Asteroidenstaub in Kraterproben entdeckt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Naturhistorischen Museums Wien astronews.com
25. Februar 2021
In Bohrproben aus dem Chicxulub-Impaktkrater in Mexiko wurde jetzt
Meteoriten-Staub nachgewiesen. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler werten den Fund als letztes Stück im Puzzle um das Massensterben
vor rund 66 Millionen Jahren, dem auch die Dinosaurier zum Opfer gefallen sind:
Es sei nun gesichert, dass das Artensterben mit einem Asteroideneinschlag
zusammenhing.
Chicxulub Bohrkern 40R-1.
Foto: Onshore science party of IODP-ICDP
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Vor 66 Millionen Jahren hat ein katastrophales Massenaussterben das Leben auf
der Erde völlig verändert. Mehr als zwei Drittel aller damals lebenden Arten
starben aus, unter anderem die Dinosaurier, oder auch die Ammoniten. Die
Säugetiere überlebten das Massensterben und hatten nach dem Verschwinden der
Saurier eine ökologische Nische. Es gab viele Hypothesen zur Erklärung dieses
Massensterbens am Ende der Kreidezeit.
Erste konkrete Hinweis auf eine Erklärung wurde Ende der 1970er Jahre in
Sedimentschichten in der Nähe von Gubbio in Italien und Caravaca in Spanien
gefunden, wo eine sehr dünne Schicht aus Tonmineralien die Grenze zwischen der
Kreidezeit und dem Paläogen markiert. Vor etwas mehr als 40 Jahren wurden in
diesen "Grenzschichten" ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Iridium und
anderen sogenannten Platinmetallen gefunden - seltene Metalle, die in relativ
hohen Konzentrationen in Meteoriten, aber in sehr geringen Konzentrationen in
Gesteinen der Erdoberfläche vorkommen. Diese Tonschicht wurde damit erklärt,
dass sie sich aus Staub gebildet hat, der durch den Einschlag und die
Verdampfung eines etwa zwölf Kilometer großen Asteroiden entstanden ist. Dieser
Befund wurde in den frühen 1990er Jahren durch die Entdeckung des etwa 200
Kilometer großen Einschlagskraters Chicxulub, der unter der Halbinsel Yucatán in
Mexiko begraben liegt, bestätigt.
Jetzt, mehr als 40 Jahre später, haben Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler das letzte Beweisstück gefunden, das das globale
Massenaussterben mit dem Asteroideneinschlag in Verbindung bringt. Ein
internationales Forschungsteam konnte die globale Asteroidenstaubschicht bis ins
Innere des Chicxulub-Einschlagskraters zurückverfolgen. "Der Kreis ist nun
endlich geschlossen", kommentiert Dr. Steven Goderis, Professor für Geochemie an
der Vrije Universiteit Brussel und Hauptautor der Studie.
Im Mai 2016 wurde ein diskontinuierlicher Ring von Hügeln, der das Zentrum
der Chicxulub-Einschlagstruktur in Mexiko umgibt, ein sogenannter Peak-Ring, von
Teams des International Ocean Discovery Program (IODP) und des
International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) erbohrt.
Bei dieser Bohrung wurden ca. 835 Meter Gestein an die Oberfläche gebracht,
die eine enorme Menge an neuen Informationen über die Vorgänge in der
Kraterregion vor, während und unmittelbar nach dem Asteroideneinschlag
lieferten. Details der Ablagerungen in dem Zeitintervall, in dem der Krater von
einer dynamischen Umgebung mit zurückkehrendem Ozeanwasser und Tsunami-Wellen zu
viel ruhigeren Bedingungen überging, sind im Bohrkern gut dokumentiert.
Basierend auf einer umfangreichen geochemischen Analyse dieses Teils des
Bohrkerns wurden die höchsten Konzentrationen von Iridium in einem tonreichen
Intervall in Sedimenten gefunden, die den inneren Kraterring bedecken, direkt
unter Kalkstein aus dem frühesten Paläogen.
"Der Fund der Iridium-Anomalie am 'Tatort', dem Chicxulub-Einschlagskrater,
mag für die meisten Österreicherinnen und Österreicher anekdotisch und zeitlich
weit weg erscheinen, doch die dünne Tonschicht, die dieses globale
Massenaussterben markiert, kommt auch in Österreich vor, nämlich in der Region
Gams in der Steiermark. Damals wurde das aus dem Krater geschleuderte,
geschmolzene und kondensierte Material im heutigen Österreich abgelagert",
erklärt Dr. Ludovic Ferrière, Kurator der Meteoriten- und Impaktitsammlung am
Wiener Naturhistorischen Museum, der an den Untersuchungen beteiligt war.
Da Iridium ein Element ist, das in diesem Zusammenhang aufgrund seiner
geringen Konzentrationen ziemlich schwierig zu messen ist, wurden in der neuen
Studie Ergebnisse von vier unabhängigen Labors aus der ganzen Welt kombiniert.
Daran beteiligt waren auch die Geochemiker der Universität Wien, neben Dr.
Christian Köberl, Professor für Impaktforschung und Planetare Geologie an der
Universität Wien, noch Dr. Toni Schulz und der Doktorand Jean-Guillaume Feignon.
In den Wiener Laboratorien wurden nicht nur die Konzentration des seltenen
Elements Iridium gemessen, sondern auch die Gehalte der anderen Platinmetalle,
und die Isotopenverhältnisse des selteneren Platinmetalls Osmium, welche für
meteoritische Kontaminationen charakteristisch sind.
"Unsere Messungen konnten eindeutig zeigen, dass innerhalb des Kraters eine
Schicht erhalten ist, die Iridium und andere Platinmetalle enthält", erklärt
Köberl. "Dieser meteoritische Staub hat sich nach dem Einschlag viele Jahre in
der Atmosphäre gehalten, und ist erst einige Jahrzehnte nach dem
Einschlagsereignis wieder in den Krater zurückgefallen". Damit stellt die
atmosphärische Ablagerung des Asteroidenstaubs eine wichtige zeitliche
Einschränkung für die Ablagerung des Kratergesteins direkt unter dieser
Iridiumschicht dar.
Der Erhalt dieser meteoritischen Staubschichte innerhalb des Kraters, so das
Team, würde den unbestreitbaren Beweis erbringen, dass der Einschlag und das
Aussterben eng miteinander verbunden sind.
Über ihre Studie berichtete das Team in einem Fachartikel, der jetzt in der
Zeitschrift Science Advances erschienen ist.
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