Wie sehen Gravitationswellensignale von alternativen Gravitationstheorien aus?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
12. Juni 2023
Die Allgemeine Relativitätstheorie beschreibt unsere Welt
schon sehr gut und erlaubt auch die Vorhersage der Form von Gravitationswellen,
wie sie seit einigen Jahren mit Detektoren gemessen werden. Trotzdem könnte es
alternative Theorien geben, die das Universum noch besser beschreiben. In
Potsdam wird nun diskutiert, wie Gravitationswellensignale alternativer Theorien
aussehen würden.
Welche Art von Gravitationswellensignal würde entstehen,
wenn eine alternative Beschreibung der
Gravitation verwendet wird?
Bild: LIGO / T. Pyle [Großansicht] |
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie hat sich als äußerst erfolgreiches
Instrument zur Erforschung des Universums bewährt. Lösungen der Einsteinschen
Gleichungen beschreiben verschmelzende kompakte Doppelsysteme – Schwarze Löcher
und/oder Neutronensterne – und ihre Gravitationswellensignale und ermöglichen
ihr Verständnis. Obwohl bisher keine Abweichung von der Allgemeinen
Relativitätstheorie beobachtet wurde, gibt es sowohl aus der Kosmologie als auch
aus der Quantengravitation gute Argumente dafür, nach Alternativen Ausschau zu
halten. Hauptthema des Workshops "Connecting the dots", der in dieser Woche am
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik stattfindet, ist es, den Weg zu
vollständigen und genauen Wellenformvorlagen von Doppelsystemen in
Gravitationstheorien jenseits der Allgemeinen Relativitätstheorie zu ebnen.
Mit 90 entdeckten Gravitationswellensignalen seit 2015 und vielen weiteren,
die während des kürzlich begonnenen Beobachtungslaufs O4 gemessen werden, hat
sich die Gravitationswellen-Astronomie zu einer wertvollen Methode zur
Beobachtung der dunklen Seite des Universums entwickelt. Astronominnen und
Astronomen können nun Schwarze Löcher in kompakten Doppelsystemen beobachten und
immer mehr astrophysikalische und kosmologische Informationen aus den Daten
gewinnen. Um Ereignisse nachzuweisen und ihre Eigenschaften zu ermitteln, müssen
der LIGO-Virgo-KAGRA-Kollaboration bzw. ihren Nachfolgern im nächsten Jahrzehnt
(wie dem Einstein-Teleskop, dem Cosmic Explorer und LISA) genaue
Wellenformvorlagen zur Verfügung gestellt werden. Bislang gibt es jedoch nur für
die Allgemeine Relativitätstheorie Bibliotheken mit solchen Wellenformvorlagen.
Trotz des Erfolgs von Einsteins Theorie gibt es gute Gründe, sie zu
modifizieren, und zwar sowohl aufgrund von Beobachtungen in der Kosmologie (z.
B. Dunkle Energie und Dunkle Materie) als auch aufgrund von theoretischen
Fragestellungen in der Quantengravitation (z. B. fehlende quantenmechanische
Beschreibung der Gravitation und das Paradox des Informationsverlusts).
Gravitationswellenformen in modifizierten Gravitationstheorien zu berechnen ist
jedoch eine besondere Herausforderung. Bisherige Studien liefern lediglich
partielle Wellenformen, die entweder nur die frühe oder nur die späte Phase des
gesamten Prozesses des Aufeinanderzufallens, der Verschmelzung und des
Abklingens eines kompakten Doppelsystems abdecken.
Das Hauptaugenmerk dieses Workshops liegt darauf, "die Punkte zu verbinden",
also eine Verbindung herzustellen und den Weg zu vollständigen und genauen
Wellenform-Vorlagen in Gravitationstheorien jenseits der Allgemeinen
Relativitätstheorie zu ebnen. Dafür kommen Expertinnen und Experten auf diesem
Gebiet zusammen, um Synergien zwischen ihren Forschungsansätzen zu
identifizieren, neue Kooperationen zu schaffen und neue Ideen zu diskutieren.
Dabei soll es beispielsweise auch um die Frage gehen, welche der modifizierten
Gravitationstheorien am besten begründet sind und wo die Grenzen der derzeitigen
Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie mittels
Gravitationswellenbeobachtungen liegen.
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