Die dunkle Vergangenheit von Gamma Columbae
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Schweizerischen Nationalfonds SNF astronews.com
2. November 2022
Bislang wurde dem Stern Gamma Columbae von der Wissenschaft
kaum Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl er sogar bereits mit bloßem Auge sichtbar
ist. Jetzt ist es jedoch einem Team gelungen, seine dunkle Vergangenheit zu
enthüllen: Gamma Columbae dürfte ursprünglich Teil eines Doppelsternsystems
gewesen sein und hat seinen Partner dann verschlungen.
Das Sternsysten HD 101584, hier in einer
Radiobeobachtung des Teleskopverbunds ALMA,
dürfte Gamma Columbae gleichen. Die Farben stehen
für die unterschiedliche Bewegung des Gases auf
uns zu (blau) und von uns weg (rot).
Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), Olofsson et al.
Acknowledgement: Robert Cumming [Großansicht] |
Obwohl er hell und mit bloßem Auge sichtbar ist, fand er bis vor Kurzem in
der Wissenschaft kaum Beachtung: Gamma Columbae, ein Stern im Sternbild Taube,
etwa 900 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das Interesse an diesem Stern
entstand eher zufällig: Forschenden war aufgefallen, dass sich dessen Oberfläche
stark von Sternen mit vergleichbarer Masse unterscheidet. "Diese chemische
Zusammensetzung würde man eigentlich im Zentralbereich von Sternen mit drei- bis
viermal so großer Masse erwarten, wo Kernreaktionen die Zusammensetzung der
Materie verändern", erklärt Georges Meynet, Professor an der Universität Genf.
So machte er sich auf die Suche nach einer Erklärung.
Meynet und sein Team simulierten die Entwicklung des Sterns, wobei sie ihm in
ihrem Modell eine dreimal größere Anfangsmasse gaben und ihn dann die äußere
Hülle verlieren ließen. Das Ergebnis dieser Simulation deckte sich mit ihren
Beobachtungen und deutet darauf hin, dass Gamma Columbae der freigelegte Kern
eines ursprünglich viel größeren Sterns sein könnte. Die Forschungsgruppe
vermutet, dass Gamma Columbae zu einem Doppelsternsystem gehörte und mit einem
anderen Stern um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreiste. "Unsere Vermutung ist,
dass er sein Gegenüber verschlang. Das hätte zu starken Reaktionen geführt,
namentlich zum Abstoßen der eigenen Hülle", erklärt Meynet.
Aufgrund der festgestellten Zusammensetzung ist anzunehmen, dass Gamma
Columbae rund 90 Prozent seiner auf gut zehn Millionen Jahre geschätzten
Lebenszeit erreicht hat. Damit dürfte er noch weniger als zwei Millionen Jahre
zu "leben" haben, bevor er explodiert. "Er befindet sich damit in einer recht
kurzen Entwicklungsphase, die nur sehr selten beobachtet werden kann", freut
sich Meynet, der nun ein Studienobjekt hat, mit dem er die Vergangenheit und
Zukunft von Doppelsternen im Detail untersuchen kann.
Noch ist nicht klar, ob diese Sterne tatsächlich selten sind oder ob sie
einfach noch schwierig zu finden sind. Die Enthüllung der Eigenschaften von
Gamma Columbae zeigt jedoch, dass sich hinter einem Stern, der seit langem für
Beobachtungen zugänglich ist, eine ungeahnte Geschichte verbergen kann. Das
lässt hoffen, dass bald auch andere Sterne eine überraschende Vergangenheit
preisgeben.
Die Ergebnisse zu Gamma Columbae wurden nun in der Zeitschrift Nature Astronomy
veröffentlicht.
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