Das dynamische Magnetfeld der Sonne im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
18. April 2023
Im Rahmen eines vom Europäischen Forschungsrat geförderten
Projekts soll das Magnetfeld der Sonne in den kommenden Jahren besser erforscht
werden als dies zuvor möglich war. Dazu werden Daten von aktuellen
Sonnenmissionen, die Zugang zu ganz neuen Regionen der Sonne bieten, mit
Computersimulationen zusammengeführt.
Aufnahme der Sonne von der Sonde Solar
Orbiter. Als das Bild entstand, war Solar Orbiter nur etwa ein
Drittel des Abstands der Erde von der Sonne von dem Stern
entfernt.
Bild: ESA & NASA / Solar Orbiter / EUI Team [Großansicht] |
Das komplexe und hochdynamische Magnetfeld der Sonne ist eines ihrer
herausragendsten Merkmale. Es ist verantwortlich für eine Vielzahl von
charakteristischen Phänomenen – von den dunklen Sonnenflecken, die sich immer
wieder an der sichtbaren Oberfläche der Sonne zeigen, bis zu den heftigen
Strahlungs- und Teilchenausbrüchen, die als Sonnenstürme sogar die Erde
erreichen können. Zudem steuert das Magnetfeld das wechselhafte Wesen unseres
Sterns, das sich etwa in seinem elfjährigen Aktivitätszyklus und sowie in
deutlich längerfristigen Änderungen seiner Strahlungsintensität offenbart.
Dabei sind grundlegende Eigenschaften des solaren Magnetfeldes noch immer
nicht verstanden: Wie genau entsteht es tief im Innern der Sonne? Wie verhält es
sich an ihren Polen? Welche Prozesse versorgen es mit Energie? Und wie wird
diese Energie bis in die heiße Sonnenatmosphäre transportiert? Antworten auf
diese Fragen zu finden, ist Ziel des Projektes WINSUN von Prof. Dr. Sami Solanki
vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), das der Europäische
Forschungsrat (ERC) nun im Rahmen eines ERC Advanced Grant mit
insgesamt 2,5 Millionen Euro über fünf Jahre fördert.
Die Zeit dafür ist denkbar günstig. Die Sonnenforschung steht an der Schwelle
zu einer Art Generationswechsel. Zwar versorgen ältere Raumsonden und Teleskope
wie etwa das Solar Dynamics Observatory der NASA oder das
Sonnenteleskop GREGOR auf Teneriffa Forschende weiterhin mit wertvollen Daten.
Doch die meisten dieser Anlagen gehen bereits in ihr zweites Betriebsjahrzehnt.
Mit weiterentwickelten Instrumenten und hochmoderner Technik werden neue
Missionen und Observatorien in den nächsten Jahren völlig neuartige
Beobachtungsdaten liefern. Diese soll WINSUN zusammenführen und um komplexe
Computersimulationen der Vorgänge auf der Sonne ergänzen. "Der Sonnenforschung
bieten sich aktuell nie dagewesene Möglichkeiten", so Solanki. "Erstmals können
wir hoffen, das solare Magnetfeld in seiner Gesamtheit zu verstehen."
Eine wichtige Rolle dabei spielt die ESA-Raumsonde Solar Orbiter.
Seit vergangenem Jahr hat sie sich der Sonne bereits zweimal auf ein Drittel des
Abstandes zwischen Erde und Sonne genähert. Entstanden sind so unter anderem
Aufnahmen der Sonnenkorona im ultravioletten Licht in bisher unerreichter
Detailschärfe. In den kommenden Jahren wird die zunehmend geneigte Flugbahn der
Sonde zudem erstmals einen Blick auf die Pole unseres Sterns freigeben.
Unterstützung bekommt Solar Orbiter im Sommer dieses Jahres. Dann
startet die indische Raumsonde Aditya-L1 ins All und wird ihr Augenmerk
auf einen bisher wenig erforschten Wellenlängenbereich der Sonne richten.
Von seinem Standort auf Hawaii führt auch das Daniel K. Inouye Solar
Telescope (DKIST) einzigartige Messungen durch. Bereits während der
Inbetriebnahme 2019 sorgten erste Aufnahmen der Sonne weltweit für Begeisterung.
Es waren die bisher höchstaufgelösten, die je in sichtbarem Licht gelungen waren
– und nur der Anfang. Seit Kurzem ist die Inbetriebnahme abgeschlossen und für
DKIST hat der wissenschaftliche Arbeitsalltag begonnen. Der vierte Sonnenspäher,
auf den das Projekt WINSUN setzt, ist Sunrise. Ein weiterer Flug des
ballongetragenen Observatoriums, das aus der Stratosphäre auf die Sonne schaut,
ist in Planung. Sunrise kann Vorgänge in der unteren Sonnenatmosphäre
genauer abbilden als bisher möglich.
An all diesen Projekten ist Solanki maßgeblich beteiligt. Seit 23 Jahren
leitet er die Abteilung "Sonne und Heliosphäre" des MPS und hat in dieser Zeit
nicht nur entscheidend zum bisherigen Verständnis des Sonnenmagnetfeldes und der
Variabilität unseres Sterns beigetragen, sondern auch wichtige Projekte der
Sonnenforschung vorangetrieben. So hat er etwa die Ballonmission Sunrise
ins Leben gerufen und ist Principal Investigator des Teleskops PHI von Solar
Obiter und als Co-Investigator Mitglied der Wissenschaftsteams von
Arydita-L1, DKIST und weiterer Solar-Orbiter-Instrumente.
Mit den Advanced Grants unterstützt der Europäische Forschungsrat erfahrene,
weltweit renommierte Wissenschaftler, die an der Spitze ihres Forschungsfeldes
stehen. Die Förderung, die sich über fünf Jahre erstreckt, bietet ihnen die
Möglichkeit, besonders ehrgeizige Forschungsvorhaben anzugehen. Bereits 2016 war
Solanki mit einem anderen Antrag auf einen Advanced Grant erfolgreich.
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