Seltener Zerfall bestätigt Standardmodell
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Technischen Universität Dortmund astronews.com
14. Februar 2022
Am Large Hadron Collider in Genf wurde in den
vergangenen Jahren auch der äußerst seltene Zerfall eines Bs-Teilchens in zwei
Myonen untersucht. Bei den nun vorgestellten Ergebnissen handelt es sich um die
bislang präzisesten Messungen der Zerfallsrate mit einem Einzelexperiment. Die
Daten festigen das Standardmodell der Teilchenphysik.
Blick in den Tunnel des Large Hadron
Collider in Genf.
Foto: CERN [Großansicht] |
Am Large Hadron Collider (LHC) am Forschungszentrum CERN in Genf werden in
einer ringförmigen, rund 27 Kilometer langen Röhre unter der Erde Pakete von
Protonen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision
gebracht. Dabei entstehen Milliarden von Elementarteilchen. Gigantische
Detektoren zeichnen deren Spuren, ihre Energie und ihren Zerfall auf.
Die Daten werden auch von den Dortmunder Physikerinnen und Physikern
analysiert. Ziel ist es, mögliche Erweiterungen des Standardmodells der
Teilchenphysik zu finden. Die nun veröffentlichte Messung basiert auf insgesamt
sechs Jahren der Datenaufzeichnung am LHC zwischen 2011 und 2018. Sie beinhaltet
damit die bisherigen Ergebnisse und fasst sie zusammen, bevor in diesem Jahr der
LHC nach einem mehrjährigen technischen Stopp wieder gestartet wird und eine
neue Periode der Datenaufzeichnung beginnt.
Die Studie befasste sich mit dem Zerfall eines Bs-Teilchens, das aus einem
Quark und einem Antiquark besteht, in zwei Myonen, also schwere Varianten des
Elektrons. Gemäß dem Standardmodell dürften von einer Milliarde Bs-Teilchen nur
etwa drei auf diese Weise zerfallen. Aus diesem Grund bedarf es sehr großer
Datenmengen, um den Zerfall genau zu vermessen. Die LHCb-Kollaboration berichtet
von der bis dato präzisesten Messung der Zerfallsrate durch ein einzelnes
Experiment.
Die Forscherinnen und Forscher bestimmten die relative Häufigkeit des Bs-Zerfalls
und berechneten außerdem die obere Ausschlussgrenze für die Rate des Zerfalls
anderer ähnlicher Teilchen – nämlich des B0-Mesons, das gemäß dem Standardmodell
um den Faktor 30 kleiner ist, sowie einer verwandten Variante des Bs-Zerfalls,
bei dem zusätzlich ein Photon abgestrahlt wird.
"Es zeigte sich, dass innerhalb der erreichten Präzision alle Messungen mit
dem Standardmodell kompatibel sind“, fasst Prof. Johannes Albrecht von der
Fakultät Physik der Technischen Universität Dortmund zusammen, der mit seinen
Doktoranden Titus Mombächer und Maik Becker an der Studie beteiligt war. "Damit
werden die Möglichkeiten für Erweiterungen des Standardmodells stark
eingeschränkt."
Innerhalb der LHCb-Kollaboration wurde die Messung in einem großen Team mit
Forschenden aus Deutschland, England, Italien, den Niederlanden und der Schweiz
durchgeführt. Die Dortmunder Arbeitsgruppe von Prof. Johannes Albrecht hat in
den vergangenen neun Jahren wesentliche Beiträge zur aktuellen und zu vorherigen
Messungen dieser Zerfälle geleistet.
Die aktuellen Ergebnisse sind in zwei Artikeln in den Fachzeitschriften Physical Review
Letters und Physical Review D erschienen.
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