Wichtige Unterstützung für Einstein-Teleskop
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
13. Juli 2021
Das Einstein-Teleskop soll einmal als
Gravitationswellendetektor der dritten Generation noch sehr viel genauer nach
diesen faszinierenden Kräuselungen der Raumzeit lauschen. Nun hat das Vorhaben
wichtige Schützenhilfe erhalten: Es wurde vom Europäischen Strategieforum für
Forschungsinfrastrukturen in die aktuelle Roadmap aufgenommen.
Künstlerische Darstellung des geplanten
Einstein-Teleskops.
Bild: NIKHEF [Großansicht] |
Das Projekt "Einstein-Teleskop", kurz ET, ein geplantes europäisches
Gravitationswellenobservatorium der dritten Generation, hat einen Meilenstein
erreicht: Das Europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI)
hat jetzt beschlossen, das Einstein-Teleskop in die aktualisierte Fassung seiner
Roadmap 2021 aufzunehmen. Diese Entscheidung, so die an dem Projekt beteiligten
Forschenden, würde die Bedeutung des Detektors für die europäische
Forschungslandschaft und die weltweite Gravitationswellenforschung
unterstreichen.
Die ET-Koordinatoren des Forschungsinfrastruktur-Konsortiums, Antonio Zoccoli
vom Instituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN ) in Italien und Stan
Bentvelsen vom Nationaal instituut voor subatomaire fysica (Nikhef) in
den Niederlanden, begrüßten das Ergebnis. "Das Strategieforum hat das Potenzial
des Projektes bestätigt und stärkt ET auf europäischer Ebene", sagte Zoccoli.
"Wir werden das Projekt gemeinsam entwickeln, denn so können wir unser Wissen
über das Universum erweitern, technologische Innovationen und soziales Wachstum
zu fördern." Und Bentvelsen ergänzt: "Der ESFRI-Status ist ein wichtiger Schritt
zur Verwirklichung dieses europäischen Projekts. Wissenschaftlich ist das
Einstein-Teleskop unbestritten, und mit dem ESFRI-Status gibt es eine
unverzichtbare anerkannte Unterstützung für seine Qualität und Bedeutung. Wir
freuen uns darauf, die Pläne gemeinsam mit allen beteiligten Ländern
weiterzuentwickeln."
"Erarbeitet wurde der Antrag über einen Zeitraum von zwei Jahren von
Forschungseinrichtungen und Universitäten aus zehn europäischen Ländern. Sie
verfügen über echte interdisziplinäre Kompetenzen und bilden jetzt das
Einstein-Teleskop-Konsortium", erläutert Michele Punturo, Koordinator der
ET-ESFRI-Antragsvorbereitung. Eingereicht wurde der Antrag im September 2020 von
der italienischen Regierung, unterstützt von den Niederlanden, Belgien, Polen
und Spanien.
"Diese positive Entscheidung ermöglicht es den europäischen
Gravitationswellenforschenden nun, die detaillierten Planungen und die
Standortentscheidung zügig voranzutreiben. Ich freue mich sehr auf ET, da es ein
integraler Bestandteil des aufstrebenden Feldes der Multi-Messenger-Astronomie
sein wird", sagt Harald Lück von der Leibniz Universität Hannover und dem
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI).
"Dies ist eine gute Nachricht für die stetig wachsende deutsche ET-Community.
Wir sind gut darauf vorbereitet, die für ET erforderlichen Technologien
weiterzuentwickeln und ET zu realisieren. Viele dieser Technologien wird man
auch jenseits der Grundlagenforschung anwenden können. Sie haben das Zeug, in
den kommenden Jahre Innovationen zu beflügeln", unterstreicht Achim Stahl von
der RWTH Aachen.
Das Einstein-Teleskop wurde in einem sorgfältigen Evaluierungs- und
Auswahlprozess bestätigt. Während der ESFRI-Versammlung stimmten die Delegierten
schließlich für die Aufnahme des Einstein-Teleskops in die ESFRI-Roadmap. Diese
offizielle europäische Zustimmung bringt das Projekt in eine neue Phase. Die
beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen aus zehn Ländern (Belgien,
Deutschland, Ungarn, Italien, Norwegen, Spanien, Schweiz, Polen, Niederlande,
Großbritannien) können nun ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeit für ET
intensivieren. Unter anderem werden die geologischen Untersuchungen an den für
ET infrage kommenden Standorten weiter vorangetrieben um zu klären, ob sie für
die unterirdische Infrastruktur von ET geeignet sind.
Das Einstein-Teleskop ist ein künftiges europäisches
Gravitationswellen-Observatorium der dritten Generation. Es wird rund zehn Mal
empfindlicher sein, als die heutigen Instrumente und den Forschenden einen Blick
in bisher unzugängliche Regionen des Universums ermöglichen. Gravitationswellen
wurden zum ersten Mal 2015 nachgewiesen. Seitdem ist es möglich, das Universum
auf eine vollkommen neue Art zu erforschen. Bis zur ersten direkten Messung von
Gravitationswellen konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das
Universum nur durch die Betrachtung von Licht oder Strahlung studieren, mit
Gravitationswellen hingegen können sie Schwingungen der Raumzeit selbst
beobachten.
Obwohl Albert Einstein die Existenz von Gravitationswellen bereits vor
hundert Jahren vorhersagte, rechnete er nicht damit, dass es jemals möglich sein
würde, sie nachzuweisen. Doch mit den atemberaubenden technologischen
Entwicklungen des letzten Jahrhunderts gelang es mit
Gravitationswellendetektoren die erforderliche Empfindlichkeit und Präzision zu
erreichen. Damit begann eine neue Ära in der Erforschung des Universums, die Ära
der Gravitationswellen- und Multimessenger-Astronomie, und führte zum Nobelpreis
für Physik im Jahr 2017.
ESFRI, das Europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen, ist ein
strategisches Instrument zur Entwicklung der wissenschaftlichen Integration
Europas und zur Stärkung der internationalen Sichtbarkeit. Die Aufgabe von ESFRI
ist es, einen kohärenten und strategiegeleiteten Ansatz für die
Politikgestaltung im Bereich der Forschungsinfrastrukturen in Europa zu
unterstützen und multilaterale Initiativen zu erleichtern, die zu einer besseren
Nutzung und Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen auf EU- und
internationaler Ebene führen. Die Delegierten von ESFRI werden von den
Forschungsministern der Mitglieds- und assoziierten Länder ernannt und umfassen
auch einen Vertreter der Europäischen Kommission.
Die ESFRI-Roadmap identifiziert die vielversprechendsten europäischen
Wissenschaftsstrukturen auf der Grundlage eines eingehenden Bewertungs- und
Auswahlverfahrens und umfasst die ESFRI-Projekte, also neue, im Aufbau
befindliche Forschungsinfrastrukturen, und die ESFRI-Landmarks, d. h. bereits
erfolgreich umgesetzte Forschungsinfrastrukturen. Alle bisherigen
Aktualisierungen der ESFRI-Roadmap haben sich als sehr einflussreich erwiesen
und eine strategische Orientierung für Investitionen der Mitgliedsstaaten und
assoziierten Länder gegeben, auch über den Bereich der Forschungsinfrastrukturen
hinaus.
Deutschlands ET-Community wächst rasant. Es besteht ein breites Interesse an
diesem einzigartigen Zukunftsprojekt - mittlerweile beteiligen sich zahlreiche
Institute aus Physik, Geologie, Lasertechnik, Kristallographie, Maschinenbau und
Informatik. Vertreterinnen und Vertreter von 17 Forschungseinrichtungen haben
inzwischen eine enge Zusammenarbeit vereinbart.
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