ALICE-Experiment nach Umbau wieder in Betrieb
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
29. November 2021
Zehn Jahre lang haben Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler aus 30 Ländern den Umbau des ALICE-Detektors am
Teilchenbeschleuniger CERN in Genf vorbereitet. Drei Jahre dauerte es, bis alle
neuen Komponenten eingebaut waren. Jetzt hat der neue ALICE-Detektor die ersten
Daten geliefert. Mit ihm soll die Materie untersucht werden, die unmittelbar
nach dem Urknall existierte.
Der ALICE-Detektor zeichnet unter anderem
die Spuren der Teilchenschauer auf (blaue
Linien), die durch die Kollisionen der schweren
Atomkerne entstehen. Die ersten Messdaten zeigen:
Der Umbau war erfolgreich.
Bild: ALICE-Kollaboration [Großansicht] |
Die rund 2000 Forschenden am ALICE-Experiment am Teilchenbeschleuniger CERN
in Genf wollen einen besonderen Materie-Zustand untersuchen: das Quark-Gluon-Plasma.
Es entsteht, wenn Blei-Atomkerne aus dem großen Large Hadron Collider (LHC) am
CERN mit sehr großer Energie aufeinanderprallen und sich für einen kurzen Moment
in ihre elementaren Bestandteile auflösen. In dieser heißen und dichten
Materiesuppe können sich Quarks und Gluonen, die sonst in den Protonen und
Neutronen des Atomkerns eingeschlossen sind, frei bewegen. Mit ALICE lassen sich
die Eigenschaften des Quark-Gluon-Plasmas erforschen und wie sich daraus unser
Universum, wie wir es heute kennen, entwickelt hat.
Die Genauigkeit der ALICE-Ergebnisse war bisher durch die Anzahl der
Kollisionen begrenzt, die am LHC stattfanden und von ALICE aufgezeichnet werden
konnten. Um die Zahl der Teilchenkollisionen zu steigern, wurden sowohl der LHC
als auch die Detektoren des ALICE-Experiments in den letzten drei Jahren
erheblich umgebaut und verbessert. Die Vorbereitungen hierfür fanden unter
anderem an der Goethe-Universität statt und dauerten insgesamt zehn Jahre. Im
Rahmen einer dreitägigen Pilotstrahlzeit hat der umgebaute Detektor nun eine
erfolgreiche Generalprobe für die ab 2022 geplanten und bis 2030 andauernden
Messkampagnen absolviert.
Harald Appelshäuser, Professor am Institut für Kernphysik der
Goethe-Universität und Projektleiter des Teildetektors TPC (engl. Time
Projection Chamber) ist begeistert: "Jetzt ist es endlich so weit: Nach zehn
Jahren Vorbereitungszeit haben wir die ersten Kollisionen gesehen und alles hat
funktioniert. Dies ist ein wichtiger Meilenstein für die gesamte
ALICE-Kollaboration."
Eine besonders hohe Herausforderung stellt die enorme Datenmenge dar, die das
Experiment beim Betrieb nach dem Umbau aufzeichnen wird. Allein der TPC-Detektor
erzeugt einen Datenstrom von mehr als einem Terabyte pro Sekunde, die in
Echtzeit mithilfe von effizienten Mustererkennungsmethoden prozessiert werden
müssen. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das eigens am Experiment
aufgebaute Rechencluster EPN (engl. Event Processing Nodes) mit 250 Servern, in
denen sowohl konventionelle CPUs als auch spezielle Grafikprozessoren (GPUs) zum
Einsatz kommen. Das EPN-Projekt steht unter der Leitung von Prof. Volker
Lindenstruth vom Frankfurt Institut for Advanced Studies (FIAS) an der
Goethe-Universität.
Projekte dieser Größenordnung wie das ALICE-Experiment am LHC erfordern eine
enge und koordinierte nationale und internationale Zusammenarbeit. Allein aus
Deutschland sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten
Frankfurt, Heidelberg, München, Münster und Bonn sowie dem GSI Helmholtzzentrum
für Schwerionenforschung in Darmstadt beteiligt.
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