Mit künstlicher Intelligenz auf Exoplanetensuche
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
12. November 2021
Durch den Einsatz von Techniken der künstlichen Intelligenz,
die denen ähneln, die in autonomen Autos verwendet werden, hat ein Team der
Universität Genf und der Universität Bern in Zusammenarbeit mit einem
industriellen Partner eine neue Methode zur Entdeckung von Exoplaneten
entwickelt. Diese könnte auch auf der Erde eingesetzt werden, um illegale
Mülldeponien und Abfallablagerungen zu entdecken.
Die Methode verwendet eine Datendarstellung,
bei der die Anwesenheit eines Planeten (rechts)
wie ein Fluss von oben (links) zu sehen ist. Das
Bild rechts zeigt den gemessenen Lichtstrom des
Sterns Kepler-36 mit der Verfinsterungen durch
Kepler-36 b.
Bild: UNIGE, Dave Hoefler [Großansicht] |
Die meisten der bisher entdeckten Exoplaneten wurden mit der
Transitmethode aufgespürt. Diese Technik basiert auf einer Mini-Finsternis, die
entsteht, wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht. Die beobachtete Abnahme
der Leuchtkraft des Sterns ermöglicht es, nach einer periodischen Bestätigung
der Beobachtungen auf die Existenz eines Planeten zu schließen und seinen
Durchmesser zu schätzen. Die Theorie sagt jedoch voraus, dass in vielen
Planetensystemen die Wechselwirkungen zwischen den Planeten diese Periodizität
verändern und ihre Entdeckung unmöglich machen.
Vor diesem Hintergrund hat ein Team von Astronominnen und Astronomen der
Universität Genf, der Universität Bern und des Nationalen Forschungsschwerpunkts
PlanetS in Zusammenarbeit mit der Firma Disaitek künstliche Intelligenz (KI) für
die Bilderkennung eingesetzt. Sie haben einer Maschine beigebracht, die
Auswirkungen von Wechselwirkungen zwischen Planeten vorherzusagen, was die
Entdeckung von bisher unbekannten Exoplaneten möglich macht. Die entwickelte
Methode könnte auch eine Anwendung auf der Erde finden und eingesetzt werden, um
illegale Mülldeponien und Abfallablagerungen zu entdecken.
Die Entdeckung eines Planeten mit der Transitmethode ist ein langwieriger
Prozess. Das Auffinden des von kleinen Planeten verursachten Signals in den
Daten kann kompliziert, wenn nicht gar unmöglich sein, wenn Wechselwirkungen
zwischen den Planeten die Periodizität des Transitphänomens verändern. Um dieser
Schwierigkeit zu begegnen, müssen Instrumente entwickelt werden, die diesen
Effekt berücksichtigen können. "Deshalb haben wir uns überlegt, künstliche
Intelligenz für die Bilderkennung einzusetzen", erklärt Adrien Leleu von der
Astronomieabteilung der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf
und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkt PlanetS.
Effektiv ist es möglich, einer Maschine anhand einer großen Anzahl von
Beispielen beizubringen, alle Parameter zu berücksichtigen und die Auswirkungen
der Wechselwirkungen zwischen den Planeten in einer bildlichen Darstellung der
induzierten Wirkung vorherzusagen. Zu diesem Zweck hat sich das Forschungsteam
über die Technologie- und Innovationsplattform des NFS PlanetS mit dem
Unternehmen Disaitek zusammengetan.
"Bei der in diesem Projekt verwendeten KI handelt es sich um ein neuronales
Netz, dessen Ziel es ist, für jedes Pixel eines Bildes zu bestimmen, welches
Objekt es darstellt", erklärt Anthony Graveline, Präsident von Disaitek. Im
Rahmen eines autonomen Fahrzeugs ermöglicht dieser Algorithmus die
Identifizierung der Straße, des Bürgersteigs, der Schilder und der von der
Kamera wahrgenommenen Fußgänger. Bei der Erkennung von Exoplaneten geht es
darum, bei jeder Messung der Helligkeit des Sterns festzustellen, ob die
Verfinsterung durch einen Planeten beobachtet wird. Das neuronale Netz trifft
seine Entscheidung, indem es alle verfügbaren Beobachtungen dieses Sterns mit
der Reihe von Konfigurationen vergleicht, die es beim Training gesehen hat.
"Bei den ersten Anwendungen der Methode haben wir zwei Exoplaneten -
Kepler-1705b und Kepler-1705c - entdeckt, die von früheren Techniken völlig
übersehen worden waren", erklärt Leleu. Die so entdeckten Planetensysteme sind
eine Goldmine für das Wissen über Exoplaneten und insbesondere über Planeten des
terrestrischen Typs, die im Allgemeinen schwer zu charakterisieren sind. Die
entwickelte Methode ermöglicht es nicht nur, den Radius der Planeten
abzuschätzen, sondern liefert auch Informationen über ihre Masse und damit über
ihre Dichte und Zusammensetzung.
"Der Einsatz von KI, insbesondere von 'Deep Learning' wie in dieser Arbeit,
findet in der Astrophysik zunehmend Verbreitung, sei es, um Beobachtungsdaten zu
verarbeiten, wie wir es hier getan haben, oder um die Ergebnisse gigantischer
numerischer Simulationen zu analysieren, die Terabytes von Daten produzieren.
Was wir in dieser Studie entwickelt haben, ist ein neues Beispiel für den
fantastischen Beitrag, den diese Techniken für unser Gebiet und wahrscheinlich
für alle Forschungsbereiche leisten können", erklärt Yann Alibert, Professor für
Astrophysik an der Universität Bern und wissenschaftlicher Leiter im NFS PlanetS.
Diese Technik, die sich für die astronomische Beobachtung bewährt hat, kann
auch für die Beobachtung der Erde und ihrer Umwelt eingesetzt werden. "Bei der
Entwicklung dieser Technologie haben wir schnell erkannt, dass sie auch für
andere Probleme eingesetzt werden kann, für die nur wenige Daten zur Verfügung
stehen", erklärt Grégory Châtel, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung
bei Disaitek. Mithilfe von hochauflösenden Satellitenbildern setzt Disaitek
diese KI nun zur Lösung von Umweltproblemen ein, insbesondere zur Erkennung von
illegalen Müllablagerungen.
Über das Verfahren berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheint.
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