Zwar verfügt die ESA über eigene Astronautinnen und
Astronauten, ist aber für den Transport von Menschen ins All auf die
Unterstützung anderer Raumfahrtagenturen oder Unternehmen angewiesen. Um
weiterhin als gleichberechtigter Partner in der Raumfahrt wahrgenommen zu
werden, müsse sich dies ändern, so ein Expertengremium. Und dies sei noch nicht
alles.
Auf der Tagung "Ready for the Moon", die vom österreichischen
Bundeskanzleramt mitorganisiert worden war, tauschten sich die Teilnehmer am
vergangenen Freitag über die große internationale, wirtschaftliche und
gesellschaftliche Bedeutung der Raumfahrt für Europa aus und insbesondere
darüber, wie diese die Zukunft mitgestalten wird. "Weltraumtechnologien sind
Schlüsseltechnologien für unsere Zukunft", so Österreichs Bundeskanzler Karl
Nehammer. "Weltraumwissenschaft und -technologie werden auch künftig eine
wichtige Rolle einnehmen. Die ESA erfüllt viel mehr als nur eine
strategische Aufgabe, es geht vor allem um Innovation und
Technologieführerschaft und somit letztlich auch um den Standort Europa und
Österreich.“
"Der Weltraum bietet Europa immense Möglichkeiten. Europa ist bereits
führend in den Bereichen Erdbeobachtung, Klimaüberwachung, Navigation und
Weltraumwissenschaft", unterstrich ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher.
"Darüber hinaus hat die Exploration des Weltraums durch Menschen und Roboter
in den meisten Raumfahrtnationen in letzter Zeit einen rasanten Aufschwung
erlebt. Europa kann es sich nicht leisten, den Anschluss zu verlieren.
Bereits drei Länder haben Astronauten in den Weltraum geschickt: die USA,
Russland und China. Indien wird sich in Kürze einreihen. Um seine
technologische Führungsrolle zu behalten, geopolitische Chancen zu nutzen,
kommende wirtschaftliche Möglichkeiten zu ergreifen und Top-Talente
anzuziehen, muss Europa jetzt handeln und seinen eigenständigen Zugang zum
Weltraum schaffen. Dies ist nicht nur wichtig, um Europas Autonomie zu
erhöhen, sondern auch um seine Rolle als Partner für internationale
Zusammenarbeiten zu festigen."
Davon sind auch die Mitglieder einer Expertenkommission überzeugt, die
unter dem Motto "Revolution Space: Europe’s Mission for Space Exploration"
ein Positionspapier zur zukünftigen Entwicklung der Raumfahrt in Europa
erstellt hatten und auch an der Diskussionen teilnahmen. Danach sollte
Europa eine unabhängige europäische Präsenz in der Erdumlaufbahn, der
Mondumlaufbahn, auf dem Mond und darüber hinaus aufbauen, so die
Empfehlungen. Besonders der Mond steht derzeit wieder im Fokus der
Weltraumnationen: Auf internationaler Ebene sind bis 2030 mehr als 100
Mondmissionen geplant.
Die Möglichkeit, europäische Astronauten mit einem europäischen
Raumschiff in den erdnahen Orbit oder zum Mond zu schicken und dabei
Astronauten von anderen Kontinenten an Bord zu haben, wird Europa in die
Lage versetzen, auf Augenhöhe mit anderen großen Raumfahrtmächten zu
agieren, führte etwa Therese Niss aus, österreichische Politikerin,
Unternehmerin und Mitglied des unabhängigen Beratergremiums.
Das Gremium forderte die ESA auf, die Umgestaltung und Belebung der
europäischen Raumfahrtindustrie voranzutreiben, und gab dazu die folgenden
Handlungsempfehlungen: Ermitteln des wirtschaftlichen Impacts, Entwickeln
von Szenarien für einen unabhängigen und nachhaltigen europäischen Zugang
zum erdnahen Orbit nach dem Ende der Internationalen Raumstation im Jahr
2030, Mondlandung in spätestens zehn Jahren und Planung visionärer und
umwälzender europäischer Vorzeigeprojekte im Weltraum für die 2030er Jahre
und darüber hinaus.
Die ESA, so schreibt die europäische Weltraumorganisation in einer
Pressemitteilung, würde nun an der Verwirklichung dieser ehrgeizigen Vision
arbeiten und will dem ESA-Rat ihre Pläne anlässlich des "Space Summits2 der
Weltraumminister der ESA-Mitgliedsstaaten am 6. und 7. November im
spanischen Sevilla vorstellen.