Das Rätsel der kosmischen Jets
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
19. Juli 2021
Eine neue, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
geförderte Forschungsgruppe möchte hinter das Geheimnis der energiereichen
kosmischen Jets kommen, die von supermassereichen Schwarzen Löchern aus ins All
schießen. Dazu soll auch versucht werden, die verschiedenen wissenschaftlichen
Zugänge zum Verständnis der Jets zusammenzuführen.
Visualisierung des ganzheitlichen Ansatzes
der Forschungsgruppe: Beobachtungen (rechts) und
theoretische Modellierungen (links) von Jets
werden kombiniert auf kleinsten und größten
Skalen.
Bild: Matthias Kadler, durch Collage von
Einzelbildern von C. Fromm (JMU), A. Baczko (MPIfR),
R. Perley und W. Cotton (NRAO/AUI/NSF) [Großansicht] |
Schwarze Löcher befinden sich im Zentrum fast aller Galaxien. Sie haben eine
unvorstellbar große Masse und ziehen Materie, Gas und sogar Licht an. Allerdings
verschwindet nicht alles Material in ihrem Inneren: Schwarze Löcher können
nämlich auch immense Energie, die ursprünglich in ihrer Rotation oder der
potentiellen Energie aufgesammelter Materie gespeichert war, in die Umgebung
freisetzen. Sie tun das in Form von Jets.
Bei Jets handelt es sich um gebündelte Plasmastrahlen, die Teilchen auf
extreme Energien beschleunigen und aus dem Zentrum der Galaxie mit nahezu
Lichtgeschwindigkeit ausstoßen. Solche Jets können mehrere hunderttausend
Lichtjahre weit ins Weltall reichen und helle Radio-, Röntgen- und
Gammastrahlung aussenden.
Jets stellen die Wissenschaft noch vor viele Rätsel: Woraus bestehen sie? Wie
werden sie in der unmittelbaren Umgebung supermassereicher Schwarzer Löcher
gestartet? Welche Prozesse sind für ihre hochenergetische Strahlung
verantwortlich, und welche Wechselwirkungen gibt es mit der Muttergalaxie?
Solche Fragen sollen in der neuen Forschungsgruppe "Relativistische Jets in
Aktiven Galaxien" geklärt werden – mithilfe von Theorie, Modellierung,
Beobachtung und Interpretation.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Gruppe mit 3,6
Millionen Euro innerhalb der nächsten vier Jahre (mit der Möglichkeit der
Fortsetzung in einer zweiten Förderphase über weitere vier Jahre). Sprecher der
Gruppe ist der Astrophysik-Professor Matthias Kadler von der
Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. An der JMU sind neben Professor
Kadler auch Professor Karl Mannheim, Juniorprofessorin Sara Buson und Dr.
Christian Fromm beteiligt. Weitere Projekte sind an den Universitäten Hamburg,
Heidelberg, Erlangen-Nürnberg, am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam
sowie an den Max-Planck-Instituten für Astronomie und Radioastronomie in
Heidelberg und Bonn angesiedelt.
Die Forschenden haben sich das ambitionierte Ziel gesetzt, ein "Konkordanzmodell"
der Jets zu entwickeln. Erreicht werden soll dies durch eine Überwindung der
historisch gewachsenen Trennungen zwischen verschiedenen wissenschaftlichen
Zugängen zur Problemstellung, zum Beispiel, indem Beobachtungen und theoretische
Modellierung stärker als bisher miteinander koordiniert werden.
"Beeindruckende Durchbrüche in der beobachtenden Astronomie und
Astroteilchenphysik der letzten Jahre haben Jets noch weiter in den Fokus der
modernen Forschung gerückt," erklärt Kadler. "Gleichzeitig haben theoretische
und numerische Modellierungen enorme Fortschritte gemacht. In unserer
Forschungsgruppe wird dies erstmals in dieser Form und Breite zusammengeführt."
DFG-Forschungsgruppen sollen es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
ermöglichen, sich aktuellen Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative
Arbeitsrichtungen zu etablieren. Die von der DFG bereitgestellten Mittel sollen
zu großen Teilen zur Schaffung von Projektstellen für
Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler verwendet werden.
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