Die Geräusche des Roten Planeten
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
5. April 2022
Der Marsrover Perseverance der NASA verfügt über
zwei Mikrofone, die die Geräusche auf dem Roten Planeten aufnehmen können. Nun
stellten Forschende die ersten Ergebnisse vor: Die Schallgeschwindigkeit ist auf
dem Planeten wie erwartet geringer als auf der Erde. Die meiste Zeit allerdings
herrscht auf der Oberfläche Stille.
Eines der Mikrofone von Perseverance ist
Teil der SuperCam im "Kopf" des Rovers (roter
Kreis).
Foto: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Der Mars hat eine sehr dünne Atmosphäre, deren Dichte an der Oberfläche nur
etwa einem Prozent im Vergleich zur Erde entspricht. Ob es dort in der kargen
Landschaft etwas zu hören gibt und ob man in dieser dünnen Atmosphäre überhaupt
Klänge aufnehmen kann, war bis vor kurzem unklar. Der NASA Marsrover
Perseverance brachte mit der Landung am 18. Februar 2021 zum ersten Mal
zwei funktionierende Mikrofone auf den Roten Planeten.
Nun wurden erste Ergebnisse vorgestellt: Sie zeigen anhand von Ton-Aufnahmen
des Rovers, dass die Schallgeschwindigkeit auf dem Mars langsamer ist als auf
der Erde. Meist herrscht dort eine tiefe Stille, nur unterbrochen vom Brummen
und Klicken der Instrumente des Rovers im leichten Marswind, dem Surren der
Rotoren des Marshubschraubers oder dem Knall des Plasmas, das der SuperCam-Laser
bei der Marsboden-Analyse erzeugt. An der Untersuchung des Plasmaknalls ist auch
das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt.
"Mit der Schlierentechnik konnten wir die Schallwellen der erzeugten Plasmen
im Labor unter Mars-analogen Bedingungen sichtbar machen, die bei der
laser-induzierten Plasmaspektroskopie erzeugt werden. Uns interessiert dabei
besonders, wie das akustische Signal zusammen mit dem Mikroplasma entsteht",
berichtet Dr. Susanne Schröder vom Berliner DLR-Institut für Optische
Sensorsysteme. Der Laser von SuperCam, der kleine Mengen von Gestein über
Entfernungen von mehreren Metern verdampft, um ihre Zusammensetzung zu
untersuchen, lässt kleine Plasmen entstehen. Diese erzeugen ein hohes Geräusch
über zwei Kilohertz.
"Diese Messungen werden in verschiedenen Entfernungen vom Rover durchgeführt,
sodass der vom Plasma erzeugte Knall eine gute Quelle zur Untersuchung der
Schallgeschwindigkeit ist. Dabei zeigte sich: Für den Schall auf dem Roten
Planeten existieren zwei unterschiedliche Schallgeschwindigkeiten für Frequenzen
unter 240 Hz und für Frequenzen über 240 Hz. Der Schall wird außerdem stark
gedämpft, sodass nach wenigen Metern kaum noch ein Tonsignal zu vernehmen ist",
erklärt Schröder.
Auf der Erde breiten sich Geräusche normalerweise mit etwa 340 Metern pro
Sekunde aus. Aber auf dem Mars bewegen sich tiefe Töne mit nur 240 Metern pro
Sekunde, während sich höhere Töne etwas schneller mit 250 Metern pro Sekunde
ausbreiten. Die beiden Schallgeschwindigkeiten sind eine Folge der dünnen
Kohlendioxidatmosphäre auf dem Mars. Physikalisch wurde erwartet, dass eine
kalte, dünne Kohlendioxid-Atmosphäre die Schallgeschwindigkeit in dieser Art
beeinflusst, aber nun konnten die Forschenden dieses Phänomen erstmals
tatsächlich beobachten.
Ein weiterer Effekt der dünnen Atmosphäre: Geräusche werden nur über eine
kurze Strecke übertragen, und hohe Töne breiten sich fast gar nicht aus. Auf der
Erde kann der Schall nach etwa 65 Metern abfallen, auf dem Mars dagegen schon
nach acht Metern, wobei die hohen Töne in dieser Entfernung völlig verloren
gehen. Nichtsdestotrotz gelang es dem Mikrofon-Team, das tiefe Surren des
Mars-Helikopters Ingenuity sogar noch aus einer Entfernung von 80
Metern zu detektieren.
Die meisten Geräusche der nun vorliegenden Studie wurden mit dem Mikrofon von
SuperCam aufgezeichnet, das am Kopf des Rovers angebracht ist. Die ersten
Audioaufnahmen vom Mars beinhalten verschiedene natürliche sowie vom Rover
selbst erzeugte Klänge: Neben Geräuschen der laserinduzierten
Plasmaspektroskopie des Instruments SuperCam konnte das Mikrofon auch
mechanische Geräusche von Perseverance und vom bereits erwähnten
Mars-Helikopter Ingenuity aufnehmen. Seine Rotoren drehen sich mit
2.500 Umdrehungen pro Minute und erzeugen einen unverwechselbaren, tiefen Ton
mit 84 Hertz. Ebenso lauschten die Forschenden dem Wind und Turbulenzen.
Insgesamt wurden vier Stunden und 40 Minuten Marsgeräusche analysiert in einem
Frequenzbereich von 20 Hz bis 50 kHz.
"Das ist eine neue Art der Untersuchung, die wir auf dem Mars noch nie
angewandt haben", sagt Sylvestre Maurice, Astrophysiker an der Universität von
Toulouse in Frankreich. Eines der auffälligsten Merkmale der Tonaufnahmen ist
die Stille, die auf dem Mars zu herrschen scheint. "Irgendwann dachten wir, das
Mikrofon sei kaputt, so still war es", ergänzt Maurice. Auch das ist eine Folge
der dünnen Marsatmosphäre. Da sich der Druck mit den Jahreszeiten auf dem Mars
ändert, könnte der sich anbahnende Herbst auf dem Roten Planeten lauter werden.
Die Untersuchung der von den Mikrofonen des Rovers aufgezeichneten Geräusche
gibt nicht nur Aufschluss über die Details der Marsatmosphäre, sondern hilft den
Wissenschaftlerinnen und Ingenieuren auch, den Zustand und die Funktionsweise
der zahlreichen Instrumente des Rovers zu beurteilen, so wie man beim Autofahren
ein störendes Geräusch wahrnehmen könnte.
Bereits frühere Marsmissionen der NASA vor Perseverance hatten das
Ziel, Geräusche auf dem Roten Planeten aufzuzeichnen, scheiterten aber. Das
Mikrofon auf dem Mars Polar Lander ging mit den Lander beim Eintritt in
die Marsatmosphäre verloren, und das Mikrofon auf der Raumsonde Phoenix
hatte technische Probleme. Perseverance verfügt über zwei Mikrofone:
Eines ist Teil des Instruments SuperCam im "Kopf" des Rovers, das zweite ist am
Rumpf von Perseverance angebracht.
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