Röntgenteleskop beobachtet mit Streulicht
von
Stefan Deiters astronews.com
15. März 2022
Seit fast zehn Jahren beobachtet das Weltraumteleskop NuSTAR
das Universum im Röntgenbereich. Nun haben Teammitglieder einen Weg gefunden,
auch Streulicht auszuwerten, das eigentlich gar nicht in die Detektoren des
Teleskops geraten sollte. Sie testeten das Verfahren nun anhand eines bekannten
Neutronensterns. Mit der Methode bieten sich neue Möglichkeiten.
Das Nuclear Spectroscopic Telescope Array, kurz NuSTAR, der
NASA.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Seit fast zehn Jahren untersucht das Röntgen-Weltraumobservatorium NuSTAR
(die Abkürzung steht für "Nuclear Spectroscopic Telescope Array") der NASA
einige der energiereichsten Objekte im Universum. Dazu zählen etwa kollidierende
kompakte Sterne oder gewaltige Schwarze Löcher, die gerade große Mengen an
Material verschlingen und diese zuvor auf extreme Temperaturen aufheizen.
Dabei hat es das NuSTAR-Team baubedingt auch mit Streulicht zu tun, das auf
die Detektoren fällt: NuSTAR ähnelt einer Hantel und besteht aus zwei größeren
Komponenten an beiden Enden, die durch einen schmalen, zehn Meter langen Mast
verbunden sind. Die größeren Komponenten enthalten Optik und Hardware und werden
für Beobachtungen auf das jeweilige Ziel ausgerichtet. Das Licht wandert dann
entlang des Mastes zu den Detektoren am anderen Ende.
Allerdings kann auch Licht in die Detektoren gelangen, das durch die
Seiten des Mastes eindringt und die Optik umgeht. Es erscheint im Sichtfeld von
NuSTAR zusammen mit dem Licht von dem Objekt, das das Teleskop direkt
beobachtet. Dieses Streulicht ist vergleichsweise leicht zu erkennen: Es bildet
einen Kreis aus schwachem Licht, der von den Seiten des Bildes ausgeht. Nun
haben Mitglieder des NuSTAR-Teams einen Weg gefunden, dieses Streu-Röntgenlicht
für wissenschaftliche Untersuchungen zu nutzen.
Erstmals wurde diese Streulichtverwertung nun für Beobachtungen des
Neutronensterns SMC X-1 ausprobiert. Neutronensterne, die nach der
Supernova-Explosion eines Sterns zurückbleiben, gehören zu den dichtesten
Objekten im Universum. Ihre starken Magnetfelder fangen Gasteilchen ein und
leiten sie in Richtung der Oberfläche des Neutronensterns. Wenn die Teilchen
beschleunigt und mit Energie versorgt werden, setzen sie hochenergetische
Röntgenstrahlen frei, die NuSTAR nachweisen kann.
SMC X-1 befindet sich in der Kleinen Magellanschen Wolke, einer
Satellitengalaxie der Milchstraße und besteht aus einem Neutronenstern, der von
einem massereichen Riesenstern umrundet wird. Die Helligkeit des Systems variiert stark,
folgt dabei allerdings einem bestimmten Muster, das sich etwa dadurch erklären
könnte, dass der Neutronenstern von seinem Partner verdeckt wird. Mithilfe der
Streulichtdaten konnten nun die schon bekannten Helligkeitsschwankungen des
Systems nachvollzogen werden.
"Ich denke, dies zeigt, dass dieser Streulichtansatz zuverlässig ist,
weil wir Helligkeitsschwankungen im Neutronenstern in SMC X-1 beobachtet haben,
die wir bereits durch direkte Beobachtungen bestätigt hatten", sagte McKinley Brumback, Astrophysiker am
California Institute of Technology im kalifornischen
Pasadena. "In Zukunft wäre es großartig, wenn wir die Streulichtdaten nutzen
könnten, um Objekte zu untersuchen, von denen wir nicht bereits wissen, ob sie sich
regelmäßig in der Helligkeit ändern, und diesen Ansatz möglicherweise auch verwenden
könnten, um Veränderungen zu erkennen."
Um die jetzt vorgestellte Studie zu ermöglichen, hatte das Team zunächst das
Streulicht von verschiedenen NuSTAR-Beobachtungen getrennt. Sie identifizierten
dann helle, bekannte Röntgenquellen in der Umgebung jeder durchgeführten Beobachtung und verwendeten
Computermodelle, um vorherzusagen, wie viel Streulicht davon jeweils in den
Daten erscheinen sollte. So entstand ein Katalog von rund 80 Objekten, für die NuSTAR
interessante Streulichtbeobachtungen gesammelt hatte. Natürlich kann diese Auswertung
von Streulichtdaten keine direkten Beobachtungen ersetzen, könnte aber dazu
beitragen, mehr über die Objekte zu erfahren, die sich als Streulicht in den
Daten bemerkbar machen.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel der in
der Zeitschrift Astrophysical Journal erschienen ist.
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