in denen
Planeten entstehen, um den weniger als 500.000
Jahre alten Proto-Stern IRS 63.
Bild: MPE/D. Segura-Cox [Großansicht] |
Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter
der Leitung von Dominique Segura-Cox am Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) in Deutschland hat mit dem Radioobservatorium
Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) den Protostern IRS
63 ins Visier genommen. Dieses System ist 470 Lichtjahre von der Erde entfernt
und befindet sich tief in der dichten interstellaren Wolke L1709 im Sternbild
Schlangenträger.
Protosterne, die so jung sind wie IRS 63, sind in eine ausgedehnte und
massereiche "Decke" aus Gas und Staub eingehüllt, die oft auch als Hülle
bezeichnet wird. Aus diesem Reservoir an Materie speisen sich Protostern und
Scheibe. In Systemen, die älter als 1.000.000 Jahre sind und in denen die
Protosterne den größten Teil ihrer Masse bereits angesammelt haben, hat man
bereits oft Staubringe entdeckt. IRS 63 ist anders: Mit weniger als 500.000
Jahren ist er weniger als halb so alt wie andere junge Sterne mit Staubringen,
und der Protostern wird noch deutlich an Masse zunehmen.
"Die Ringe in der Scheibe um IRS 63 sind sehr jung", betont Segura-Cox.
"Früher dachten wir, dass zuerst die Sterne erwachsen werden und dann quasi
Mütter der Planeten sind, die erst später kommen. Aber jetzt sehen wir, dass
Protosterne und Planeten von Kindesbeinen an gemeinsam wie Geschwister wachsen
und sich entwickeln."
Planeten müssen ab den frühesten Stadien ihrer Entstehung einige ernsthafte
Hindernisse überwinden. Zuerst müssen sie aus winzigen Staubteilchen wachsen,
die kleiner sind als der Hausstaub hier auf der Erde. "Die Ringe in der Scheibe
von IRS 63 sind riesige Staubhaufen, die sich zu Planeten zusammenfügen können2,
bemerkt Team-Mitglied Anika Schmiedeke vom MPE. Doch selbst wenn sich ein
Planetenembryo aus Staubklumpen gebildet hat, könnte der im Entstehen begriffene
Planet wieder verschwinden, indem er auf einer Spiralbahn weiter zum Zentrum
driftet und vom Protostern geschluckt wird.
Wenn Planeten sich sehr früh und in großer Entfernung vom Protostern bilden,
könnten sie diesen Prozess besser überleben. Das Forscherteam fand heraus, dass
die junge Scheibe von IRS 63 etwa 0,5 Jupitermassen an Staub enthält, die weiter
als 20 AU von ihrem Zentrum entfernt sind. Dies entspricht in etwa der
Entfernung der Uranusbahn in unserem Sonnensystem. Dabei wurde die Gasmenge
nicht mitgezählt, die bis zu 100 Mal mehr Material liefern könnte. Um einen
Planetenkern zu bilden, sind mindestens 0,03 Jupitermassen an Feststoffen
erforderlich, damit dieser Kern effizient Gas akkretieren und zu einem riesigen
Gasplaneten heranwachsen kann.
"Diese Ergebnisse zeigen, dass wir uns auf die jüngsten Systeme konzentrieren
müssen, um die Entstehung von Planeten wirklich zu verstehen", so Teammitglied
Jaime Pineda vom MPE. Es gibt zum Beispiel immer mehr Hinweise darauf, dass sich
Jupiter viel weiter draußen im Sonnensystem, jenseits der Neptunbahn, gebildet
haben könnte und dann nach innen zu seinem jetzigen Standort gewandert ist. In
ähnlicher Weise zeigt der Staub, der IRS 63 umgibt, dass es weit vom Protostern
entfernt genügend Material in einem jungen System gibt, so dass die Chance
besteht, dass sich in diesem System Planeten bilden, analog wie Jupiter
vermutlich in unserem Sonnensystem entstanden ist.
"Die Größe der Scheibe ist unserem eigenen Sonnensystem sehr ähnlich",
erklärt Segura-Cox. "Sogar die Masse des Protosterns ist nur wenig geringer als
die unserer Sonne. Die Untersuchung solch junger Scheiben um Protosterne, in
denen Planeten entstehen, kann uns wichtige Erkenntnisse über unseren eigenen
Ursprung liefern."
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in einem
Fachartikel, der jetzt in der Zeitschrift Nature erschienen ist.
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