Die Atmosphären heißer Jupiter im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
28. September 2021
Ein kleiner Mini-Satellit soll in den kommenden Monaten
riesige extrasolare Gaswelten erforschen: Das Colorado Ultraviolet Transit
Experiment, kurz CUTE, ist in der vergangenen Nacht erfolgreich ins All
gestartet. Durch Beobachtung der Atmosphären von heißen Jupitern erhoffen sich
die Forschenden auch allgemeinere Informationen über die Planetenentwicklung.
Künstlerische Darstellung des Satelliten
CUTE im Erdorbit.
Bild: LASP / UCB [Großansicht] |
Zusammen mit dem Satelliten Landsat 9 wurde gestern Abend von der
Vandenberg Space Force Base in Kalifornien auch das Colorado
Ultraviolet Transit Experiment (CUTE) gestartet. Der kleine Satellit soll
die Atmosphären von extrasolaren Planeten untersuchen. CUTE ist nur von
seiner Größe her "niedlich", englisch "cute": Im Inneren des Satelliten steckt
Hightech vom Feinsten: Es handelt sich nämlich um die erste von der NASA
finanzierte CubeSat-Mission, die einen Blick auf ferne Welten außerhalb unseres
Sonnensystems wirft - ein wichtiger Test dafür, wozu diese kleinen Raumfahrzeuge
in der Lage sein könnten.
"Das etwa vier Millionen Euro teure Raumfahrzeug, ein viel kleinerer
Satellitentyp als üblich, auch als CubeSat bekannt, ist ungefähr so groß wie
eine Schuhschachtel", so Luca Fossati vom Das Grazer Institut für
Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das
als wichtigster nicht-amerikanischer Partner an der Mission beteiligt ist.
Fossati ist Mitglied im CUTE Science Team ist. Im Gegensatz zu größeren
Weltraummissionen, die oft Hunderte von Millionen Euro kosten, können CubeSats
kostengünstig und schneller hergestellt werden und trotzdem von
wissenschaftlichem Nutzen sein.
Der Mini-Satellit verfolgt große wissenschaftliche Ziele: Im Laufe von etwa
sieben Monaten soll er eine besondere Klasse von extrasolaren Planeten ins
Visier nehmen, die als "heiße Jupiter" bezeichnet werden. Wie ihr Name schon
sagt, sind diese Gasplaneten sowohl groß als auch sehr heiß und erreichen
Temperaturen von Tausenden von Grad Celsius. Sie umrunden ihre Sonne auf sehr
engen Bahnen. "Dank der Ergebnisse werden wir besser verstehen, wie sich diese
und viele andere Planeten über Milliarden von Jahren entwickeln und sogar
schrumpfen", erläutert Fossati das Missionsziel.
CUTE befasst sich mit einem besonders "heißen" Thema der Astrophysik: Heiße
Jupiter und ihre noch chaotischeren Cousins, die ultraheißen Jupiter, sind eine
äußerst unwirtliche Klasse von Gaswelten. Ein Beispiel dafür ist KELT-9b: Dieser
Planet, der sich in einem Sternensystem befindet, das etwa 670 Lichtjahre von
unserem entfernt ist, hat eine Masse, die fast dreimal so groß ist wie die des
Jupiters. Aber KELT-9b kreist auch viel näher an seinem Mutterstern - so nah,
dass die Temperaturen auf dem Planeten 7800 Grad Celsius erreichen. "Durch die
Nähe zu seinem Stern, der fast zweimal so heiß wie unsere Sonne ist, erhält
KELT-9b eine enorme Strahlungsmenge", berichtet Fossati.
Diese Strahlung fordert mit der Zeit ihren Tribut von den Planeten. Bei
diesen Temperaturen beginnen sich die Atmosphären heißer Jupiter auszudehnen.
Sie können sogar ins All entweichen. Und genau hier kommt CUTE ins Spiel: Der
Satellit wird die aufgeblähten Atmosphären dieser wirklich heißen, ziemlich
gashaltigen Exoplaneten untersuchen und messen, wie schnell die Gase entweichen.
"Die Ergebnisse werden uns nicht nur viel über heiße Jupiter, sondern über
die gesamte Bandbreite der in der Galaxie existierenden Planeten sagen können,"
so Fossati. Dazu gehören auch kleine und felsige Welten wie die Erde und ihre
nahen Nachbarn. Der Mars beispielsweise hat im Laufe von fast drei Milliarden
Jahren ebenfalls einen Großteil seiner Atmosphäre verloren, so dass der Planet
für Menschen unbewohnbar geworden ist. CUTE soll während seiner kurzen
Lebensdauer so viele heiße Jupiter wie möglich abtasten. "Der Satellit wird
beweisen, dass auch 'niedliche' Dinge bemerkenswerte wissenschaftliche Arbeit
leisten können", ist Fossati überzeugt.
CUTE misst 30 mal 20 mal 10 Zentimeter, das entspricht ungefähr der Größe
einer Schuhschachtel. Der CubeSat wird die obere Atmosphäre der fernen Welten
mithilfe der Ultraviolett-Spektroskopie erforschen und die Zielobjekte während
eines sogenannten Planetentransits beobachten: "Wenn der Planet von der Erde aus
gesehen vor dem Stern vorbeizieht, gelingt es einem Teil des Sternenlichts die
Planetenatmosphäre zu durchdringen und eine charakteristische Signatur im
Sternenspektrum zu hinterlassen", erklärt Fossati. Diese mit CUTE erfassten
Spektra werden zur näheren Beobachtung der Atmosphäre herangezogen, um den
Masseverlust der Planeten besser zu verstehen.
CUTE wurde am Laboratory for Atmospheric and Space Physics (LASP)
der University of Colorado in Boulder in den USA entwickelt und gebaut.
Das IWF stellte die Analyse des optischen Systems bereit und lieferte den
Datensimulator und die Datenreduktions-Pipeline. Der österreichische Beitrag zu
CUTE wurde von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert. Weitere
Projektpartner im CUTE-Team stammen aus Arizona, Irland, Frankreich und den
Niederlanden.
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