Simulation probt Teamarbeit von Robotern bei Marserkundung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bremen astronews.com
5. April 2023
Die robotische Erforschung des Mars kann am besten gelingen,
wenn Roboter mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiten – am besten
autonom. Wie dies genau gelingen kann, erforschen derzeit verschiedene
Forschungsgruppen im Rahmen des Projekts "VaMEx-3". Fernziel des
Roboter-Schwarms ist die Suche nach Wasser und Lebensspuren in den Valles
Marineris.

Das Projekt VaMEx-3 erforscht die
Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen
verschiedenen Robotersystemen, die eines Tages
auf dem Mars landen sollen.
Bild: TZI / Universität Bremen [Großansicht] |
Die Oberfläche des Mars stellt eine Herausforderung für die Wissenschaft dar:
Interessanteste Entdeckungen werden vor allem an denjenigen Stellen vermutet,
die aufgrund des steinigen und zerklüfteten Terrains am schwersten zugänglich
sind. Um sie untersuchen zu können, müssen Roboter mit unterschiedlichen
Fähigkeiten kooperieren: laufen, klettern, fliegen – auch der Transport von
Nutzlasten und die Energieversorgung müssen gesichert sein.
Im Rahmen des Projekts VaMEx-3, das von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR
mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
gefördert wird, soll die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Robotersystemen
ermöglicht werden, die eines Tages auf dem Mars landen könnten. Zentral daran
beteiligt sind die Arbeitsgruppe Computergrafik am Technologie-Zentrum
Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen unter Leitung
von Professor Gabriel Zachmann, die Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik von
Professorin Kerstin Schill und die Arbeitsgruppe High-Performance Visualization
(HPV) von Professor Andreas Gerndt. Das VaMEx-3-Projekt besteht aus vier
parallel durchgeführten Teilprojekten mit Partnern aus ganz Deutschland. Es hat
ein Gesamtfördervolumen von rund fünf Millionen Euro.
In Vorläuferprojekten haben die TZI-Wissenschaftler bereits rund 40
Quadratkilometer Marsoberfläche auf der Basis von Scans der NASA virtuell
nachgebildet, um ein Testumfeld für die benötigten Technologien zu errichten.
Anschließend setzten die Projektpartner digitale Versionen ihrer Robotersysteme
in diesem virtuellen Zwilling der realen Marslandschaft aus. "Bisher agierte
jedes Schwarm-Mitglied noch weitgehend für sich allein", berichtet
Projektkoordinator Dr. René Weller von der Arbeitsgruppe Computergrafik am TZI.
"Jetzt geht es darum, sie kooperativ zusammenzubringen."
Über Schnittstellen sollen die unterschiedlichen Systeme in die Lage versetzt
werden, in Echtzeit zu interagieren – und zwar weitgehend autonom. Das
Testumfeld muss dabei höchsten Ansprüchen genügen: "Der virtuelle Zwilling muss
realistische Aussagen ermöglichen, dass der Schwarm in Zukunft auf dem Mars
genauso funktionieren wird", betont Zachmann. Auch muss das Testumfeld
bestehende Schwächen aufzeigen, wenn beispielsweise die Erkennung bestimmter
Objekte bei einem Roboter noch nicht ausreichend funktioniert. Für die
Informatik ist es eine Herausforderung, alle Fahrzeuge schnell genug zu
simulieren und dabei – unter anderem – auch die Kamerabilder und Lidar-Scans in
Echtzeit nachzubilden.
Während die Arbeitsgruppe Computergrafik sich auf die Weiterentwicklung des
Testfelds fokussiert, leitet die Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik das
Teilprojekt "Robust Ground Exploration" (robuste Bodenerkundung). Ein zentraler
Punkt ist dabei die Entwicklung eines gemeinsamen Navigationsverfahrens, denn
auf dem Mars hilft die irdische Satellitennavigation nicht weiter. Dafür wird an
der Universität Bremen die Software entwickelt. Darüber hinaus soll die
Robustheit der Systeme gesteigert werden, um den schwierigen Umweltbedingungen
standzuhalten und mit unerwarteten Situationen umzugehen.
"Eine Herausforderung ist, dass die Umgebung im Vorfeld teilweise unbekannt
ist", erklärt Dr. Joachim Clemens, der das Teilprojekt koordiniert. "Daher
müssen die Schwarm-Mitglieder Hindernisse selbstständig erkennen, eine Karte der
Umgebung erstellen und ihre Position in der Karte schätzen. Dabei kooperieren
die Einheiten miteinander: Karten- und Positionsinformationen werden
ausgetauscht, damit alle Einheiten davon profitieren können. Diese Informationen
nutzen die Schwarmteilnehmer anschließend, um das weitere Vorgehen zu planen und
sich dabei abzustimmen."
Ein weiterer Aspekt des Teilprojekts ist die Entwicklung und Integration
eines Missionskontrolltools. Dieses System soll zum einen die Visualisierung des
aktuellen Status der Mission und zum anderen die Kommunikation der
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem VaMEx-Schwarm ermöglichen. Die
an den Schwarm übermittelten Informationen, beispielsweise über wissenschaftlich
relevante Zielgebiete, werden in die autonome Planung des Systems eingebracht
und im weiteren Missionsverlauf berücksichtigt. Entwickelt wird das
Missionskontrolltool von der Arbeitsgruppe "High-Performance Visualization" an
der Universität Bremen.
In drei bis vier Jahren ist eine größere "Demonstrationskampagne" geplant, um
den Roboterschwarm in einem marsähnlichen Testgebiet ausführlich zu erproben.
Fernziel der Mission VaMEx ist es, auf dem Mars das Canyon-System Valles
Marineris zu erkunden, um Hinweise auf Wasservorkommen und biologische Spuren
aus klimatisch lebensfreundlicheren Epochen des Mars zu finden. Die
"Mariner-Täler", benannt nach einer der ersten Mars-Raumsonden der NASA, bilden
mit einer Ausdehnung von 4000 Kilometern und einer Tiefe von stellenweise bis zu
10.000 Metern das größte Canyon-Geflecht des Sonnensystems.
Neben der Universität Bremen sind auch folgende Partner an VaMEx-3 beteiligt:
ANavS GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), DFKI Robotics
Innovation Center, DSI Aerospace Technologie GmbH, INVENT GmbH, TU Braunschweig,
TU München, Universität Erlangen-Nürnberg, Universität der Bundeswehr München
und Universität Würzburg.
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