LOFAR weist störende Leckstrahlung bei Starlink-Satelliten
nach
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
6. Juli 2023
Mit dem Radioteleskopverbund LOFAR wurden nun 68
Starlink-Satelliten von SpaceX beobachtet. Dabei konnte eine elektromagnetische
Leckstrahlung nachgewiesen werden, die von der Bordelektronik erzeugt wird.
Diese unterscheidet sich von den normalen Kommunikationssignalen, die bisher im
Fokus der Radioastronomie lagen und könnte die astronomische Forschung
behindern.
Künstlerische Darstellung einer großen
Satellitenkonstellation in einer erdnahen
Umlaufbahn, die über eine der Stationen des
LOFAR-Teleskopverbunds zieht.
Bild: Daniëlle Futselaar (artsource.nl) [Großansicht] |
In der Astronomie müssen häufig sehr schwache Signale aus dem Universum
empfangen und ausgewertet werden. Von Menschen verursachte Radiosignale können
astrophysikalische Quellen aber um ein Vielfaches überstrahlen. Daher werden die
meisten Radioteleskope an Standorten gebaut, die besonders vor terrestrischen
Störungen geschützt sind. Einige befinden sich sogar in radioruhigen Zonen, die
von einigen Staaten eingerichtet wurden.
Der technologische Fortschritt ermöglichte es nun in den letzten Jahren
erstmalig, riesige Satellitenkonstellationen ins All zu befördern, die für den
Breitband-Internetzugang oder die Erdbeobachtung genutzt werden. Sie stellen
eine völlig neue Herausforderung für die Astronomie dar. Da sich nun Tausende
von Satelliten auf niedrigen Erdumlaufbahnen befinden, hat jedes Radioteleskop
zu jeder Zeit viele Satelliten im Blick, die Signale ausstrahlen. Bisher ging
man davon aus, dass es hauptsächlich die Kommunikationssignale der Satelliten
wären, die radioastronomische Beobachtungen behindern können. Die nun erstmalig
beobachtete Leckstrahlung, wahrscheinlich verursacht vom elektronischen
Equipment der Satelliten, hatte man bisher nicht auf dem Schirm und weitere
Untersuchungen dazu sind vonnöten.
"Diese Studie ist der jüngste Versuch, die Auswirkungen von
Satellitenkonstellationen auf die Radioastronomie besser zu verstehen", sagte
der Hauptautor Federico Di Vruno, "in früheren Workshops zum Schutz des
Nachthimmels und der Astronomie vor Auswirkungen von Satelliten wurden Theorien
über diese Strahlung aufgestellt; unsere Beobachtungen bestätigen, dass sie
messbar ist." Di Vruno ist Co-Direktor des Centre for the Protection of the
Dark and Quiet Sky from Satellite Constellation Interference der
Internationalen Astronomischen Union (IAU CPS) und außerdem Spektrum-Manager für
das SKA-Observatorium (SKAO). Die weiteren Autoren der Studie sind alles aktive
Mitglieder des CPS.
Das Team um Di Vruno konzentrierte sich zunächst auf die SpaceX-Satelliten,
da SpaceX zum Zeitpunkt der Beobachtungen die größte Anzahl von Satelliten -
mehr als 2000 – im Orbit hatte. Die Autoren stellen jedoch klar, dass SpaceX
nicht der einzige Betreiber von großen Satellitenkonstellationen ist. Sie gehen
davon aus, dass andere Satelliten ähnliche unbeabsichtigte Emissionen
ausstrahlen. Es sind bereits weitere Messungen geplant, die sich auf andere
Satellitenkonstellationen konzentrieren werden.
"Mit LOFAR konnten wir von 47 der 68 beobachteten Satelliten Strahlung
zwischen 110 und 188 MHz nachweisen. Dieser Frequenzbereich umfasst ein
geschütztes Band zwischen 150,05 und 153 MHz, das von der Internationalen
Fernmeldeunion (ITU) speziell für die Radioastronomie zugewiesen wurde", sagt
Mitautor Cees Bassa von ASTRON, dem niederländischen Institut für
Radioastronomie. SpaceX verstößt jedoch nicht gegen Vorschriften oder
Regulierungen, da diese Art von Strahlung für Satelliten nicht durch
internationale Regelungen abgedeckt ist. Im Gegensatz dazu gelten für
terrestrische Geräte Vorschriften, um sicherzustellen, dass ein Gerät nicht ein
anderes in der Nähe stört.
Die Autorinnen und Autoren führten auch umfangreiche Simulationen dieses
Effekts für verschiedene Satellitenkonstellationen durch. "Unsere Simulationen
zeigen unter anderem, dass dieser Effekt umso wichtiger wird, je größer die
Konstellation ist, da sich die Strahlung aller Satelliten summiert. Das bereitet
uns natürlich Sorgen, insbesondere wenn man an die Vielzahl von geplanten
Satelliten denkt. Und es fehlt an spezifischen Regeln, die die Radioastronomie
vor unbeabsichtigter Strahlung der Satelliten schützen", sagt Mitautor Benjamin
Winkel vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.
Die Autoren stehen in engem Kontakt mit SpaceX. Das Unternehmen möchte
mögliche negative Auswirkungen auf die Astronomie auf jeden Fall verhindern.
SpaceX hat bereits Änderungen an der kommenden Satellitengeneration vorgenommen
und hofft, dass damit eine Verbesserung der Situation erzielt wird. "Wir
glauben, dass das rechtzeitige Erkennen dieser Situation den Astronomen und den
Betreibern großer Satellitenkonstellationen die Chance gibt, gemeinsam an
technischen Maßnahmen zu arbeiten", betont Mitautor Gyula Józsa, ebenfalls vom
MPIfR und von der Rhodes-Universität in Südafrika. "Parallel dazu sind aber
dringend Gespräche mit Regulierungsbehörden zu führen, um geeignete
Regulierungen zu schaffen."
"Die vorliegende Studie zeigt, dass neue technologische Entwicklungen
unvorhergesehene Nebenwirkungen auf die Astronomie haben können", unterstreicht
auch Prof. Michael Kramer, Direktor am MPIfR und Präsident der Astronomischen
Gesellschaft in Deutschland. Er begrüßt ausdrücklich den kooperativen Ansatz von
SpaceX. "SpaceX geht mit gutem Beispiel voran. Nun hoffen wir auf eine breite
Unterstützung durch die gesamte Satellitenindustrie und die
Regulierungsbehörden."
Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics
erschienen.
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