Heiße Bereiche im Staub um IRAS 16293-2422
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
28. Dezember 2022
Hochauflösende ALMA-Beobachtungen des Systems IRAS
16293-2422 haben lokalisierte heiße Bereiche im Staub rund um das junge
Sternsystem gezeigt. Diese sogenannten Hot Spots sind vermutlich nicht auf die
Strahlung der Protosterne zurückzuführen, sondern entstehen durch lokale
Stoßwellen, die durch schnelle Gasbewegungen verursacht werden.
Ein detaillierter Blick auf die jungen
Doppelsterne (markiert durch Sternsymbole) im System IRAS
16293-2422. In diesem Radiobild, das mit dem Atacama Large
Millimeter/Submillimeter Array in Chile aufgenommen wurde,
zeigt die Farbe die Temperaturverteilung der Protosterne und
ihrer Umgebung an, wobei weiß auf eine hohe Temperatur
hinweist. Die drei Hot Spots (durch Kreuze markiert) werden
höchstwahrscheinlich durch Stoßfronten erhitzt, nicht durch
die Protosterne selbst.
Bild:
ALMA (ESO / NAOJ / NRAO)/ Maureira et al. [Großansicht] |
Astronominnen und Astronomen untersuchen die Umgebung von Protosternen nicht
nur, um mehr über die Sternentstehung im Allgemeinen zu erfahren, sondern auch
um die Bedingungen und Prozesse zu untersuchen, die zur Entstehung unseres
eigenen Sonnensystems geführt haben könnten. Insbesondere junge Sterne mit einer
Masse nahe der unserer Sonne sind daher von großem Interesse. Etwa die Hälfte
aller sonnenähnlichen Sterne sind keine Einzelgänger, wie das Doppelsternsystem
IRAS 16293-2422, das von einem Team des Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE) im Jahr 2020 entdeckt wurde.
Bei einer genaueren Betrachtung des Systems mit sehr hochauflösenden
ALMA-Beobachtungen stellte das Team nun fest, dass die beiden Sterne in dem
System nicht die einzige Wärmequelle sind. "Wir konnten in die zentrale Region
hinein zoomen und stellten fest, dass der heiße Staub nicht mit den Positionen
der Protosterne korreliert", sagt María José Maureira, Postdoktorandin und
Leiterin der Studie am MPE. "Überraschenderweise fanden wir lokalisierte heiße
Bereiche oder 'Hot Spots', die wahrscheinlich durch lokale Stoßwellen im Gas
erzeugt werden, ähnlich dem Überschallknall bei Flugzeugen."
Dabei kann sich die chemische Zusammensetzung der Gas- und Staubwolken
verändern, da hierbei Moleküle freigesetzt werden, die zuvor im Eis um die
Staubkörner herum eingefroren waren. Organische Moleküle im Weltraum sind
potenzielle Vorläufer von komplexeren Molekülen, die für das Leben unerlässlich
sind. Solche Stoßfronten können daher die chemische Zusammensetzung der Materie
verändern und die Menge, die sich zu größeren Gebilden aufbauen kann – und damit
die Eigenschaften der entstehenden Planetensysteme.
"Diese faszinierenden neuen Beobachtungen zeigen, dass unsere
Scheiben-Modelle nicht vollständig waren; wir brauchen eine zusätzliche
Heizquelle,"" betont Jaime Pineda, Koautor der Studie am MPE. "Die ändert die
Art und Weise, wie wir die Eigenschaften des Staubs und die Masse dieser jungen
Scheiben bestimmen." Die neuen Temperaturkarten des Staubs stimmen sehr gut mit
früheren Beobachtungen bei Wellenlängen überein, die von bestimmten Molekülen
ausgesandt werden.
"Diese Beobachtungen haben es uns ermöglicht, die physikalischen Bedingungen
und die Verteilung komplexer organischer Moleküle mit einer noch nie dagewesenen
Empfindlichkeit und Winkelauflösung zu sichtbar zu machen", betont Paola
Caselli, Direktorin des Zentrums für Astrochemische Studien am MPE. "Das ist
entscheidend, um die Chemie dieser Moleküle zu verstehen. Nur so können wir die
diagnostischen Informationen, die sie uns liefern, nicht nur bei dieser, sondern
auch bei zukünftigen Beobachtungen ähnlicher Systeme voll ausschöpfen."
Durch die Messung der Temperatur in der Umgebung junger Sterne können die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausfinden, welche Moleküle vorhanden
sind und wie sie sich bilden. Die Temperatur beeinflusst auch, wie viel Staub
sich zur Entstehung von Planeten ansammeln kann. Die ALMA-Beobachtungen waren
ursprünglich geplant um festzustellen, ob die Staubkörner um die Protosterne
deutlich größer geworden sind. Da dies der erste Schritt zur Planetenentstehung
ist, betrifft dies ein wichtige Frage: Wann genau entstehen Planeten?
"Da dieses 'Baby'-Sternsystem sehr hell ist, können wir es als Labor nutzen,
um mehr darüber zu erfahren, wie Sterne mit sonnenähnlicher Masse entstehen",
fügt Kedron Silsbee von der Universität Texas hinzu. "Als wir die Größe des
Staubs analysierten, sahen wir, dass die Körner wahrscheinlich bereits größer
geworden sind, aber nicht in dem Maße, wie wir es erwartet hatten. Vielleicht
hängt dies mit den hohen Temperaturen in den Hot Spots oder mit der
asymmetrischen Konfiguration des Systems zusammen." Mit weiteren Beobachtungen
und einer Simulation des jungen Doppelsternsystems im Computer will das Team
diese neuen Fragen beantworten.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erscheinen ist.
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